Damit Deri (links) in die Regierung Netanjahus (rechts) aufgenommen werden konnte, wurde eigens ein Gesetz verändert.

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Tel Aviv – Das Oberste Gericht in Israel hat sich gegen die Ernennung eines Mitglieds der neuen Regierung gestellt. Der Vorsitzende der strengreligiösen Schas-Partei, Arie Deri, könne sein Amt als Innen- und Gesundheitsminister nicht behalten, urteilten die Richterinnen und Richter am Mittwoch. Sie stuften seine Ernennung als "unangemessen" ein. Bürgerrechtler hatten zuvor wegen dessen krimineller Vergangenheit Beschwerde eingelegt.

Das Urteil gilt als schwerer Schlag gegen die neue Regierung des wiedergewählten Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu. Deri ist mehrfach verurteilt, zuletzt 2021 wegen Steuerhinterziehung. Um dennoch in der neuen rechts-religiösen Regierung von Netanjahu Innen- und Gesundheitsminister ernannt werden zu können, wurde eigens ein Gesetz geändert. Später sollte er im Rahmen einer Rotationsvereinbarung Finanzminister werden.

Enger Verbündeter Netanjahus

Deris Schas-Partei warf dem Gericht vor, eine "politische Entscheidung" getroffen zu haben, die den Wählerwillen untergrabe. Die Vorsitzenden der Koalitionsparteien teilten in einer gemeinsamen Mitteilung mit, das Urteil sei "eine Ungerechtigkeit". Deris "außergewöhnlichen Fähigkeiten und seine große Erfahrung werden vom Staat Israel in diesen komplexen Tagen mehr denn je benötigt", hieß es weiter. Deri gilt als enger Verbündeter Netanjahus.

Merav Michaeli von der sozialdemokratischen Arbeitspartei rief Netanjahu und Deri dazu auf, die Entscheidung anzunehmen: "Jede andere Entscheidung ist eine Rebellion der israelischen Regierung, die es jedem erlaubt, das Gesetz zu brechen und die Entscheidung der Gerichte nicht zu respektieren".

Weitere Demonstration am Samstag

Es wird befürchtet, dass der neue Justizminister Jariv Levin aufgrund des Gerichtsurteils noch schneller mit seinen Plänen zur Schwächung des Obersten Gerichts voranschreiten könnte. In den vergangenen Wochen gingen zehntausende Menschen in Israel dagegen auf die Straßen. Am Samstag ist erneut eine große Demonstration in Tel Aviv geplant.

Eine Mehrheit im Parlament soll den Plänen nach ein Gesetz verabschieden können, auch wenn es nach Ansicht des Obersten Gerichts gegen das Grundgesetz verstößt. Levin will außerdem die Zusammensetzung des Gremiums zur Ernennung von Richtern ändern. Er wirft dem Obersten Gericht etwa eine übermäßige Einmischung in politische Entscheidungen vor.

Deri wurde im Jahr 2000 wegen Bestechlichkeit, Korruption und Untreue auch während seiner Zeit als Innenminister zu drei Jahren Haft verurteilt. 2013 erlebte er ein politisches Comeback. 2021 musste er dann wegen neuer Steuervergehen sein Abgeordnetenamt niederlegen und bekam im Rahmen eines Vergleichs Bewährung. Er hatte damals vor Gericht versichert, aus der Politik aussteigen zu wollen. (APA, red, 18.1.2023)