Markus Katzer macht sich als Geschäftsführer ein Bild von Rapid. Er geht von einer rosigen Zukunft aus.

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Eine Szene aus dem Jahr 2011: Katzer im Rapid-Dress.

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Markus Katzer ist mit sich im Reinen. "Alles hat seinen Sinn", sagt er und betont, "dass ich ans Gute glaube. Ich bin kein blinder Optimist, aber ein extrem positiver Mensch. Ich bin lösungsorientiert, denke nicht in Problemstellungen." Das theoretische Glas des 43-Jährigen ist niemals halbleer. "Sehe ich etwas Negatives, will ich einen Weg kreieren, um es besser zu machen."

Am 5. Jänner wurde Katzer im Allianz-Stadion von Präsident Alexander Wrabetz als Rapids neuer Geschäftsführer Sport präsentiert. Das Medienaufkommen war immens, eine Rückkehr in die Aufmerksamkeit. Eine Woche später sitzt Katzer ohne Wrabetz im Trainingszentrum im Prater. Namensschild an der Tür hat er noch keines, bei Zoran Barisic, dessen Büro viel größer ist, steht "Geschäftsführer Sport". Das ist quasi ein Schmäh, Barisic wechselte ja in den Trainerjob. An Vertragsdetails wird noch gebastelt – reine Formalität. Steffen Hofmann komplettiert das Führungstrio, er ist wie Katzer Geschäftsführer, soll die Stimme Rapids nach außen sein. Das bedeutet nicht, dass Katzer den Mund halten soll oder gar muss, bestätigt er dem STANDARD. Seine Kernbereiche sind die Kampfmannschaft und das Scouting. Mit dem "Steff" verbindet ihn eine Freundschaft, als Rapid-Spieler waren sie Zimmerkollegen. "Zwischen und passt kein Blatt Papier." Auch zu Barisic pflegt Katzer ein gutes Verhältnis, diese Beziehung ist ebenfalls papierfrei. "Sollte es unterschiedliche Auffassungen geben, werden wir diskutieren, niemals streiten."

Meilenstein

Rückblick: Katzer, geboren am 11. Dezember 1979, wächst in Alt-Erlaa auf. Im Wohnpark des Architekten Harry Glück, einem Meilenstein des Wiener Sozialwohnbaus. Der Vater Elektriker, die Mutter arbeitet in einer Hausverwaltung, ganz normale Mittelschicht. Im Gegensatz zu seinem Bruder (er ist Programmierer in der Schweiz) hat der kleine Markus, dem später aufgrund seiner Haare (dicht, fast borstig) der Spitzname "Mecky" gegeben wurde, außer Fußball nur Fußball im Schädel. Erster Verein: ASK Erlaa, naheliegender ging es nicht. Dummerweise war Katzer körperlich nicht so weit entwickelt wie die Gleichaltrigen, schon mit sieben hat er erkannt: "Ich muss mehr machen, das hat mir extrem geholfen." Ursprünglich war er Stürmer, Buben wollen Tore schießen, egal wie groß und stark sie sind. Letztendlich sollte aus ihm ein linker Außenverteidiger werden. Das Vorbild ist stets Andreas Herzog gewesen. Ein Mittelfeldspieler, ein Regisseur, ein Rapidler.

1993, als 14-Jähriger, wechselte Katzer in den Nachwuchs der Admira. Bei allem Respekt vor dem ASK Erlaa, der Mensch braucht Perspektiven. Mit 18 hat Katzer am letzten Transfertag einen Vertrag beim ASV Baden unterschrieben. Er war allerdings ungültig, es fehlte der Anmeldeschein. Heute sagt Katzer: "Das war ein Segen, bei Baden wäre es aus gewesen." Er blieb bei der Admira, saß ein Jahr lang auf der Tribüne. Trainer Walter Knaller überredete ihn, nicht aufzugeben. Er durfte ins Trainingslager mitfahren, wärmte gegen Bregenz auf. "Ich habe mir fast in die Hose gemacht." Zum Einsatz kam er erst eine Woche später. Drei Verteidiger waren ausgefallen, Katzer debütierte beim 0:1 gegen Kärnten. Er war der Beste auf dem Platz. Und hatte fortan sein Stammleiberl.

