"Nach mehr als sieben Jahren Gerichtsverfahren und 15 Monaten Haft wurde ich schließlich für unschuldig erklärt": Investigativjournalist Jovo Martinović.

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Das Berufungsgericht von Montenegro hat diese Woche das Verfahren gegen den prominenten investigativen Journalisten Jovo Martinović eingestellt. Der Verdacht und die Verurteilung waren von Medienorganisationen und der EU seit Jahren kritisiert worden. Martinović war im Oktober 2020 wegen Drogenhandels zu einem Jahr Haft verurteilt worden war. Der Oberste Gerichtshof Montenegros ordnete vergangenen Juni eine zweite Wiederaufnahme des Verfahrens an.

"Nach mehr als sieben Jahren Gerichtsverfahren und 15 Monaten Haft wurde ich schließlich für unschuldig erklärt. Es war eine schreckliche Last, aber wenn dein Gewissen rein ist und du weißt, dass du unschuldig bist, dann ist alles zu ertragen", sagte Martinović. Er war im Oktober 2015 zusammen mit 17 weiteren Personen festgenommen worden und verbrachte völlig unschuldig fast eineinhalb Jahre in Untersuchungshaft, bevor er im Jänner 2017 vor dem Prozess freigelassen wurde.

Ungestrafte Angriffe

In erster Instanz wurde er 2019 wegen Drogenhandels und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung verurteilt. Martinović, der viel für internationale Medien arbeitete, hatte Kontakt zu Drogenkartellen, weil er für die Mediengruppe Vice an einer Dokumentation über die organisierte Kriminalität mitarbeitete. Er beteuerte stets, nur im Rahmen seiner Arbeit Kontakt zu der Szene gehabt zu haben.

Im letzten Bericht der EU-Kommission hieß es, dass die Verurteilung von Martinović zu Bedenken führe, dass in Montenegro Journalisten ihre Arbeit nicht ohne Angst durchführen könnten. Martinović bekam im Jahr 2018 den von Reporter ohne Grenzen Österreich vergebenen Press Freedom Award.

Fälle von Angriffen auf Journalisten bleiben bislang in Montenegro ungestraft, einschließlich der Ermordung des Redakteurs Dusko Jovanović und des Mordversuchs an der investigativen Journalistin Olivera Lakić. Montenegro lag im Jahr 2022 beim Pressefreiheitsindex von Reporter ohne Grenzen auf Platz 63, zwischen Papua-Neuguinea und Mauritius. (Adelheid Wölfl, 18.1.2023)