Sieger und Verlierer: Jenson Brooksby und Casper Ruud.

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Auch Zverev ist ausgeschieden.

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Novak Djokovic ist dafür noch dabei.

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Melbourne – Die Favoriten haben es bei den Australian Open schwer. Am Tag nach dem topgesetzten Rafael Nadal hat das erste Grand-Slam-Turnier des Jahres auch seine Nummer zwei verloren. Der Norweger Casper Ruud musste sich in seinem Zweitrundenmatch am Donnerstag in Melbourne Jenson Brooksby geschlagen geben. Das Aus ereilte auch Deutschlands Olympiasieger Alexander Zverev, der mit Michael Mmoh ebenfalls einem US-Amerikaner in vier Sätzen unterlag. Nur Novak Djokovic bewahrte die Nerven.

Djokovic, der seinen 10. Triumph in Australien, sowie den 22. Sieg bei einem Grand Slam und damit Gleichstand mit Rekordhalter Nadal anpeilt, musste nach dem 6:1,6:7(5),6:2,6:0 gegen den französischen Qualifikanten Enzo Couacaud allerdings ordentlich durchschnaufen. Nach dem schnellen Verlust des ersten Durchgangs erhöhte die Nummer 191 der Welt das Tempo und holte sich überraschend Satz zwei. Djokovic ließ sich aber weder von einem medizinischen Time-out, um seinen lädierten Oberschenkel zu versorgen, noch dem ambitionierten Auftritt Couacauds beeindrucken.

Auch ein bunt gekleidetes Störer-Quartett auf den Rängen, das nach Urgieren von Djokovic der Halle verwiesen wurde, konnte den Serben nicht mehr aus der Bahn werfen. Die Nummer fünf der Welt ließ Coucaud nicht mehr in die Nähe eines Satzgewinns kommen und fixierte schließlich souverän sein Drittrundenduell mit dem Bulgarien Grigor Dimitrow.

Ruud hingegen muss einer vergebenen Chance nachweinen. Mit einem Finaleinzug in Melbourne hätte der 24-Jährige erstmals die Führung in der Weltrangliste übernehmen können. Diese bleibt der aktuellen Nummer drei im Ranking nun verwehrt. Nach dem Aus von Nadal und Ruud bleiben von ursprünglich vier Spielern, die Carlos Alcaraz auf dem Tennis-Thron hätten ablösen können, nur der Grieche Stefanos Tsitsipas und Djokovic sind übrig. Gewinnt keiner dieser beiden Akteure das Turnier, bleibt der verletzt fehlende Spanier Alcaraz die Nummer eins.

Ruud war gegen Brooksby, der in der Vorwoche bereits das Halbfinale des Vorbereitungsturniers in Auckland erreicht hatte, von Beginn an im Hintertreffen. Der Außenseiter hatte bereits im dritten Satz bei eigenem Aufschlag drei Matchbälle. Nach drei Stunden und 56 Minuten setzte er sich mit 6:3,7:5,6:7(4),6:2 durch. Ruud ist bei den Australian Open noch nie weiter als bis ins Achtelfinale vorgedrungen. Auf seinen ersten Grand-Slam-Titel muss der auf Hartplatz ansonsten starke Vorjahresfinalist der French Open und der US Open weiter warten.

Nach dem zweiten Satz nahm Ruud eine medizinische Auszeit. Er hatte mit Problemen in der Bauchmuskelgegend zu kämpfen. "Es ist etwas, das ich seit zwei Jahren immer wieder spüre", erklärte der Norweger. "Es ist nichts Ernstes, aber es kommt immer wieder zurück, also muss ich mich darum kümmern. Ich hoffe, dass ich es jetzt für lange Zeit loswerden kann." Dass seine gemeinsame Vorbereitungstour mit Nadal im Dezember in Südamerika eine Rolle beim Aus der beiden Stars gespielt haben könnte, wies der Weltranglistendritte zurück. Er werde sein Programm zu Jahresende für 2023 aber überdenken.

