Umwelt- und Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne).

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Wien/Mellach/Graz – Das steirische Kohlekraftwerk Mellach soll doch nicht reaktiviert werden, wie es aufgrund der Energiekrise bisher vorgesehen war. "Wir haben aktuell andere Prioritäten", sagte Ministerin Leonore Gewessler am Donnerstag im Rahmen eines Biomasse-Kongresses in Graz, vom ORF Steiermark auf die Reaktivierung angesprochen. Man habe andere Maßnahmen gesetzt und sei für den Winter gut gerüstet. Komme es zu einer Energiemangellage, könne sich das notfalls wieder ändern.

Weil vorigen Frühherbst Fristen für den technischen Umbau und die Kohlelieferungen ebenso ausliefen, war ein Start zudem erst im heurigen April realistisch. Die geplante Reaktivierung fand zudem im vergangenen Herbst auch keine parlamentarische Mehrheit.

Lage im "Ernstfall neu bewerten"

Im Sommer 2022, als die Energieversorgungslage für den nunmehrigen Winter noch Unwägbarkeiten bot, hatte die grüne Klimaschutzministerin angekündigt, dass das Verbund-Kohlekraftwerk Mellach aufgrund eines drohenden Gasmangels reaktiviert werden solle. Heute sagte Gewessler zum ORF: "Der Plan war, es für diesen Winter in die Umsetzung zu bringen. Die SPÖ hat diesem Vorschlag nicht zugestimmt. Wir haben es dann Gott sei Dank durch andere Maßnahmen geschafft in einer Situation zu sein, wo wir sagen können, die Versorgungssicherheit ist gewährleistet."

Auf Nachfrage hieß es aus dem Büro der Ministerin gegenüber der APA, dass man auch weiterhin – also über den aktuellen Winter hinaus – alles tun werde, um auf die besonders klimaschädliche Kohle zu verzichten und die Energieversorgung zu sichern. Im Fall eines Ernstfalles und einer Energiemangellage müsse die Situation entsprechend neu bewertet werden.

Hoher Speicherstand "fundamental"

Die heimischen Gasspeicher sind aktuell zu 87 Prozent gefüllt. Das entspricht 83 Terawattstunden (TWh) Gas. Die Versorgungslage gesichert haben etwa der hohe Speicherstand zu Beginn des Winters und für die Jahreszeit hohe Temperaturen, hieß es am Donnerstag auch bei einem Hintergrundgespräch der Austria Gas Grid Management (AGGM) am Rande des Austrian Gas Infrastructure Day in Wien.

Ein hoher Speicherstand nach dem Winter ist im Sinne der Versorgungssicherheit aber trotzdem "fundamental", hieß es weiter. Das russische Gas zu ersetzen sei eine "Riesenherausforderung".

Mit Blick auf den kommen Winter 2023/24 und die bis dahin geplante Speicherwiederbefüllung hieß es bei der AGGM zudem: "Mit den derzeit verfügbaren Transportkapazitäten aus Deutschland und Italien ist eine ausreichende Diversifizierung der Lieferquellen für Gas nicht möglich und kann das Speicherziel von 90 Prozent nicht erreicht werden", wenn kein Gas zum wichtigen ostösterreichischen Hub nach Baumgarten kommt und Exporte in die Nachbarländer wie 2022 weitergehen. (APA, 19.1.2023)