An neun Wochenenden soll das deutsche Eck für Zugverkehr gesperrt bleiben- der Vorarlberger und der Tiroler Verkehrslandesrat sehen deswegen Rot. Viele Reisende könnten auf die Straße ausweichen.

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Daniel Zadra (Grüne) bittet den Chef der Netz AG der Deutschen Bahn, die Pläne nochmals "auf Herz und Nieren" zu prüfen.

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Wer in den letzten Wochen und Monaten mit dem Zug zwischen Vorarlberg und Wien unterwegs war, hat es gemerkt: Die Züge sind in der Regel voll, auch unter der Woche ist einiges los. Viele Fahrgäste, die früher nur an Wochenenden einen Sitzplatz reservierten, an denen mit vielen Reisenden zu rechnen war, tun das mittlerweile routinemäßig. Letztes Frühjahr bzw. im Sommer mussten des Öfteren Fahrgäste ohne Reservierung überfüllte Züge verlassen. Seitens der ÖBB sprach man von einem starken Anstieg bei den Fahrgästen. Es seien mehr Gäste als vor Corona. Auch das Klimaticket hat für ein Plus gesorgt.

Wichtige Korridorstrecke

Dass eine geplante Totalsperre der Strecke zwischen Kufstein und Salzburg an insgesamt neun Wochenenden beim Vorarlberger Verkehrslandesrat Daniel Zadra (Grüne) und seinem Tiroler Kollegen René Zumtobel (SPÖ) nicht für Freude sorgte, verwundert daher nicht.

Es sind mehr als 30 Züge, die täglich Vorarlberg und Tirol über das deutsche Eck mit Ostösterreich verbinden. Die Korridorstrecke ist aber auch für den grenzüberschreitenden Verkehr – die Verbindung zwischen Wien und Zürich – relevant. Wegen Bau- und Instandhaltungsarbeiten der Deutschen Bahn soll die Strecke im März und April nicht befahrbar sein, etwa am Palmsonntag, zu Ostern und am Staatsfeiertag.

Eineinhalb Stunden längere Fahrt

Die Alternative ist nur eine vermeintliche: Denn das Ausweichen über Wörgl, Kitzbühel, Zell am See und Bischofshofen nach Salzburg wäre nur mit einer Angebotsreduktion der Zugverbindungen möglich, sagt Zadra. Und es bedeutet eine Mehrfahrtzeit von 80 bis 90 Minuten. Wer von Wien nach Bregenz fährt, braucht dann nicht mehr knapp sieben, sondern mehr als acht Stunden.

Zadra und Zumtobel versuchen daher noch eine Planänderung bei den Deutschen zu erreichen. Am Freitag ging ein Brief mit ihrem Appell an den Vorstand der Netz AG der Deutschen Bahn, Christian Gruß. Erhalten haben die Schreiben aber auch ÖBB-Vorstand Andreas Matthä und Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne), sowie ihre Amtskollegin aus Liechtenstein und ein Regierungsrat aus dem schweizerischen Kanton St. Gallen.

Zadra ersucht Gruß in seinem Schreiben, die geplante Vorgehensweise so zu gestalten, dass die Auswirkungen für Bahnkunden "so gering wie möglich" seien. "Bitte nochmals auf Herz und Nieren prüfen, danke." Was Zadra erreichen will: dass zumindest an den aufkommensstärksten Reisewochenenden der Verkehr über das deutsche Eck laufen kann.

Arlbergbasistunnel als Zukunftsvision

Während der kurze Brief freundlich, aber bestimmt verfasst ist, ist die Stimmung hinter den Kulissen eine schlechtere. An der Strecke werde seit Jahren immer wieder gebaut. Wer einen solchen Zeitpunkt wähle, lasse eine Fahrgastperspektive vollkommen außer Acht.

Zadra will längerfristig, dass die Strecke Wien–Bregenz noch schneller wird. Im Dezember präsentierte er seine Vision eines zweigleisigen Arlberg-Basistunnels – der Öffentlichkeit, aber auch dem Infrastrukturministerium und der ÖBB. Von Feldkirch soll man dann in 90 Minuten – statt jetzt knapp zwei Stunden – in Innsbruck sein.

Das ist zwar noch Zukunftsmusik, allerdings dürften die Pläne auch dem Tiroler Zumtobel gefallen. Einstweilen stellt auch er klar, dass die Vorgehensweise der Deutschen Bahn "die Bedürfnisse der österreichischen sowie der internationalen Fernverkehrsreisenden außer Acht" lasse. Die Züge der Westbahn könnten gar nicht verkehren, jene der ÖBB nur mittels der Umleitung. An den betreffenden Tagen entfielen zudem 70 Prozent der Züge von und nach München.

Verlagerung auf die Straße

Zumtobel kommt außerdem auf mögliche Auswirkungen zu sprechen: Er befürchtet wegen der Angebotsreduktion und der längeren Bahnfahrt nämlich eine Verkehrsverlagerung auf die Straße. Auch dort herrscht über das Osterwochenende bekanntlich sehr viel Verkehr.

Seitens der ÖBB heißt es bezüglich der Pläne, man stehe in Kontakt mit der Deutschen Bahn und bemühe sich um eine Optimierung der Bauzeiten im Sinne der Fahrgäste. Es werde jedenfalls Schienenersatzverkehr in Form von Bussen geben. (Lara Hagen, 16.1.2023)