24 Stunden nach seinem Beinahe-Crash war Kilde auf der Streif sehr souverän unterwegs.

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Zweiter Kitzbühelsieg für den Norweger.

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Einen Tag nach seinem Triumph war Kriechmayr chancenlos.

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Unter den Zusehern: Arnold Schwarzenegger, Lindsey Vonn und Fis-Präsident Johan Eliasch.

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Der dreifache Kitzbühelsieger Beat Feuz (re, mit Freundin Katrin Triendl und Nachwuchs) fuhr sein letztes Weltcuprennen.

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Das Podest.

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Kitzbühel – Man kann im Gegensatz zu Arnold Schwarzenegger den Hut vor Aleksander Aamodt Kilde ziehen. Der Norweger hat am Samstag vor 45.000 Zuschauerinnen und Zuschauern die klassische Hahnenkammabfahrt auf der Streif bei leichtem Schneefall gewonnen, nachdem er am Freitag am Hausberg einen fatalen Crash nur mit extremer Mühe vermeiden konnte und nicht über Rang 16 hinausgekommen war.

Der mit einer Handwurzelfraktur gestartete Norweger setzte sich in 1:56,90 Minuten vor dem 42-jährigen französischen Routinier Johan Clarey (+0,67) und dem US-Amerikaner Travis Ganong (0,95) durch, sicherte sich das Preisgeld von 100.000 Euro und feierte seinen bereits fünften Saisonsieg in einer Abfahrt und den gesamt siebenten 2022/23. Er hatte bereits vergangene Saison in Kitzbühel triumphiert und hält mittlerweile bei 20 Weltcupsiegen. "Heute hatte ich ein gutes Gefühl, keine Schmerzen in der Hand und konnte Vollgas gegeben", sagte Kilde. "In Kitzbühel kann man nie ganz locker sein. Das ist für den Kopf etwas schwierig."

Oldie but Goldie

Clarey war bereits zweimal Zweiter auf der Streif. 2021 musste er sich um 17 Hundertstel dem Schweizer Beat Feuz geschlagen geben, 2022 wurde er nur von Kilde (um 42 Hundertstel) geschlagen. Der Franzose stand im Weltcup bereits elfmal am Podest, ein Sieg war ihm bisher aber noch nicht gegönnt. Bei Olympia in Peking musste er sich in der Abfahrt auch nur Feuz geschlagen geben und holte ebenso Silber wie auch im Super-G bei der WM in Aare 2019, als nur der Italiener Dominik Paris vor ihm lag. "Die Ziellinie bei Grün zu überqueren, war das beste Gefühl meiner Karriere. Ich bin nur dankbar, hier bei meinem letzten Auftritt in Kitzbühel auf dem Podium zu sein", sagte Clarey, der nach der Saison wohl zurücktreten wird.

Sein letztes Weltcuprennen hat Feuz (2,01) bestritten. Der Schweizer riskierte am Samstag nicht das letzte Hemd und beendete mit einem 16. Platz seine Karriere. Der Italiener Florian Schieder, Überraschungszweiter am Freitag, belegte diesmal Platz zwölf.

Schnee vs. Kriechmayr

Vincent Kriechmayr (1,30) verpasste nach seinem Sieg in der Abfahrt am Freitag als Fünfter das Double klar, der Oberösterreicher verlor in der Gleitpassage bei der Seidlalm entscheidend Zeit. Mit Startnummer sieben war er insofern benachteiligt, als es nach dem Sturz des mit Nummer fünf ins Rennen gegangenen US-Amerikaners Jared Goldberg eine längere Unterbrechung gab und der Schneefall inzwischen für eine langsamere Spur sorgte. Goldberg stürzte am Hausberg in der Traverse und schlug heftig in die Netze ein, blieb aber offensichtlich von schwereren Verletzungen verschont.

"Bei Schneefall eine Unterbrechung ist nie ideal. Aber Aleks war unglaublich stark. Ich glaube, den hätte ich auch ohne Unterbrechung nicht geputzt. Natürlich hätte ich es gern ohne Unterbrechung gehabt, aber das gehört dazu", sagte Kriechmayr. "Das Glück ist ein Vogerl."

Die Österreicher zeigten sich am Samstag mit drei Läufern unter den besten zehn verbessert, nachdem am Freitag mit Sieger Kriechmayr und Otmar Striedinger als 14. nur zwei ÖSV-Läufer in die Punkteränge gekommen waren.

Starke und schwache Österreicher

Striedinger belegte am Samstag ex aequo mit dem Kanadier Cameron Alexander Platz sechs. Daniel Hemetsberger fuhr ex aequo mit dem für Deutschland startenden Romed Baumann (1,52) auf Platz acht, nachdem er am Freitag nicht über Rang 33 hinausgekommen war. Stefan Babinsky (32./3,37) verpasste wie auch Andreas Ploier (40./4,05) erneut einen Platz unter den besten 30.

Saisonende für Schütter

Julian Schütter stürzte und klagte hernach über ein lädiertes Knie. Wie eine MRT-Untersuchung in Kitzbühel ergab, hat sich der Schladminger schwerer verletzt, als zunächst angenommen. Beim 24-Jährigen wurde ein Riss des vorderen Kreuzbandes sowie eine Meniskusverletzung im linken Knie diagnostiziert. Für Schütter ist die Saison damit vorzeitig beendet.

