FPÖ-Landeschef Kunasek bemühte sich, den Aufklärer zu geben, während der Skandal um veruntreutes Steuergeld die FPÖ Graz atomisierte.

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Ein Bericht der Kärntner Polizei an die Staatsanwaltschaft Klagenfurt soll die Aufhebung der Immunität des steirischen FPÖ-Landtagsabgeordneten und -Landesparteichefs Mario Kunasek bewirken. Dem STANDARD liegt der Bericht, der laut Behördensprecherin Tina Frimmel-Hesse am Montag bei der Staatsanwaltschaft Klagenfurt einging, vor. Er müsse erst geprüft werden, betont Frimmel-Hesse.

Auf 13 Seiten wird im Wesentlichen nicht nur der Verdacht formuliert, dass der Landesparteichef mehr über den Finanzskandal der Grazer FPÖ wusste, als er gegenüber den Ermittlern angab. Die Kripo legt in dem Dokument nahe, dass Kunasek auch Beweismaterial unterdrückt oder sogar bewusst falsche Berichte weitergegeben haben könnte.

Selbstanzeige mit Folgen

Zur Erinnerung: Seit im November 2021 der langjährige Klubdirektor und Finanzprüfer der Grazer FPÖ kurz nach der Wahlschlappe Selbstanzeige wegen zunächst über 600.000 Euro veruntreuter Klubgelder erstattete, blieb kein Stein mehr auf dem anderen. Insider gehen mittlerweile von knapp einer Million Schaden aus. Die Parteispitze mit dem ehemaligen Vizebürgermeister Mario Eustacchio und dem Klubchef Armin Sippel traten zurück und werden mit vier weiteren Personen als Beschuldigte geführt.

Die nachrückenden Funktionärinnen und Funktionäre, die eine Aufklärung der Geldflüsse zu einzelnen Politikern und dubiosen Vereinskonstruktionen forderten, zerkrachten sich mit der Landesparteispitze und wurden von Kunasek und Herbert Kickl ausgeschlossen. Der Gemeinderatsklub mit seinem Chef Alexis Pascuttini und der Stadträtin Claudia Schönbacher nennt sich seit Herbst 2022 "(Korruptions-)Freier Gemeinderatsklub". Die FPÖ hat indes nur mehr einen einzigen Mandatar im Gemeinderat.

Befangenheit bei Staatsanwaltschaft

Die Staatsanwaltschaft Klagenfurt übernahm nach fast einem Jahr den Akt von den Grazer Kolleginnen und Kollegen wegen der Gefahr der Befangenheit. Wörtlich hieß es damals seitens der Justiz: "Grund der Übertragung sind persönliche Bekanntschaften von zwei Staatsanwält:innen zu einem der Beschuldigten, womit dem äußeren Anschein nach der Eindruck fehlender Objektivität der gesamten Staatsanwaltschaft entstehen könnte."

Klagenfurt ordnete dann nach fast einem Jahr im Oktober 2022 die ersten Hausdurchsuchungen an: Sechs Wohnadressen sowie verschiedene Vereine und Burschenschaften in Graz wurden "besucht".

Ermittelt wird heute wegen des Verdachtes der Untreue, des Betrugs und der NS-Wiederbetätigung. Denn bei zwei der Verdächtigen stießen die Ermittler auch auf Zufallsfunde: Material mit NS-Bezug.

Brisantes Protokoll

Kunasek war seit Bekanntwerden der Affäre bemüht, sich als strenger Aufklärer zu geben. Zumindest sagte er das. Dass er aber gerade jene aus der FPÖ ausschloss, die eine Aufarbeitung forderten, kam nicht nur diesen seltsam vor. Nun will die Kripo zeigen, dass Kunasek eine falsche Zeugenaussage gemacht, Beweismittel unterschlagen und falsche Beweismittel weitergegeben hat. Als Indiz dafür zitiert die Kripo in ihrem Bericht aus dem Protokoll einer Landesparteivorstandssitzung vom Dezember 2021, in der Kunasek gesagt haben soll: "Auch die Bundesprüfer haben sich gemeldet, da ja auch die Rechenschaftsberichte für die Stadtpartei falsch sind."

Ein halbes Jahr später soll Kunasek aber genau diese "falschen" Rechenschaftsberichte als Beweismittel den Ermittlern übergeben haben. Dafür soll er den wichtigen "Bericht über die Prüfungshandlungen von 17. bis 23. Februar 2022" bei seiner Einvernahme im Juni 2022 unterschlagen haben. Die Ermittler erhielten diesen erst im Dezember 2022 vom – ausgeschlossenen – neuen Klubchef Pascuttini.

Kickl schloss Stadträtin aus FPÖ aus

Sollten diese Vorwürfe Bestand haben, wird es für Ex-Minister Kunasek eng. Und: Mit den im Protokoll genannten "Bundesprüfern" dürfte er die Bundespartei gemeint haben. Deren Chef Herbert Kickl fiel in der Causa bisher damit auf, dass er ausgerechnet Stadträtin Schönbacher aus der Partei ausschloss.

Kunasek bezeichnet die Vorwürfe am Dienstag in einer Aussendung als "substanzlose Anwürfe" und spricht von "selektiven Auszügen" eines Protokolls. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung. (Colette M. Schmidt, 17.1.2023)