Wärmedämmung ist das A und O der Energieeffizienz von Gebäuden. Sonst wird bei Fenstern und Dach hinausgeheizt.

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Wien – Innerkoalitionäre Abgründe tun sich beim Energieeffizienz-Reformgesetz auf, dessen vorparlamentarische Begutachtung in der Nacht auf Donnerstag endete. Das von Magnus Brunner (ÖVP) geführte Finanzministerium kündigt in seiner Stellungnahme Widerstand an. Man werde dem Entwurf in der derzeitigen Form nicht zustimmen können. "Der Entwurf würde zu einer höheren Belastung des Bundeshaushalts (um 190 Millionen Euro pro Jahr bis 2026) führen, ohne dass eine Zielerreichung sichergestellt ist."

Der Verweis, dass mit den vorhandenen Daten gemäß Umweltförderungsgesetz (und den 190 Millionen Euro an Förderungen) Energie im Volumen von mindestens 250 Petajoule (entspricht 69,4 Terawattstunden Strom) als kumulierte Zielerreichung bis 2030 erbracht würde, sei aufgrund der derzeitigen Marktlage und der angebotsseitigen Engpässe nicht nachvollziehbar, heißt es weiter in der auf parlament.gv.at veröffentlichten Stellungnahme. In Summe geht es um Förderungen und Aufträge in den kommenden acht Jahren von 1,52 Milliarden Euro, wobei die letzten vier Jahre de facto nicht gesichert sind. Denn das Bundesfinanzrahmengesetz umfasst nur Ausgaben für die Jahre bis einschließlich 2026.

Energieverbrauch senken

Zweck des Gesetzes ist erklärtermaßen, den kumulierten Endenergieverbrauch durch Einsparmaßnahmen wie zum Beispiel Wärmedämmung bis Ende Dezember 2030 um mindestens 650 Petajoule einzudämmen. Der auf ein Regeljahr bezogene Endenergieverbrauch soll im Jahr 2030 rund 920 Petajoule nicht überschreiten. Es sind also 650 Petajoule einzusparen.

Das mit dem Gesetz verfolgte Ziel: die Vorreiterrolle des Bundes ausbauen und das Prinzip "Energieeffizienz an erster Stelle" stärken. Dieses Ansinnen ruft das Justizministerium von Alma Zadić (Grüne) auf den Plan, das seinerseits auf 13 Seiten Verbesserungen des Gesetzesentwurfs anregt. Der Grundsatz "Energieeffizienz an erster Stelle" könne nicht dazu führen, dass andere – primärrechtlich zu gewährleistende – Grundsätze eingeschränkt werden. Eine vergaberechtliche Prioritätswirkung sei daraus eher nicht abzuleiten.

Hilfe durch Energieberater

Unterstützt werden sollen gemäß Gesetzesentwurf Privathaushalte ebenso wie (Groß-)Unternehmen, und zwar bei der Setzung von Energieeffizienzmaßnahmen – einerseits durch sogenannte Energieaudits und anderseits durch Energieberatung, insbesondere für einkommensschwache Haushalte, um Energiekosten zu senken und Energiearmut zu mindern. Mit der Kontrolle der Audits wird Energieregulator E-Control betraut. Wie begünstigte Haushalte die angestrebten mindestens drei Prozent Einsparung erreichen sollen, dazu fehlen laut Rechnungshof nachvollziehbare Pfade.

Wie das Finanzministerium urgiert auch das Justizministerium eine Präzisierung hinsichtlich staatlicher Gebäude, deren Energieeffizienz gehoben werden soll. Um auch den Gebäudebestand ausgegliederter Einheiten wie der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) einzubeziehen, reiche die Eigentümerschaft "Bund" nicht aus. Es bedürfe grundbuchkompatibler Begriffe, die auch von der Republik Österreich genutzte Gebäude inkludieren. Ob Sanierungskosten für Objekte der BIG-Tochter Austrian Real Estate (ARE) deren Mietern umgehängt werden können, sei überhaupt nicht geklärt, kritisiert das Finanzministerium.

Länder und Gemeinden

Der Rechnungshof wiederum merkt an, dass Bundesländer und Gemeinden über sogenannte 15a-Vereinbarungen, also die mittelbare Bundesverwaltung, in die Pflicht zu nehmen sind. Andernfalls bliebe das Gesetz hinter seinen Möglichkeiten.

Und so schickt das Finanzministerium die Fachleute und Legisten seiner Regierungskollegin Leonore Gewessler (Grüne) zurück an den Start: Ohne Vorlage der zugrundeliegenden Berechnungsmethode und fundierter Daten sowie Annahmen zur Kosteneffektivität könne dem Entwurf "aufgrund des ungeklärten tatsächlichen Budgetbedarfs nicht zugestimmt werden", zumal mit dem Wegfall des Energieeffizienzbeitrags ein Gegenfinanzierungskonzept fehle.

Wirkungsweise und Datenschutz

Darüber hinaus mahnt das Finanzministerium eine Konkretisierung der Wirkungsfolgenabschätzung ein, wie genau die angeführten Einsparungen von 1,2 Millionen Tonnen CO2 zustande kommen.

Das Justizministerium ortet darüber hinaus datenschutzrechtliche Probleme bei den für die Erhebung des Energieverbrauchs notwendigen (Strom-)Zählerdaten im Wege von Fernablesegeräten (Smartmeter), wie sie in Österreich von Energieversorgern laufend installiert werden. Die sohin generierten Daten dürften ausschließlich den Nutzern und (eingeschränkt) den Energieversorgern zugänglich gemacht werden. Die mit der Installation betrauten Unternehmen dürften nicht in Haftung genommen werden, sondern lediglich der Versorger, der die Installation beauftragt habe.

Zeit und Förderung

Die Verbund AG regt längere Übergangsfristen an, sonst seien umfangreiche Audits heuer nicht mehr ordnungsgemäß durchzuführen.

Die ÖBB mit ihrem umfangreichen Immobilien- und Gebäudebestand warnt vor überzogenen Einsparungszielen. Energieeffizienz koste Geld, das aktuell zur Abdeckung von überbordenden Energiekosten verwendet werden müsse. "Unterstützende Maßnahmen des Bundes und der Länder sind nötig", etwa durch Minderung der aktuellen Energiekosten, Förderungen oder die Forcierung alternativer Energien zu marktüblichen Preisen. (Luise Ungerboeck, 19.1.2023)