Teichtmeister ist derzeit in dem Sisi-Film "Corsage" zu sehen. Aus vielen heimischen Kinos ist er mittlerweile verbannt.

Foto: Alamode Film

"Heute Abend wird ein Täter auf der Bühne stehen und bejubelt werden. Und es gibt nichts, was wir dem entgegensetzen können", schrieb die Regisseurin und Drehbuchautorin Katharina Mückstein am 18. Juni 2022 auf ihrem Instagram-Profil. Es war derselbe Tag, an dem Marie Kreutzers Corsage Filmpremiere im Wiener Gartenbaukino feierte. Vielen in der heimischen Kulturbranche war schon damals klar: Da muss es einen Zusammenhang geben.

Diese Vermutung schien bestätigt, als am Freitag vergangener Woche öffentlich wurde, dass sich der Schauspieler Florian Teichtmeister im Februar wegen mutmaßlicher Beschaffung und Besitzes kinderpornografischen Materials vor Gericht verantworten und schuldig bekennen wird. Der 43-Jährige ist in dem Sisi-Film, der aus aktuellem Anlass aus den heimischen Cineplexx-Kinos verbannt wurde, in der Rolle des Kaisers Franz Joseph zu sehen.

Bei den Premierenveranstaltungen in Wien und St. Pölten oder auch beim Filmfestival in München trat er gemeinsam mit Marie Kreutzer und seinen Schauspielkolleginnen und -kollegen auf dem roten Teppich auf. War also Teichtmeister der mutmaßliche Täter, den Mückstein anonymisiert genannt hatte?

Nicht Teichtmeister

Eine Annahme, die von Regisseurin Mückstein in einem aktuellen Posting klar zurückgewiesen wird. Sie habe damals nicht von Teichtmeister gesprochen, schreibt sie und fragt: "Wenn ich und so viele andere über diese Männer Bescheid wussten, obwohl wir nicht mit ihnen gearbeitet haben, wie ist es möglich, dass die Arbeitgeber*innen nichts gewusst haben wollen?"

Der Vorwurf, der im Raum steht: Einer der Darsteller von Corsage sei immer wieder durch sexuelle Belästigungen auffällig geworden – allerdings nicht am Filmset von Corsage. In der Branche kursiert der Name des Schauspielers seit Monaten, wie im Fall Teichtmeister sind aber auch hier den Medien die Hände gebunden, aus rechtlichen Gründen kann der Name nicht genannt werden.

#MeToo-Welle

Die 41-jährige Regisseurin und Drehbuchautorin hatte im Sommer förmlich eine #MeToo-Welle in Österreich losgetreten. Zahllose Betroffene von Sexismus, Rassismus, Homophobie und Übergriffen meldeten sich in den sozialen Medien über Wochen hinweg zu Wort – die Verantwortlichen wurden aus Angst vor Konsequenzen nicht genannt. In der Kulturszene würde aber ohnehin "jeder" die Fälle kennen, hieß es in den Kommentaren, sie wären "offene Geheimnisse". DER STANDARD hat berichtet.

Im Juli griff auch das Nachrichtenmagazin Profil die #MeToo-Debatte in der heimischen Filmbranche auf und bezog Corsage-Regisseurin Marie Kreutzer erstmals öffentlich, wenngleich etwas halbherzig, Stellung. Es sei "schwer", auf solche Anschuldigungen adäquat zu reagieren, "da es sich am Ende des Tages ja um Gerüchte handeln" würde, auf deren Basis man niemanden "der Bühne verweisen oder ausladen" könne. "Wir leben in einem Rechtsstaat, und wenn es gegen jemanden weder konkrete Vorwürfe noch ein Verfahren" gebe, würde sie sich, sofern sie "darauf mit Konsequenzen reagierte, als Richterin aufspielen". Konkrete Vorwürfe?

Im Fall Teichtmeister waren diese, wenngleich aus medienrechtlichen Gründen anonymisiert, seit September 2021 bekannt. Wie Regisseur Sebastian Brauneis in einem aktuellen Gespräch versicherte, war in der Branche jedoch sofort klar, dass es sich um den nunmehr ehemaligen Burgtheaterschauspieler handelte.

Mehrere Gespräche

Im Profil-Bericht war es um einen anderen Corsage-Darsteller gegangen, wie ein Sprecher von Marie Kreutzer auf STANDARD-Anfrage jetzt bestätigt. Gegenüber dem Profil hatte die Regisseurin im Sommer betont, dass es "keine konkreten Vorwürfe von Betroffenen" gebe und sich solche offenbar auch nicht an zuständige Stellen gewandt hätten, "um dort etwas Konkretes zu artikulieren".

Aus ihrem Umfeld ist zu vernehmen, dass Kreutzer mit dem Darsteller mehrmals Gespräche über die kursierenden #MeToo-Gerüchte führte. Und zwar schon rund um den Beginn der Dreharbeiten zu Corsage, also mehr als ein Jahr bevor Katharina Mückstein diese mit ihrem Instagram-Posting im Sommer öffentlich machte.

Er selbst soll Kreutzer ursprünglich darauf angesprochen haben. Nachdem die Gerüchte wiederholt an die Regisseurin herangetragen wurden, fanden mehrere Gespräche mit dem Darsteller statt. Demnach habe er stets behauptet, die Gerüchte seien haltlos. Kreutzer empfahl ihm dennoch, sich an die Anlauf- und Beratungsstelle der Film- und Fernsehbranche Wedo zu wenden. Dem Vernehmen nach sei dies erfolgt und soll der Schauspieler dort seine Gesprächsbereitschaft deponiert haben, falls sich Betroffene melden würden.

Soziale Medien

Nach Bekanntwerden der Anklage gegen Teichtmeister wurden auch die Stimmen in den sozialen Medien wieder lauter, die von einem möglichen "zweiten Täter" im Film Corsage wissen wollen. Im Statement der Produzenten am Sonntag war allerdings ausdrücklich die Rede von "den schweren Verfehlungen eines Darstellers", die nicht die Leistung des gesamten Casts und der Crew zerstören sollten. (Anna Wielander, Olga Kronsteiner, 16.1.2023)