Regisseur Sebastian Brauneis hat mit Florian Teichtmeister gearbeitet – und sich schon im September 2021 anonymisiert distanziert.

Foto: Maximilian Brauneis

Die Causa Florian Teichtmeister lässt die Wogen noch vor dem Gerichtsverfahren, in dem sich der Schauspieler ab 8. Februar wegen des Besitzes von Kinderpornografie schuldig bekennen wird, weiter hochgehen. Denn obwohl die entscheidenden Vorwürfe seit September 2021 bekannt waren, blieb sein beruflicher Alltag seither davon vordergründig völlig unberührt. Am Burgtheater blieb Teichtmeister weiter engagiert, ebenso bei der Nestroy-Gala im November 2022. Hinzu kamen Auftritte im Umfeld des Oscar-Anwärters "Corsage", etwa bei den Filmfestspielen in München im Juni 2022.

Kaum Distanzierungen

Die Reaktionen auf die Ermittlungen, die nach einer Anzeige von Teichtmeisters ehemaliger Lebensgefährtin im August 2021 eingeleitet wurden und über die zuerst die "Krone" und in Folge auch DER STANDARD im September 2021 berichtete, blieben überschaubar. Obwohl Florian Teichtmeisters Name aus medienrechtlichen Gründen nicht erwähnt worden sei, sei in der Branche sofort klar gewesen, um wen es gehe, bestätigt Regisseur Sebastian Brauneis im Gespräch. Dem Vernehmen nach vor allem wegen des Vorwurfs der häuslichen Gewalt – neu war jedoch der mutmaßliche Besitz von Kinderpornografie.

Angesichts einer Hausdurchsuchung und einer damit verbundenen Sicherstellung von Datenträgern war dies ein konkreter und vor allem schwerwiegender Verdacht. Am Tag nachdem der STANDARD-Artikel erschienen war, veröffentlichte Brauneis auf Facebook ein anonymisiertes Statement, da er in den Jahren 2018 bis 2020 mit Teichtmeister zusammengearbeitet hatte.

Darin hielt er fest, dass zwar bis zur Klärung "in jedem Fall die Unschuldsvermutung" gelte, er sich aber aufgrund der Anschuldigungen, die den "kriminellen Tatbestand der Kinderpornografie" und damit verbundenen "möglichen Missbrauch" beinhalten, nun umfassend "bis zur restlosen Klärung persönlich, künstlerisch und beruflich" distanzieren wolle.

Das sei nicht "als Vorverurteilung auszulegen oder zu verstehen", jedoch sei es seine Überzeugung, "bei einem mutmaßlich derart drastischen Tatbestand" bis zur Klärung so handeln zu müssen. Er war einer der wenigen, die damals ihre Haltung dazu publik machten. "Natürlich auch aus künstlerischem Selbstschutz", wie er mit Hinblick auf die Thematik von Machtmissbrauch in seinem Spielfilm "Zauberer" rückblickend betont.

Teichtmeister bestritt "Gerüchte" laufend

In den Folgemonaten wurden keine Details aus den laufenden Ermittlungen öffentlich. Hinter den Kulissen ließ Florian Teichtmeister seine Kollegen, Auftraggeber und Arbeitgeber in dem Glauben, es habe sich lediglich um eine Vendetta seiner Ex-Lebensgefährtin gehandelt, die Gerüchte seien allesamt falsch. Laut seinem Anwalt soll der Schauspieler jedoch von Anbeginn geständig gewesen sein und mit den Behörden kooperiert haben. Die Öffentlichkeit erfuhr davon erst jetzt.

Mit den "nun vollendeten Tatsachen", in denen es etwa um zumindest 58.000 kinderpornografische Datensätze geht, stellt sich auch für Sebastian Brauneis im Rückblick "vieles" in den einstigen "persönlichen Begegnungen von damals, auch mit dem unmittelbaren Umfeld" Florian Teichtmeisters, "in einem anderen Licht dar". Das mache ihn zutiefst betroffen, erklärt Brauneis in einem aktuellen Kommentar auf Facebook. Und er betont, dass es bei seinen Filmarbeiten "keine alarmierenden Anzeichen der gegenständlichen kriminellen kindesmissbräuchlichen Vorwürfe gab".

Drehtage mit Minderjährigen

Bei seiner "Bösterreich"-Produktion für den ORF waren keine Minderjährigen involviert. Bei seinem Film "Zauberer", der 2018 bei der Diagonale zu sehen war und anschließend in den Kinos lief, habe sich der minderjährige Darsteller an keinem der Drehtage zeitgleich mit Teichtmeister am Set aufgehalten, wie Brauneis präzisiert.

Die Erleichterung ist ihm im Gespräch anzumerken, insbesondere auch im Hinblick auf die nun bekannt gewordenen Collagen, für die der inzwischen 43-jährige Schauspieler an Drehorten minderjährige Darsteller fotografiert hatte und um Sprechblasen mit pornografischen Inhalten ergänzte.

Ob die Betroffenen im Ermittlungsverfahren identifiziert und einvernommen wurden, ist derzeit nicht in Erfahrung zu bringen. Nicht nur bei "Corsage" unter der Regie von Marie Kreutzer waren Kinderdarsteller involviert, sondern auch bei "Serviam – Ich will dienen" (2022), wo Teichtmeister unter der Regie von Ruth Mader den Vater einer zwölfjährigen Internatsschülerin spielte. Die Dreharbeiten dazu hatten im Sommer 2021 kurz vor Bekanntwerden der Ermittlungen stattgefunden.

Potenzieller Schaden für heimische Filmbranche

Während der ORF ankündigte, von der Ausstrahlung von Filmen mit Teichtmeister bis auf weiteres abzusehen, ist noch unklar, wie Produzenten und Regisseure mit ihren Filmwerken zu verfahren gedenken. Nicht so für Sebastian Brauneis: "Es gibt Verbrechen, bei denen nichts relativiert werden sollte." Ausstrahlungen und internationale Filmpräsentationen, die Reaktionen in der Art "Ja, er ist halt ein Pädophiler, aber auch ein sehr guter Schauspieler" hervorriefen, würden den Diskurs verwässern, den Fokus verschieben und zu einer Art Beliebigkeit schrecklicher Missbrauchstaten beitragen.

Was das für "Corsage" im Umfeld einer potenziellen Nominierung für den Oscar und diverse für heuer geplante Festival-Entries bedeutet? Sebastian Brauneis reagiert zurückhaltend, aber doch deutlich. "Ich bin Filmschaffender aus Österreich", einem pädophilen Hauptdarsteller weiterhin eine kommerzielle Bühne zu geben "betrifft zwangsläufig die gesamte heimische Branche", denn das sei "einfach den Mechanismen solch internationaler Festivals und deren Reichweite geschuldet", wie Brauneis betont. (Olga Kronsteiner, 16.1.2023)