Im Beruf und auch privat gilt: Man ist nie zu alt, Neues zu lernen. Damit man sich flächendeckend
in Österreich zu günstigen Konditionen weiterbilden könne, brauche es mehr Geld.
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Lebenslanges Lernen gilt in einer Welt, die sich immer schneller verändert, als wichtige Voraussetzung, um mithalten zu können. Von Wirtschaft und Politik wird die Bedeutung vom Lernen in allen Lebensphasen gerne betont, nur im Bildungssystem spielt die Erwachsenenbildung eine untergeordnete Rolle. Die Arbeiterkammer (AK) verlangt, nicht zuletzt angesichts des Fachkräftemangels in vielen Wirtschaftsbereichen, eine deutliche Aufstockung der Mittel für die Erwachsenenbildung. Konkret soll ein Prozent (umgerechnet 100 Millionen) des Unterrichtsbudgets des Bildungsministeriums in die Erwachsenenbildung fließen. Derzeit werden 0,4 Prozent des öffentlichen Unterrichtsbudgets für Erwachsenenbildung aufgewendet.

Mit dieser Forderung ist die Arbeiterkammer nicht allein. Der Ruf nach einem höheren Budget, um mehr Planungssicherheit zu haben, ist von vielen Bildungsanbietern zu hören. Auch die Konferenz der Erwachsenenbildung Österreichs (Kebö) stelle diese Forderung schon seit längerer Zeit, sagt Georg Primas, Generalsekretär des Rings Österreichischer Bildungswerke und aktuell auch Vorsitzender der Kebö.

Vielfältiges Programm

"Die Summe erscheint auf den ersten Blick viel, aber wenn man sich den Impact von Erwachsenenbildung ansieht, ist dieser Betrag gar nicht mehr so hoch", ergänzt er. Allein die Lehrveranstaltungen der Kebö-Mitglieder – dazu gehören alle bundesweit vertretenden Bildungseinrichtungen wie Wifi, BFI oder auch der Verband der österreichischen Volkshochschulen – hatten 2021 trotz Corona-Einschränkungen mehr als 1,5 Millionen Teilnehmende. 2019, also vor der Pandemie, waren es mehr als vier Millionen Teilnehmerinnen und Teilnehmer.

Erwachsenenbildung ist stark fragmentiert – dazu gehören alle Formen des formellen, nichtformellen und informellen Lernens, von beruflich orientierten bis allgemeinenbildenden Angeboten. Daher werde Erwachsenenbildung auch nicht als einheitlicher Bereich gesehen, ergänzt Primas. Dieser Bildungsbereich sei sehr stark selbstorganisiert, dadurch könne sehr schnell auf besondere Bedürfnisse reagiert werden, hebt Primas hervor. "Luft nach oben gibt es aber bei der öffentlichen Finanzierung." Seit 2009 gibt es zwar eine Leistungsvereinbarung zwischen Bund und Kebö – aus Sicht der Erwachsenenbildung ein wichtiger Schritt. "Aber auch hier braucht es einen soliden Rhythmus", ergänzt Primas.

Unterschiedliche Geltungsdauer

Denn ursprünglich war diese Leistungsvereinbarung für drei Jahre geplant, die im Juni getroffene Vereinbarung gilt für zwei Jahre, dazwischen wurde sie manchmal um ein Jahr verlängert oder neu verhandelt für unterschiedliche Geltungsdauer. Vorausschauend zu planen sei unter diesen Rahmenbedingungen schwierig. "Die Bildungsangebote der Kebö-Mitglieder erreichen auch ländliche oder strukturschwache Regionen, das kann man nicht über den freien Markt regeln", ergänzt er und fordert eine angemessene Valorisierung.

Die Arbeiterkammer ließ noch mit einem weiteren Vorschlag aufhorchen: Unternehmen sollen ein Prozent der Jahresbruttolohnsumme in einen Aus- und Weiterbildungsfonds einzahlen. Damit sollen kleinere und mittlere Betriebe bei der Weiterbildung ihrer Mitarbeiter unterstützt werden. Peter Schlögl, wissenschaftlicher Leiter des Österreichischen Instituts für Berufsbildungsforschung (ÖIBF) und Leiter des Arbeitsbereiches Erwachsenenbildung und berufliche Bildung am Institut für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung der Uni Klagenfurt, sieht darin die Reaktion auf die Ergebnisse einer IHS-Studie, nach der die betrieblichen Mittel für Weiterbildung rückläufig sind.

Mehr Unterstützung

Aus einer Forschungsperspektive könne er diesem Vorschlag durchaus etwas abgewinnen. "Bei kleinen Unternehmen braucht es tatsächlich so etwas wie diesen Fonds." Dadurch könnte betriebliche Weiterbildung fester verankert werden. Aber die Finanzierung von betrieblicher Weiterbildung über diesen Fonds allein reiche nicht. Es müssten auch passende Stützstrukturen wie Bildungsberatung eingerichtet werden, ergänzt er. Denn oft würden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber auch Unternehmen einen zu engen Blick auf mögliche Weiterbildungsangebote haben. Als Beispiel nennt Schlögl Bildungsangebote im Bereich Konfliktmanagement für Beschäftigte in Tourismusbetrieben. "Weiterbildungsangebote werden meist aufstiegsorientiert beworben, dabei wäre es auch im Interesse der Betriebe, wenn ihre Mitarbeiter nach getaner Arbeit weniger geschlaucht rausgehen." Allgemein sei aber ein Stimmungswandel in Hinblick auf lebenslanges Lernen bemerkbar.

Neben einem Fonds, der ähnlich wie in Frankreich bereits etabliert unterstützende Strukturen für Weiterbildung aufbaue, brauche es in Österreich übergeordnet darüber hinaus eine eindeutige Zuständigkeit. Dann gebe es auch die politische Verantwortlichkeit, Erwachsenenbildung zu strukturieren, ergänzt Schlögl. (Gudrun Ostermann, 18.1.2023)