Auf viele Menschen kommen heuer hohe Nachzahlungsaufforderungen vom Energieanbieter zu.

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Mieten, Betriebs- und Energiekosten sind durch den Ukraine-Krieg und die damit einhergehende hohe Inflation im letzten Jahr stark gestiegen. Das bringt immer mehr Menschen in Bedrängnis, weshalb der Wohnschirm, ein Programm der Regierung, das im Vorjahr ins Leben gerufen wurde, nun ausgeweitet wird.

Bisher wurden mit dem Wohnschirm Mieterinnen und Mieter mit geringem Einkommen finanziell unterstützt, die wegen Rückständen bei Miet- und Betriebskosten vor einer Delogierung standen – bzw. es wurde ihnen bei der Vermittlung und Übersiedlung in eine neue, leistbare Wohnung geholfen. Ab sofort wird der Wohnschirm auch für Energiekosten aufgespannt.

Hohe Nachzahlungen

Denn auf viele Menschen kommen angesichts der hohen Energiepreise hohe Nachzahlungen zu, "auch die Vorauszahlungen bei Strom, Gas oder Fernwärme werden erheblich steigen", sagte Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) am Montag bei einem Pressegespräch.

Wenn die Unterstützungsleistungen der Bundesländer nicht ausreichen, bietet der Wohnschirm fortan Unterstützung bei Rückständen von Energiekosten und bei Problemen mit Vorauszahlungen. Bei den Vorauszahlungen gibt es einen nach Haushaltsgröße gestaffelten Unterstützungsbetrag, mit dem etwa ein Drittel der jährlichen Energiekosten abgedeckt werden. Ein Ein-Personen-Haushalt erhält maximal 660 Euro, ein Zwei-Personen-Haushalt 1.060 Euro.

Verstärkter Andrang

Die Angebote des Wohnschirms stehen in Zusammenhang mit einer Beratung durch rund 100 Einrichtungen im ganzen Land, und zwar von der Volkshilfe, der Caritas, der Diakonie und dem Roten Kreuz. Empfehlenswert sei es, vorab telefonisch einen Termin auszumachen, betonte man beim Pressegespräch, man rechne nun nämlich mit einem verstärkten Andrang.

Insgesamt seien die Anfragen für Hilfsangebote im vergangenen Jahr bei den NGOs schon stark gestiegen. Anna Parr, Generalsekretärin der Caritas Österreich, berichtete etwa von Nachzahlungsaufforderungen von Energieanbietern in Höhe von 1.000 Euro oder mehr, die von vielen Menschen nicht bezahlt werden können. In manchen Haushalten würde sich mittlerweile die Frage stellen, ob die Wohnung warm gehalten werden oder warmes Essen auf den Tisch kommen soll; auch die Schlangen bei Lebensmittelausgaben würden länger. Dass der Winter bisher vergleichsweise mild war, sei für viele eine Erleichterung gewesen, "aber jetzt kommt ein Kälteeinbruch", so Parr.

Beim Roten Kreuz nimmt man wahr, dass nun Menschen die Hilfsangebote nutzen, "die sich das vor zwei bis drei Jahren nie und nimmer hätten vorstellen können", berichtete Michael Opriesnig, Generalsekretär des Roten Kreuzes Österreich. "Und es kommen immer noch Menschen nicht zu uns, weil das Thema schambehaftet ist."

Ausreichend Mittel

Wie groß der Bedarf an Unterstützung bei den Wohnkosten ist, sei derzeit aber noch nicht absehbar, hieß es beim Pressegespräch. Sozialminister Rauch geht aber davon aus, dass mit den 134 Millionen Euro, auf die die Mittel des Wohnschirms im Dezember erhöht wurden, bis 2026 ausreichend Mittel zur Verfügung stehen.

Der Wohnschirm greife, betonte Erich Fenninger, Geschäftsführer der Volkshilfe Österreich. Seit dem März des Vorjahres wurden 2.300 Wohnungen mit dem Wohnschirm gesichert und 5.200 Menschen vor Wohnungslosigkeit bewahrt, sieben Millionen Euro ausbezahlt und fast 400 bereits festgelegte Delogierungstermine verhindert.

Maria Katharina Moser, Direktorin der Diakonie Österreich, betonte aber auch, dass es weitere Maßnahmen brauche – etwa eine Reform der Sozialhilfe. Handlungsbedarf sieht auch Rauch: "Wir haben beim Wohnen in Österreich insgesamt ein Problem", die Mieten hätten in den letzten Jahren eine "Eskalation" erfahren. Daher brauche es mehr gemeinnützigen Wohnraum, "nicht nur in Wien". (zof, 16.1.2022)