"So groß wie nie zuvor": Das ist der Claim, mit dem der Eistraum auf dem Wiener Rathausplatz alljährlich beworben wird. Das hat sich beim Veranstalter, dem Stadt Wien Marketing, offenbar so eingebrannt, dass der Satz auch die Website heurigen Ausgabe ziert. Obwohl er ausnahmeweise nicht stimmt.

So gut wie fertig: Vor der Eröffnung am Donnerstag wird die Eisfläche noch poliert und geglättet.
Foto: Stefanie Rachbauer

Denn nach Jahren der Expansion fällt die Eislauflandschaft diesmal kleiner aus. Statt 9.500 Quadratmetern im Vorjahr, der bisherige Rekord, sind es diesmal lediglich 8.500 – eine bewusste Entscheidung, wie seitens der Stadt argumentiert wird. Hintergrund ist die angespannte Energiesituation aufgrund des Krieges in der Ukraine.

Die Eisstockbahnen fallen daher weg. Zusätzlich seien die pfadartigen Bahnen im Rathauspark "optimiert" worden, um eine Reduktion zu erreichen, heißt es aus dem Rathaus. Konkret bedeutet das: Ecken und Kanten wurden abgerundet, um Fläche einsparen zu können.

Freigabe am Donnerstag

350 Personen bauen den Eistraum seit 27. Dezember auf, am Donnerstag um 10 Uhr wird er für das Publikum freigegeben. Bürgermeister Michael Ludwig und Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke (beide SPÖ) machten sich am Mittwoch ein Bild vom Fortschritt. Die mitgebrachten Eislaufschuhe verwendeten sie allerdings nur beim Posieren für Fotos. Schlittschuhgelaufen werden darf erst, wenn die zuständige Veranstaltungsbehörde das Areal abgenommen hat. Das Eis erhält in der Nacht auf Donnerstag den letzten Feinschliff: Es wird noch poliert und geglättet.

Insgesamt rechnet die Stadt damit, 20 Prozent des bisherigen Energieverbrauchs einsparen zu können.
Foto: Stefanie Rachbauer

"Ich freue mich, dass wir den Eistraum umsetzen können", sagte Ludwig beim Lokalaugenschein. "Das ist ein richtiges Event für die Wienerinnen und Wiener und auch für Besucherinnen und Besucher." Eine "kleine Runde" auf dem Eis werde sich auch für ihn ausgehen.

Stadtrat Hanke verwies auf die Energiesparmaßnahmen. Der Energieverbrauch werde nicht nur durch die verminderte Fläche reduziert, sondern auch durch andere Vorkehrungen: "Wir sind effizienter geworden, darauf sind wir sehr stolz." Insgesamt rechnet Hanke damit, 20 Prozent der bisher benötigten Energie einsparen zu können.

Großer Schmelzcontainer

Konkret wurde die Kältesystemtechnik, die für die Kühlung der Eisflächen verantwortlich ist, laut Stadt Wien Marketing von Grund auf optimiert und rundum erneuert. Das bedeute, dass zwei Kältemaschinen eingespart werden können und ein Großteil der eingesetzten Energie nun in einen Energiekreislauf eingespeist wird. Die von den Kältemaschinen erzeugte Abwärme heizt unter anderem den gesamten Bereich des Eislaufschuhverleihs, wo rund 2.000 Paar Schuhe getrocknet und vorgewärmt werden.

Schneeartiger Eisabrieb wird nicht mehr per Lastwagen zum Wienfluss transportiert, sondern vor Ort geschmolzen und in den Kanal geleitet.
Foto: Stefanie Rachbauer

Die Abwärme wird zudem verwendet, um den Schnee zu schmelzen, der durch den Abrieb der Eisläufer und die Reinigung des Eises entsteht. Diese laut der Stadt in ihrer Form weltweit einzigartige Schneeschmelzanlage wurde am Wiener Eistraum entwickelt und verhindert, dass der Schnee durch Lastwagen abtransportiert werden muss. Bis zu 190 Lastwagenfahrten könne man dadurch einsparen, heißt es. Früher wurde der Abrieb in den Wienfluss gekippt, nun kann er in geschmolzener Form vor Ort in den Kanal geleitet werden.