Nach dem Timeout lief es für Ruud zwischenzeitlich besser, am Ende musste er Brooksbys Stärke aber anerkennen. "Casper ist ein Kämpfer. Ich bin stolz auf meine mentale Entschlossenheit da draußen", erklärte der Sieger. Brooksby stammt wie Mackenzie McDonald, an dem am Vortag der verletzte Nadal gescheitert war, aus Kalifornien. In der dritten Runde trifft der 22-Jährige, der sein Australian-Open-Debüt im Vorjahr wegen einer Covid-Erkrankung hatte verschieben müssen, nun auf seinen US-Landsmann Tommy Paul.

Der als Nummer fünf gesetzte Russe Andrej Rublew bekommt es nach seinem Auftakterfolg gegen Dominic Thiem in der dritten Runde mit dem Briten Dan Evans zu tun. In seinem zweiten Match gegen den Finnen Emil Ruusuvuori gab Rublew zwar im Gegensatz zur Partie gegen den Österreicher einen Satz ab, setzte sich aber mit 6:2,6:4,6:7(2),6:3 durch. Rublew ist der mögliche Viertelfinal-Gegner von Rekordgewinner Djokovic, sollten beide bis dahin alle ihre Spiele gewinnen.

In derselben Rasterhälfte verabschiedeten sich auch der als Nummer acht gesetzte US-Amerikaner Taylor Fritz mit 7:6(4),6:7(2),4:6,7:6(6),2:6 gegen den Australier Alexei Popyrin sowie Zverev mit 7:6(1),4:6,3:6,2:6 gegen Mmoh, der als Lucky Loser ins Hauptfeld gerutscht war. Der Deutsche verpasste erstmals seit seinem Debüt 2016 in Melbourne die dritte Runde. Siebeneinhalb Monate nach seiner schweren Fußverletzung im French-Open-Halbfinale war der 25-Jährige weit von seiner Topform entfernt.

"Es war nicht genug von mir. Aber es ist nicht so, dass ich mir eine Riesenschuld geben muss", sagte Zverev, der sich bereits bei seinem Fünf-Satz-Sieg zum Auftakt gegen den Peruaner Juan Pablo Varillas schwergetan hatte. "Ich habe keine Erwartungen gehabt. Jetzt weiß ich wenigstens, wo ich physisch bin." Der zweimalige Gewinner der ATP-Finals griff sich gegen Mmoh mehrmals an den hinteren Oberschenkel. Dem nicht genug: Im zweiten Satz erleichterte sich auch noch ein Vogel auf Zverevs Kopf. "Ich habe harte Arbeit vor mir, um wieder da hinzukommen, wo ich war", weiß Zverev.

Einen Comeback-Sieg holte tief in der Nacht dann noch Andy Murray. Der 35-jährige Schotte rang den Australier Thanasi Kokkinakis nach einem Marathon-Match mit 4:6,6:7 (4),7:6(5),6:3,7:5 nieder. Die Partie ging erst nach 4.00 Uhr Ortszeit zu Ende. Bereits in der ersten Runde hatte Murray gegen Matteo Berrettini seine immer noch vorhandenen Kämpferqualitäten gezeigt.

Bei den Frauen musste sich die als Nummer 16 gesetzte Estin Anett Kontaveit, die zum Auftakt Österreichs Starterin Julia Grabher ausgeschaltet hatte, der Polin Magda Linette 6:3,3:6,4:6 geschlagen geben. Das Aus kam auch für die Nummer neun des Turniers, die Russin Veronika Kudermetowa. Sie unterlag der US-Qualifikantin Katie Volynets 4:6,6:2,2:6. Caroline Garcia (FRA-4) und Aryna Sabalenka (BLR-5) sind dagegen nach zwei Runden weiter ohne Satzverlust.(APA, 19.1.2023)