Nicht nur im täglichen Sprachgebrauch, sondern auch in Gesetzestexten müssten Begriffe gefunden werden, die dem Tatbestand gerecht werden.

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Nicht erst seit dem Fall Teichtmeister ist der Begriff "Kinderpornografie" umstritten. So meinte nach Bekanntwerden der Anklage gegen den Schauspieler die Psychiaterin Gabriele Wörgötter in der Zeit im Bild, der Ausdruck verharmlose die Tat. Hedwig Wölfl, Leiterin des Kinderschutzzentrums Die Möwe, schlug im STANDARD-Interview vor, von "Bildern sexuellen Missbrauchs" zu sprechen.

Semantisch ist klar, warum Menschen, die sensibel mit Sprache umgehen, der Begriff falsch erscheint: Pornografie per se ist kein Verbrechen, sofern ausschließlich mündige Menschen freiwillig an deren Entstehung teilhaben. Missbrauch, sexualisierte Gewalt an und Ausbeutung von Kindern und Jugendlichen sind etwas ganz anderes.

Mehrere Schrauben

In der Praxis müsste, wie stets, wenn man am lebendigen Kommunikationsorgan Sprache etwas ändert, damit sie sich mit der Gesellschaft verändern kann, an mehreren Schrauben gedreht werden. Medien fürchten etwa, dass Artikel online – vor allem in Fällen ohne prominente Namen, die zur Schlagwortsuche dienen – von Suchmaschinen nicht gefunden werden. Zudem zitieren Journalistinnen und Journalisten Behörden wie Polizei und Staatsanwaltschaften.

Doch diese wiederum berufen sich auf den Paragrafen 207a, der "Pornografische Darstellungen Minderjähriger" titelt. Auf Nachfrage des STANDARD im Justizministerium, ob eine Änderung denkbar sei, heißt es, das Ministerium wolle, "dass sich gesellschaftliche Realitäten in den Gesetzestexten wiederfinden und keine verharmlosende Sprache verwendet wird. Deshalb werden laufend sprachliche Anpassungen vorgenommen, zuletzt im Rahmen des Maßnahmenvollzugsanpassungsgesetzes." Dort heißt es zum Beispiel nun "strafrechtliche Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum" statt "Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher".

"Interessiert an Anpassungen"

Man sei "grundsätzlich daran interessiert, solche Anpassungen auch in Zukunft vorzunehmen, denn Sprache schafft Bewusstsein und beeinflusst unser Handeln", heißt es aus Alma Zadićs (Grüne) Ministerium.

Auch in Gerhard Karners (ÖVP) Ministerium versteht man das Problem, das die umstrittene Bezeichnung schafft, und signalisiert am Montag auf STANDARD-Nachfrage Gesprächsbereitschaft. Auch wenn die Legistik des Strafrechts grundsätzlich in den Vollzugsbereich des Justizministeriums falle, sei "das Innenministerium jederzeit bereit, an einer Expertendiskussion mitzuwirken, ob die verwendeten Begriffe noch zeitgemäß sind und andererseits den abscheulichen beziehungsweise entsprechenden Tathandlungen auch tatsächlich gerecht werden". (Colette M. Schmidt, 17.1.2023)