Die Flugfeldkaserne in Wiener Neustadt.

Foto: APA / Florian Wieser

Rund um den Fall des getöteten Rekruten in der Flugfeldkaserne in Wiener Neustadt sorgen nun Zeugeneinvernahmen durch das Landeskriminalamt für Aufsehen. Diese stellen die Ereignisse rund um die tödliche Schussabgabe etwas anders dar als der Erstbericht einer Untersuchungskommission des Bundesheeres.

Der Heeresbericht wurde am 8. Jänner, zwei Tage nach den Ereignissen in der Kaserne, veröffentlicht. Demnach soll sich der getötete 20-jährige Wachsoldat vor der Wachablöse aggressiv verhalten und seine Kameraden mit seinem Sturmgewehr (StG 77) bedroht haben. Der Rekrut habe die Waffe entsichert, abgedrückt und auf die Füße eines Kameraden gezielt. Die Waffe war wie üblich nur halb geladen, es löste sich kein Schuss. Der Rekrut versuchte daraufhin, die Waffe zu laden, die Kameraden flüchteten aus dem Wachzimmer.

Daraufhin soll der Vorgesetzte, der 54-jährige Offizier vom Tag (OvT), deeskalierend eingeschritten sein. Der Rekrut soll den Unteroffizier mehrfach mit dem StG auf den Kopf geschlagen haben. Der 54-Jährige soll zu Boden gefallen sein, der Rekrut soll in der Folge mit dem Gewehr auf den Kopf des OvT gezielt haben. Daraufhin soll der Unteroffizier seine Dienstpistole gezogen und abgedrückt haben. Der Rekrut starb laut dem vorläufigen Obduktionsbericht an einem Lungendurchschuss.

Im Detail voneinander abweichende Aussagen

Die beteiligten Kameraden stellten nun die Ereignisse bei Einvernahmen der Polizei im Detail etwas abweichend dar, wie die "Presse" berichtete. Demnach soll es im Vorfeld zwischen dem getöteten Rekruten und einem seiner Wachkameraden zu einer Rauferei gekommen sein. Bestätigt wird von den Beteiligten, dass der Rekrut daraufhin sein StG nahm, auf die Füße seines Kameraden zielte und mehrmals versuchte, zu repetieren und eine Patrone in den Laderaum zu bekommen. Die Soldaten der Wachablöse sowie der Wachkamerad des Rekruten sollen das Wachzimmer dann verlassen haben: Der Wachkamerad versuchte, die Tür zuzuhalten.

Die anderen Soldaten, also die Wachablöse, versteckten sich laut deren Aussagen in anderen Räumen. Von dort hörten sie die später abgegebenen Schüsse. Einer gab "zwei oder drei Schüsse" zu Protokoll, der andere "exakt drei Schüsse". Ob diese vom StG oder einer Pistole stammten, konnte der Befragte nicht unterschieden.

Einziger Augenzeuge neben den Beteiligten der Schussabgabe ist laut Zeugenaussagen der Wachkamerad des Rekruten. Er sagte aus, dass der OvT nach seinem Kontrollgang die Situation mit dem Rekruten zunächst deeskalieren wollte. Daraufhin soll der Rekrut aber mit dem Lauf seines StG 77 auf den OvT eingeschlagen haben. Anders als der Unteroffizier gab der Augenzeuge aber zu Protokoll, dass der Unteroffizier zu Sturz kam – und auch der später getötete Wachsoldat. "Während beide noch am Boden waren, gab D. mehrere Schüsse mit dem StG ab", heißt es in der Zeugeneinvernahme laut "Presse".

Der Unteroffizier konnte den Schützen in der Folge aber entwaffnen, die Waffe soll "einen Meter entfernt in die Ecke" gerutscht sein. Der Rekrut soll daraufhin dem 54-Jährigen die Dienstpistole aus dem Holster gezogen haben. "Ich kann dann nicht mehr sagen, was mit der Waffe war, jedoch konnte ich plötzlich einen Schuss wahrnehmen, und D. rührte sich nicht mehr", sagte der Augenzeuge aus. Letzterer rief daraufhin die Rettung. Einer der beiden Soldaten, die zur Wachablöse kamen und sich später versteckten, kontaktierte wenig später die Polizei.

Warten auf toxikologisches Ergebnis sowie Schussgutachten

Ob mit dem StG 77 geschossen wurde und wie viele Schüsse aus der Dienstpistole fielen, sollen Gutachten klären. Diese liegen aber noch nicht vor. Ebenso offen sind Ergebnisse eines toxikologischen Gutachtens: Hier wird der Frage nachgegangen, ob der getötete Wachsoldat unter Einfluss von Drogen oder Alkohol stand – oder nicht. Die Resultate sollen in einigen Wochen vorliegen. (red, krud, 18.1.2023)