Überwindung

2004 holte ihn Rapid – ablösefrei. Peter Schöttel war Sportdirektor, Josef Hickersberger Trainer. 2005 wurden die Hütteldorfer Meister, 2008 noch einmal. Zunächst unter Hickersberger, dann unter Peter Pacult. "Wenn man mich fragt, wer der beste Trainer war, dann sage ich: Hickersberger-Josef. Vor allem in menschlicher Hinsicht. Wie er mit mir gesprochen hat, wie er aus mir einen besseren Spieler gemacht hat, war einzigartig. Jedes Mal, wenn ich ihn treffe, strahle ich." Und Pacult? "Zunächst hab ich mir gedacht: ‚Um Gottes willen, den hält man nicht aus.‘ Im Nachhinein war er zum großen Teil verantwortlich, dass wir den Titel holten. Er hat uns widerstandsfähig gemacht, wir wurden Tiere, die sich arg überwinden konnten."

Katzer war kein Marktschreier, der in die Öffentlichkeit drängte. Er war ein extrem ehrgeiziger, empathischer und verlässlicher Führungsspieler. Schwere Verletzungen (Kreuzbandriss etc.) hat er weggesteckt. "Ich habe mir gedacht, was dich nicht umbringt, macht dich stark. Mein erster Gedanke nach Rückschlägen war: ‚Komme ich halt besser zurück.‘" Für Rapid bestritt er 273 Pflichtspiele (22 Tore), er verteidigte elfmal im Nationalteam, gehörte dem Kader der Heim-EM 2008 an. 2013 wurde sein Vertrag nicht verlängert (Trainer war Barisic!), der damals 34-jährige Katzer kehrte zur Admira zurück. 2015 schloss er sich der unterklassigen Vienna an. Er kickte noch ein bisserl, war im Beratergeschäft tätig, wurde Sportdirektor, lernte in aller Stille und Beschaulichkeit die Facetten des Geschäfts kennen. Die Vienna ist wieder Zweitligist. "Okay ich war als Spieler nie im Ausland, aber zwei Titel beim besten Verein machen einen stolz." Anders ausgedrückt: Katzers Glas ist randvoll.

Nun kehrt er nach knapp zehn Jahren zurück in den Lärm. "Ruft Rapid, kommt man." Früher hätte er über den Mythos gesagt: "Rapid ist Religion." Jetzt klingt es so: "Rapid ist ein Verein. Wie Vienna. Wie Hartberg. Aber Rapid ist halt der Verein."

Anspruch und Wirklichkeit

Am Samstag ist Katzer mit ins Trainingslager nach Belek geflogen. Zum Arbeiten, zum Kennenlernen, "um ein Gefühl zu bekommen". Seit einer gefühlten Ewigkeit klaffen in Hütteldorf Anspruch und Wirklichkeit auseinander. "Das stimmt. Man muss ehrlich sein. Gewinnt man zweimal, redet man vom Titel. Verliert man zweimal, brennt der Hut." Katzer, der zwei Kinder aus früheren Beziehungen hat, kennt die Lösung: "Arbeit." Man könnte stundenlang über Pläne, die Spielphilosophie, den Kader, die Talente-Förderung, das Scouting, die großen Perspektiven, die der Klub zu bieten hat, schwadronieren. "Es geht aber um Taten."

Sein Vertrag läuft bis 31. Dezember 2025. Was bis dahin passiert sein soll? "Die Fans sollen von Anfang an beim Zuschauen eine Freude haben. Man soll wissen, was einen bei Rapid erwartet." Wobei sich eines nie ändern werde. "Das Ergebnis kennst du immer erst nach Abpfiff." Markus "Mecky" Katzer bleibt trotzdem ein lösungsorientierter Optimist. (Christian Hackl, 16.1.2023)