Marco Odermatt verzichtete auf einen Start. Der Schweizer Gesamtweltcupführende hatte am Freitag im Steilhang nur mit Mühe einen Sturz vermeiden können, zog sich dabei aber eine Meniskusverletzung zu. Im Gesamtweltcup liegt er mit 1186 Punkten 225 Zähler vor Kilde, Kriechmayr (677) ist Dritter. In der Abfahrtswertung führt Kilde (620) vor Kriechmayr (464) und Odermatt (386).

Trotz Schneefalls und eher bescheidenen Sichtverhältnissen konnte das Rennen nahezu problemfrei durchgeführt werden. Nach dem mit Nummer 50 gekommenen US-Amerikaner Kyle Negomir musste es aber dann doch wegen Nebels im oberen Bereich für rund eine Viertelstunde unterbrochen werden, ehe auch die letzten acht Starter abfahren konnten.

Partystimmung mit Arnie

Kulisse und Stimmung waren wie in guten alten Zeiten. Klassiker von "Is this the Way to Amarillo" von Tony Christie bis "Highway to Hell" von AC/DC wurden zum Besten gegeben. Die Veranstaltung war ausverkauft. Am Freitag waren laut Veranstalter knapp 20.000 Fans dabei.

Wie so oft beehrte auch Arnold Schwarzenegger die Hahnenkammabfahrt, nachdem er sich am Freitag auch die traditionelle Weißwurstparty beim Stangl-Wirt in Going am Wilden Kaiser nicht entgehen ließ. Die steirische Eiche crashte mit seiner Entourage den exklusiv für Läufer und Betreuer vorgesehenen Zielbereich, bevor er sich auf seinem angestammten Platz auf der VIP-Tribüne einfand.

Die 83. Hahnenkammrennen werden am Sonntag mit dem Slalom am Ganslernhang (10:30 bzw. 13:30 Uhr, live ORF 1) abgeschlossen. Am Dienstag (Slalom) und Mittwoch (Riesentorlauf) stehen in Schladming schon die nächsten Rennen an, beide werden unter Flutlicht ausgetragen. (Thomas Hirner, 21.1.2023)

Ergebnisse:

1. Aleksander Aamodt Kilde (NOR) 1:56,90
2. Johan Clarey (FRA) 1:57,57 +0,67
3. Travis Ganong (USA) 1:57,85 +0,95
4. Mattia Casse (ITA) 1:57,89 +0,99
5. Vincent Kriechmayr (AUT) 1:58,20 +1,30
6. Otmar Striedinger (AUT) 1:58,40 +1,50
6. Cameron Alexander (CAN) 1:58,40 +1,50
8. Romed Baumann (GER) 1:58,42 +1,52
8. Daniel Hemetsberger (AUT) 1:58,42 +1,52
10. Niels Hintermann (SUI) 1:58,43 +1,53
11. Josef Ferstl (GER) 1:58,46 +1,56
12. Florian Schieder (ITA) 1:58,48 +1,58
13. Adrian Smiseth Sejersted (NOR) 1:58,50 +1,60
14. Dominik Paris (ITA) 1:58,82 +1,92
15. Adrien Theaux (FRA) 1:58,88 +1,98
16. Beat Feuz (SUI) 1:58,91 +2,01
17. Christof Innerhofer (ITA) 1:58,96 +2,06
18. Justin Murisier (SUI) 1:58,98 +2,08
19. Andreas Sander (GER) 1:59,04 +2,14
20. Ryan Cochran-Siegle (USA) 1:59,17 +2,27
21. Broderick Thompson (CAN) 1:59,20 +2,30
22. Bryce Bennett (USA) 1:59,45 +2,55
23. Brodie Seger (CAN) 1:59,46 +2,56
24. Stefan Rogentin (SUI) 1:59,55 +2,65
25. Nils Allegre (FRA) 1:59,72 +2,82
26. Martin Cater (SLO) 1:59,78 +2,88
27. Blaise Giezendanner (FRA) 1:59,83 +2,93
28. James Crawford (CAN) 1:59,93 +3,03
29. Maxence Muzaton (FRA) 2:00,08 +3,18
30. Miha Hrobat (SLO) 2:00,18 +3,28
Weiter:
32. Stefan Babinsky (AUT) 2:00,27 +3,37
40. Andreas Ploier (AUT) 2:00,95 +4,05

Ausgeschieden u.a.:
Julian Schütter (AUT), Jared Goldberg (USA), Thomas Dreßen (GER), Cyprien Sarrazin (FRA), Sam Morse (USA)

Gesamtweltcup:

1. Marco Odermatt (SUI) 1186
2. Aleksander Aamodt Kilde (NOR) 961
3. Vincent Kriechmayr (AUT) 677
4. Henrik Kristoffersen (NOR) 665
5. Lucas Braathen (NOR) 525
6. Loic Meillard (SUI) 507
7. Alexis Pinturault (FRA) 437
8. Manuel Feller (AUT) 406
9. Marco Schwarz (AUT) 377

10. James Crawford (CAN) 322

Abfahrtsweltcup:

1. Aleksander Aamodt Kilde (NOR) 620
2. Vincent Kriechmayr (AUT) 464
3. Marco Odermatt (SUI) 386
4. Johan Clarey (FRA) 276
5. Mattia Casse (ITA) 233
6. James Crawford (CAN) 226
7. Niels Hintermann (SUI) 201
8. Matthias Mayer (AUT) 182
9. Beat Feuz (SUI) 179
10. Daniel Hemetsberger (AUT) 178

Nationencup:

1. Schweiz 6695
2. Österreich 5205
3. Norwegen 4049