So wenig anstrengen, wie's nur geht? Okay. Aber Quiet Firing könnte als Reaktion folgen.

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Plötzlich nicht mehr auf der Liste für den wöchentlichen Themen-Jour-fixe. In Projekte werden andere eingeschleust, die übernehmen. Statt berstender Postfächer eher Flaute in der internen Mailbox – die Chefin will gar nichts mehr von mir? Ein kurzes "Guten Morgen" statt der üblichen motivierenden persönlichen Plauderei inklusive News direkt vom Flurfunk. Irgendwie gehört man nicht mehr so richtig dazu.

Seit Herbst des Vorjahres berichten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer immer häufiger von solchen Erfahrungen. Es wurde schnell ein "Trendbegriff" dafür gefunden, der sich gerade in die Google-Tops der Suche vorarbeitet: Quiet Firing.

Still und leise abgeschrieben

Gemeint ist nicht die übliche Kündigung mit Vertragsauflösung, sondern das Stoppen jeglicher Investments in die Person. Sie wird einfach links liegen gelassen, man bemüht sich nicht mehr um Entwicklung, bindet sie nicht mehr ein in die Zukunft des Teams, des Unternehmens. Warum nicht gleich eine vertragliche Beendigung? Das scheint am Arbeitskräftemangel zu liegen – frei nach dem Motto: Ein bisserl was macht er oder sie eh, besser als gar niemanden zu haben inmitten der Recruitingprobleme, wo sich eh niemand bewirbt.

Dass ein solches Quiet Firing mittlerweile als Reaktion auf den Trend des Quiet Quitting erkannt wird, ist nicht von der Hand zu weisen. Immerhin wurde der neue Dienst nach Vorschrift mit der zeitgemäßen Bezeichnung als Quiet Quitting zuvor monatelang in sozialen Medien gehypt und als einzig wahre Reaktion auf die ungemütliche Arbeitswelt gepriesen: bloß keine Extrameile, nie mehr machen als nötig, nur kein Überengagement. Das klingt ja auch nicht unbedingt unvernünftig, eher gesundheitsbewusst. Allerdings gibt es da nicht nur Kolleginnen und Kollegen, die draufzahlen, sondern auch Führungskräfte, die nicht mehr wissen, wo sie noch überall kompensieren sollen.

Die Reaktion der anderen Seite

Nachvollziehbar wäre es ja, dass Vorgesetzte sagen: Wer für uns jetzt nicht rennt, den setzen wir auf die Liste. Solange der Personalmangel krass ist, geschieht offiziell nichts. Aber sobald die Person ersetzbar ist, passiert's. Bis dahin bleibt eigentlich nur beiderseitig Frust und vermutlich wenig nette Atmosphäre.

Ist Quiet Quitting also zu verteufeln? Nicht unbedingt. Es zeigt sich nur: Haltungen haben meistens Konsequenzen. Was Unternehmen bei ihren Belegschaften versäumen, was Chefs im Team anrichten schlägt ebenso zurück, wie auch Arbeitgeber und ihre Führungskräfte auf Verhalten der Mitarbeiter reagieren. Wer Quiet Quitting betreibt: okay. Aber den Preis für Mitarbeiter des Monats und einen Toprank in der Beförderungsliste darf man dann halt nicht erwarten. (Karin Bauer, 21.1.2023)