Der frühere Grünen-Politiker Christoph Chorherr soll sich laut Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft bestechen lassen haben. Er und alle anderen Angeklagten bestreiten das vehement.

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Im Korruptionsprozess gegen den früheren Wiener Stadtpolitiker und Planungssprecher der Grünen, Christoph Chorherr, dürfte es am Montag Ernst werden. In der Causa, in der dem Expolitiker Bestechlichkeit und Amtsmissbrauch vorgeworfen wird, könnten die Urteile fallen – vorausgesetzt, die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) stellt keine Beweisanträge mehr oder der Richtersenat unter Vorsitz von Richter Michael Tolstiuk weist selbige zurück.

Neben Chorherr sind weitere neun Personen angeklagt, darunter die Unternehmer Michael Tojner, Investor René Benko, Ex-Investmentbanker Wilhelm Hemetsberger oder die Immobilienentwickler Erwin Soravia und Günter Kerbler, sowie 21 Unternehmen. Letztere stehen gemäß Verbandsverantwortlichkeitsgesetz vor dem Strafgericht, die WKStA hat die Verhängung von Geldbußen beantragt.

Verein und Spenden

Die Anklage wirft Chorherr vor, er habe von den anderen Angeklagten Spenden für den von ihm gegründeten Verein S2Arch gefordert oder angenommen und die Spender hätten sich im Gegenzug bei Widmungsverfahren von Immobilienprojekten in Wien Vorteile erwartet. In der Anklage sind zahlreiche Bauvorhaben aufgeführt, die die WKStA mit den Geldspenden in Zusammenhang bringt. Bei Tojner geht es etwa um das umstrittene Bauprojekt auf dem Heumarkt, das bis heute nicht realisiert wurde und um Spenden in der Gesamthöhe von 56.100 Euro. Insgesamt geht es in der Anklage um Spenden in der Höhe von rund 1,6 Millionen Euro.

Der Verein S2Arch unterstützt Schul- und Kindergartenprojekte in Südafrika, die unter dem Namen Ithuba laufen. Chorherr war bis 2018 Vereinsobmann – also auch in jener Zeit, in der die Grünen in der Wiener Stadtregierung saßen (von 2010 bis 2020). Er hätte diese Funktion früher zurücklegen sollen, räumte der heute 62-Jährige in der Hauptverhandlung eine schlechte Optik ein.

Schlechte Optik

Er und alle anderen Angeklagten – den Spendern wirft die WKStA Bestechung und Beihilfe zum Amtsmissbrauch vor – haben sich nicht schuldig bekannt. Chorherr hatte im Ermittlungsverfahren zwar Diversion beantragt, ein Schuldeingeständnis ist die aber nicht. Sein Anwalt, Richard Soyer, hatte damals Folgendes geschrieben: "Der Beschuldigte erkennt an, dass seine Tätigkeit als Amtsträger zeitgleich mit seiner Vereinsobmannschaft aufgrund der an den Verein ergangenen Spenden vor dem Hintergrund der geltenden Korruptionsbestimmungen ein Fehler war."

Die wichtigste Zeugin, die frühere grüne Vizebürgermeisterin und Planungsstadträtin Maria Vassilakou, sagte kurz vor Weihnachten aus; sie entlastete Chorherr. Dessen Innenwirkung sei von Außenstehenden überschätzt worden, sagte sie im Gerichtssaal sinngemäß, "auch wenn er mir gerade gegenübersitzt". Die zentrale Entscheidung, ob Immobilienprojekte in den Wiener Gemeinderat kämen oder nicht, liege bei der Planungsstadträtin – und das sei sie gewesen.

Am Montag wird noch ein Zeuge gehört, danach folgen wohl die Plädoyers – jene der Rechtsanwälte werden kurz und knapp ausfallen, war im Vorfeld zu hören. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung. (Renate Graber, 23.1.2023)