Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) feierte den Spatenstich für Renovierungen in Allentsteig.

Foto: HBF/Karlovits

Es sei nichts anderes als eine "Farce" und eine "Posse", die sich seit mehr als zwei Jahren rund um den Truppenübungsplatz Allentsteig abspiele: Das heißt es zumindest hinter vorgehaltener Hand aus Präsidentschaftskanzlei und grünem Vizekanzleramt.

Auslöser des grünen Ärgers ist Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP), die vehement an einer kontroversen Personalentscheidung festhält und in den Augen ihrer Gegenüber dienstrechtliches Neuland betritt sowie Bundespräsident Alexander Van der Bellen düpiert, und zwar mehrfach.

Worum es geht: Im Sommer 2020 entschied Tanner, dass der Truppenübungsplatz (Tüpl) Allentsteig künftig von Herbert Gaugusch geleitet werden soll. Rasch machten Gerüchte die Runde, dass Gaugusch nicht als bester Kandidat aus dem Bewerbungsverfahren hervorgegangen sei. Vielmehr hätten ihm sogar erforderliche Voraussetzungen gefehlt, nämlich Erfahrung im Auslandsdienst.

Bundespräsident bremst

In der Präsidentschaftskanzlei hörte man außerdem noch anderes aus den Reihen empörter Heeresangehöriger: nämlich dass Gaugusch sich für die ÖVP engagiere und auf Lokalebene für den Gemeinderat kandidiert habe. Der eigentliche Favorit für die Leitung des Truppenübungsplatzes lebe hingegen mit einer SPÖ-Politikerin zusammen, weshalb ihn das ÖVP-geführte Verteidigungsministerium schneiden wolle.

Der Bundespräsident soll diese Warnungen ernst genommen haben, nicht zuletzt unter dem Eindruck ständiger Affären rund um Postenvergaben. Zweimal verweigerte der Bundespräsident Gaugusch die Ernennung zum Kommandanten des Truppenübungsplatzes, weil er aus dem Verteidigungsministerium keine weitergehenden Informationen über die Entscheidung erhalten habe. Daraufhin zog Tanner ihren Vorschlag zurück – aber verzichtete nicht auf Gaugusch als Leiter des Truppenübungsplatzes.

Seit mehr als zwei Jahren herrscht nun eine Art Pattsituation vor: Gaugusch ist von Tanner mit der Leitung des Truppenübungsplatzes vorübergehend "betraut" worden, der formale Weg zur fixen Leitung liegt auf Eis. Dienstrechtlich sei das erlaubt, heißt es aus dem Bundesministerium für Öffentlichen Dienst (BMKÖS), also dem Vizekanzleramt. Aber innerhalb des Bundesheers sorgt das Vorgehen für Unruhe. Denn bei einer vorübergehenden Betrauung statt einer fixen Ernennung sei der Kommandant stark vom Ministerium abhängig, weil er einfach und rasch abgesetzt werden kann. Für eine Dienststelle in der Größenordnung des Truppenübungsplatzes ist dieser Zustand höchst ungewöhnlich, noch dazu ist der Tüpl auch ein wirtschaftlicher Faktor.

Im Herbst 2022 entwickelte das Verteidigungsministerium daraufhin eine neue Idee: Man könnte ja einfach den Arbeitsplatz der Leitungsfunktion des Truppenübungsplatzes "neu bewerten", damit Van der Bellen der Ernennung gar nicht zustimmen müsse.

Arbeitsplatzänderung

Ein entsprechender Antrag langte im November 2022 im zuständigen Vizekanzleramt ein – und dort war man nicht erfreut. Es habe eine Rückmeldung an das Verteidigungsministerium gegeben, das dann im Dezember 2022 einen überarbeiteten Antrag vorgelegt habe. Dem Vernehmen nach wurde auch der abgelehnt, weil die erforderlichen Qualifikationen für den Arbeitsplatz eklatant herabgesetzt worden sein sollen.

Nur wenige Stunden nachdem DER STANDARD vergangenen Donnerstag eine erste Anfrage an das Ministerbüro Tanners übermittelt hatte, flatterte im Kogler-Ministerium ein neuerlicher Antrag für eine Änderung der Arbeitsplatzbewertung ein. Tanner will also nicht aufgeben und ihren Wunschkandidaten, der wie sie mit der ÖVP Niederösterreich verbunden ist, mit allen Mitteln durchsetzen. Aus ihrem Büro heißt es: "Das BMLV befindet sich derzeit noch in Abstimmung mit dem BMKÖS hinsichtlich konkreter Anfordernisse an den Arbeitsplatz." Die Position soll dann erneut ausgeschrieben werden und somit "jedem Bewerber und jeder Bewerberin die gleichen Chancen" eingeräumt werden.

Von der Opposition wird der Vorgang kritisch gesehen, er war auch schon mehrfach Gegenstand parlamentarischer Anfragen. Postenvergaben in türkis geführten Ministerien waren auch eines der zentralen Themen in den beiden letzten parlamentarischen Untersuchungsausschüssen. Zuletzt mahnte die Staatengruppe gegen Korruption (Greco) in einem Bericht mehr Transparenz bei Postenvergaben ein. Der Einfluss der Politik solle zurückgedrängt werden. (Fabian Schmid, 17.1.2023)