Die neue Eistechnologie erlaube es zudem erstmals, die Eisflächen sehr graduell zu kühlen. So sei es möglich, auch an wärmeren Tagen ein befahrbares Eis zu gewährleisten, ohne dass die Kühlung des Eises mit maximalem Energieaufwand erfolgen muss. Zusätzliche Einsparungen bringen LED-Leuchten und neue Schläuche: Anstatt schwarzer Modelle werden nun weiße verwendet, die sich nicht so schnell aufheizen, erklärte Hanke.

Tickets nicht verteuert

Verzichtet wurde auch auf eine Preiserhöhung. Tickets für Erwachsene kosten weiterhin 8,50 Euro. Die Austragung des Eistraums kostet die Stadt rund drei Millionen Euro. Einen Vorgeschmack gab es – wie seit 2016 üblich – bereits während des Christkindlmarkts ab 19. November. 3.000 Quadratmeter Fläche zum Schlittschuhlaufen standen zur Verfügung, in Form von Pfaden im Rathauspark und zwei flächigen Bereichen.

Die Ecken und Kanten der Eislaufpfade im Rathauspark wurden abgerundet, um die Fläche zu reduzieren.
Foto: Stefanie Rachbauer

Ob die Eisflächen vor dem Rathaus überhaupt angeboten werden, war angesichts der Energiekrise zunächst unklar. Neben der nun gewählten abgespeckten Variante stand auch eine komplette Absage im Raum. Da nun keine Notsituation vorherrsche, hält Hanke die Eislauflandschaft für vertretbar. Allerdings wolle man auch nicht so tun, als habe sich die Welt nicht verändert – daher die genannten Sparmaßnahmen.

Stichwort Veränderung: Corona-bedingte Einschränkungen sind heuer, nach zwei Eistraum-Ausgaben mit tragbaren Abstandsmessgeräten, Maskenpflicht oder 2G-Regel, nicht vorgesehen.

Der erste Eistraum fand übrigens 1996 statt. Damals standen lediglich 1.800 Quadratmeter Fläche zur Verfügung. In den Folgejahren wuchs das Areal beständig, im Jahr 2019 sogar in die Höhe: Damals wurde erstmals der sogenannte Sky Rink, eine terrassenartige Eisbahn, aufgebaut. Ein Jahr später legte der Eistraum einen Frühstart hin und eröffnete bereits am 24. Dezember. Denn der Rathausplatz war wegen der Absage des Christkindlmarkts aufgrund der Pandemie ohnehin frei. Seit seiner Erfindung zählte der Eistraum insgesamt 13,2 Millionen Besucherinnen und Besucher.

Die 1.150 Quadratmeter große Eislaufterrasse hatte im Jahr 2019 Premiere. Sie gibt es auch heuer.
Foto: APA/Hans Klaus Techt

Gratis-Eislaufen auf Kunststoffplatten

Abgesehen vom Eistraum gibt es in Wien weitere Eislaufplätze im Freien: den geschichtsträchtigen Eislaufverein beim Konzerthaus im dritten Bezirk, den Eisring Süd in Favoriten und die Kunsteisbahn Engelmann in Hernals. Dazu kommen kleine Plätze mit rutschenden Kunststoffplatten, die sogar gratis genutzt werden können: jener im Alois-Drasche-Park auf der Wieden (bis Ende Jänner) und jener im Bacherpark in Margareten (bis Ende Februar). Eisstockschießen ist auf derartigem Eis aus Plastik am Donaukanal möglich – beim Feuerdorf an der Freda-Meissner-Blau Promenade und am Badeschiff bei der Aspernbrücke. (Stefanie Rachbauer, 18.1.2023)