Der "Datenschutzanwalt" Marcus Hohenecker dürfte über 26.000 Abmahnschreiben verschickt haben.

Foto: Reuters / Andrew Kelly

In der Causa um den niederösterreichischen Anwalt Marcus Hohenecker, der Mahnschreiben an über tausend Website-Betreiber wegen der nicht datenschutzkonformen Verwendung von Google-Schriftarten verschickt hatte, ist nun die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) am Zug. Hohenecker und seine Mandantin Eva Z. hatten versucht, unter anderem bei Kleinunternehmerinnen und Bloggern 190 Euro Schadenersatz einzuklagen, da die eingebetteten Google-Fonts Daten über Userinnen und User an die Google-Mutter Alphabet weitergeben. Bei Eva Z. habe das beim Surfen im Internet "erhebliches Unwohlsein" verursacht. Auf seiner Website bezeichnete sich Hohenecker selbst als "Datenschutzanwalt".

Nach Medienberichten unter anderem im STANDARD hatte Rechtsanwalt Peter Harlander eine Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt "wegen gewerbsmäßigen schweren Betruges beziehungsweise der gewerbsmäßigen schweren Erpressung" eingebracht. Diese hat den Fall nun an die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft weitergegeben, wie ein Sprecher dem STANDARD bestätigt.

WKStA ab fünf Millionen Euro Schadenssumme zuständig

"Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ist in diesen Fällen zuständig, soweit aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass der durch die Tat herbeigeführte Schaden fünf Millionen Euro übersteigt oder sich der Vorsatz darauf erstreckt", erklärt Rechtsanwalt Harlander. Die beiden Delikte seien jeweils mit einer Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu bestrafen. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Bereits im Oktober 2022 habe ein Mandant Harlanders aus dem steirischen Gleisdorf einen Hinweis auf eine Wiener Druckerei gehabt, die mit dem Versand der Briefe an die Opfer beauftragt gewesen sei. "Dieser Hinweis führte jetzt die Kriminalpolizei auf die richtige Spur", berichtet Harlander. Die in der Druckerei sichergestellten Informationen zur Zahl der versendeten Briefe hätten eine Berechnung der Gesamthöhe der an die Adressaten der Briefe gestellten Forderungen ermöglicht.

Mindestens 26.000 Schreiben

Angesichts der fünf Millionen Euro Schaden, ab denen die WKStA aktiv wird, und der 190 Euro, die pro Schreiben eingefordert worden waren, sei von zumindest 26.315 Schreiben auszugehen. Die Erkenntnis darüber bezeichnet Harlander gegenüber dem STANDARD als "Gamechanger".

"Die in den Schreiben aufgestellte Behauptung, dass Frau Eva Z. einerseits alle Websites eigenhändig angesurft hat und dass diese dabei aufgrund der Verwendung von Google Fonts ein Unwohlsein empfunden hat, wirkt aufgrund dieser Zahlen unrealistisch", so Harlander, dessen Kanzlei über 400 Betroffene vertritt. (Michael Windisch, 19.1.2023)