Heul- und Trotzanfälle mitten im Supermarkt? Ganz normal. Das Kind auf dem Foto gehört aber nicht Anja Buchta. Es ist ein Stock-Bild.

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Wir gehen in die Bücherei. Damit ich meinem Bildungsauftrag als Elternteil nachkomme. Oder um die längst überfälligen Bücher endlich mal zurückzugeben.

Es gibt doch nichts Schöneres, als in die Welt der Bücher einzutauchen. Und es gibt nichts Schlimmeres, als das mit zwei Kleinkindern zu tun. Aber keine Angst! Ich bin ja nicht neu. Ich bin schließlich schon seit geraumer Zeit Mutter und kenne mich mit Kindern und deren Eigenheiten, Bedürfnissen und Wünschen aus. Deshalb bespreche ich schon vorher in Ruhe mit der Tochter und dem Sohn, dass wir in der Bücherei mucksmäuschenstill sein müssen und dass es auch nicht erlaubt ist zu laufen und dass wir mit den Büchern dort ganz achtsam umgehen.

Kinder können sich mit solchen Vorgesprächen nämlich gut auf Neues vorbereiten, und es fällt ihnen dann leichter, sich darauf einzulassen. Meine nicht. Meine führen sich auf, als hätten sie keine Mutter, die etwas von Erziehung versteht. Meine scheißen mir was. Sie stürmen in die Bücherei und brüllen. Das Ganze erinnert dann eher an einen Perchtenlauf.

Der Bub verliert seine Büchereikarte, während ich noch das Wagerl, das Laufrad und die dreihundert anderen Sachen über die achthundert Stufen schleppe. Das Mädchen kriegt die Krise, weil sie nicht alle Bücher mitnehmen kann, obwohl ich ihr doch vorher lang und breit erklärt habe, dass man nie genug Bücher haben kann. In der Zwischenzeit macht sich der Bub im Computerbereich wichtig, und nachdem ich an seiner Windel gerochen habe, weiß ich jetzt auch, warum alle Leute von dort weggegangen sind.

Nach ungefähr dreißig Minuten Bildungsausflug ziehe ich das Wagerl, das Laufrad, die 37 Bücher und zwei verrotzte, schreiende Kinder die achthundert Stufen wieder runter. Nebenbei schreibe ich eine Mail. Ich bitte das Bezirksamt um einen barrierefreien Zugang zur Bücherei und werde das Gefühl schon während des Schreibens nicht los, dass mir die zuständige Abteilung vermutlich auch was scheißen wird – wie die Kinder.

Riesige Supermärkte, die Endgegner

Danach geht's weiter zum Spar. Zum großen. Also dort, wo es auch Autozubehör und eine Gartenabteilung und noch viel mehr gibt. Die Kinder habe ich gleich beim Eingang verloren, aber zum Glück sind nur 7.000 Leute einkaufen, und ich bin nach dem gemütlichen Büchereibesuch auch gar nicht gestresst.

Mein Handy läutet, und weil ich die Nummer nicht kenne, hebe ich ab. Es ist die Chefin der Personalabteilung meiner zukünftigen Arbeitsstelle. Sie redet sofort drauflos und erzählt mir was von Strafregisterauszügen und Meldezetteln und noch anderen Dingen, die ich ihr doch bitte in den nächsten Tagen schicken soll. Am besten, wenn geht, morgen oder so. Na sicher. Was sonst? Ist ja auch gar kein Problem. Zuerst müsste ich halt nur noch schnell meine Kinder finden. Sie bedankt sich für das nette Gespräch und freut sich schon so sehr auf mich. Ich sage hingegen irgendwas, das wie "Ach so, ja eh. Danke auch" klingt, lege auf und habe keine Ahnung, welche Zetteln ich der guten Frau schicken soll.

Da stehen die Kinder auch schon vor mir und schreien mir ins Ohr, weil sie doch unbedingt das neue Barbie-Traumschloss haben möchten, das dort drüben steht, und den überdimensional großen Gymnastikball. Und außerdem wollen sie auch noch den Scheibenreiniger und die Gartenschere. Dass wir gar keinen Garten haben, ist unwichtig und kein Argument, meinen sie.

Am Ende plärrt auch noch der Lautsprecher irgendwas von einem Supersonderangebot. Das Kranzl Extrawurscht kostet heute nur zehn Euro. Wahnsinn! Da muss ich zuschlagen. Mit einem Kranzl Extrawurscht, einer Barbie und der Gartenschere im Einkaufssackerl ergreife ich schließlich die Flucht. Mein Fazit nach diesem Vormittag: Immerhin hat nichts gebrannt. Wobei, Scheiße, habe ich eigentlich den Ofen abgedreht, bevor wir gegangen sind? (Anja Buchta, 19.1.2023)