Eine Stimme gilt immer nur einer Partei – aber man kann taktisch zu wählen versuchen.
Foto: imago/McPHOTO/Luhr

Man hat bei einer Wahl ja nur eine Stimme – aber wünschen kann man sich zumindest, dass der Wahlausgang noch weitere Folgen hat als die Stärkung jener Partei, für die man gerade sein Kreuzerl gemacht hat.

Zum Beispiel hoffen 61 Prozent, dass das Wahlergebnis vom 29. Jänner dazu führt, dass Niederösterreich gut durch die aktuelle Krise kommt. Und man muss selbst kein Neos-Wähler sein, um sich zu wünschen, dass die pinke Partei auch künftig in der Landespolitik verankert bleibt – das wünschen doppelt so viele Menschen wie die Partei Wähler hat, besonders auch erklärte Grüne und Sozialdemokraten.

Umgekehrt sind es vor allem Neos-Wähler, die den Grünen wünschen, dass diese im Landtag ein wichtiges Wort mitreden können. Landesweit wünscht sich das nur jeder neunte Befragte – halb so viele wie vor zehn Jahren, als Erwin Pröll in seinen letzten Wahlkampf gezogen ist und die Grünen im Landtag noch nicht so etabliert waren.

19 Prozent wünschen der SPÖ, dass sie stärker wird, eben so viele wünschen der FPÖ, dass sie (wie sich in der Market-Umfrage abzeichnet) deutlich stärker werden und zur meistbeachteten Partei werden.

Denkzettelfür die Bundesregierung

Ein Fünftel der Wählerschaft (und sogar die Hälfte der Freiheitlichen) wünscht sich auch, dass die Niederösterreich-Wahl der Bundesregierung einen Denkzettel verpasst.

Überhaupt die Bundespolitik!

Diese spielt diesmal besonders in die Landespolitik hinein. DER STANDARD ließ bei Market erheben, ob einer Landespartei Rückenwind von der jeweiligen Bundespartei zugetraut wird und bei welcher es eher Gegenwind gibt.

Der ÖVP bescheinigen 40 Prozent Gegenwind und nur 29 Prozent Rückenwind. Dies ist ein krasser Gegensatz zur Einschätzung der oberösterreichischen Landespartei vor der dortigen Landtagswahl 2021: Im September 2021 – Sebastian Kurz war gerade noch nicht zurückgetreten – sagten 57 Prozent der oberösterreichischen Wahlberechtigten, dass die Bundes-ÖVP die Landes-ÖVP stärken würde. In Niederösterreich sind sogar die ÖVP-Anhänger mit 35:35 unentschieden, ob von der Bundespartei Positives ins Bundesland ausstrahlt.

Rückenwind für FPÖ und Neos

Besonders starker Rückenwind seitens der Bundespolitik wird allein den Freiheitlichen zugetraut; in etwas geringerer Weise auch den Neos. Bei der SPÖ heben einander die positiven und die negativen Effekte (zumindest in den Augen der Wahlberechtigten) nahezu auf, bei den Grünen überwiegen die negativen Effekte etwas deutlicher, bei der ÖVP stark.

Das könnte mit dem ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss des Nationalrats zusammenhängen, vermutet Market-Institutsleiter David Pfarrhofer. Er unterlegt diese Vermutung mit dem Hinweis, dass 55 Prozent der Befragten (in einer anderen Fragestellung) wünschen, dass der Ausschussvorsitzende, Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka, immerhin ehemals stellvertretender Landeshauptmann unter Erwin Pröll, künftig eine weniger starke Rolle spielen soll. Ein Wunsch, der übrigens auch von 40 Prozent der ÖVP-Wählerschaft getragen wird.

Womit wir wieder bei den gewünschten Wahlfolgen sind:

  • Dass die absolute Mehrheit der ÖVP gebrochen wird – das wollen 39 Prozent ausdrücklich (was nicht unbedingt heißt, dass die anderen 61 Prozent sich dafür aussprächen, dass diese Mehrheit auch erhalten bliebe).
  • Ein klares Zeichen gegen rechts erhoffen sich 31 Prozent – besonders stark wünschen sich das Grüne, Neos und Sozialdemokraten, aber auch sechs Prozent der erklärten FPÖ-Anhängerschaft.
  • 26 Prozent erhoffen sich, dass andere Parteien stark genug werden, einen anderen Landeshauptmann zu stellen – während 20 Prozent als wichtiges Ergebnis der Wahl wünschen, dass Johanna Mikl-Leitner Landeshauptfrau bleibt. Allerdings: In der Vergleichsumfrage im Jänner 2018 wünschten sich auch nur 26 Prozent, dass Mikl-Leitner im Amt bleibt, 2013, bei Erwin Pröll, waren es 52 Prozent. Und beide wurden letztlich bestätigt.
  • Mit 46 Prozent sehr stark ausgeprägt ist der Wunsch nach klaren Verhältnissen – die es nicht nur nach ÖVP-Lesart rechnerisch nur mit klarer ÖVP-Mehrheit gibt.
  • Und noch etwas: Nur acht Prozent wollen, dass sich im Land möglichst wenig ändert. (Conrad Seidl, 22.1.2023)