Die Lockdowns dauerten in Österreich besonders lang. Der Staat hat die Betriebe dafür umfassend entschädigt.

Foto: Imago

Die Pandemie ist offiziell schon längst für beendet erklärt worden, aber nach wie vor zahlt der Staat noch Unterstützungsleistungen aus. Das Finanzministerium dokumentiert die Summen: Auf 47 Milliarden Euro belaufen sich demnach die Corona-Hilfen der Regierung seit Beginn der Pandemie. So viel Geld wurde für Ausfallsbonus, Umsatzersatz, Fixkostenzuschuss und Co ausbezahlt.

Selbst wenn die einberechneten zusätzlichen Ausgaben für die Gesundheitsversorgung abgezogen werden, summieren sich die Aufwendungen für Unternehmenshilfen, Garantien und Kurzarbeitsgeld auf knapp 40 Milliarden Euro. Gemessen an der Wirtschaftsleistung hat kein EU-Land so viel Geld für Hilfen ausgegeben wie Österreich. Die Mittel würden reichen, um zwei Jahre alle Ausgaben für Bildung, Wissenschaft, Kunst und Kultur im Land abzudecken.

Die große Frage war stets, was genau sich die Regierung mit dem vielen Steuergeld erkauft hat. Wurden Jobs gerettet und ein Zusammenbruch der Wirtschaft verhindert? Analysen dazu blieben lange Zeit Mangelware. Ex-Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) meinte einmal auf eine Frage zur Wirkung der Milliardenhilfen, dass ihn Daten dazu auch "sehr interessieren" würden.

Nun gibt es diese Daten. Die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) hat eine Studie zur Wirkung der Corona-Hilfen vorgelegt: "Where have all the insolvencies gone". Die Expertinnen und Experten der Bank haben analysiert, wie sich die staatlichen Hilfen auf Eigenkapital, Geldreserven, Bankguthaben der heimischen Unternehmen ausgewirkt und wie sie die Insolvenzen beeinflusst haben. Das bemerkenswerte Ergebnis: Die Betriebe haben inmitten der Pandemie, trotz einbrechender Wirtschaft und rückläufiger Umsätze, ihre Finanzpolster deutlich stärken können. Selbst in jenen Branchen, die von Lockdowns und Einschränkungen am stärksten betroffen waren, also in Tourismus und Gastronomie, war das der Fall.

Sinngemäß heißt es in der Studie, dass bezweifelt werden dürfe, dass die Unterstützungszahlungen der Regierung dazu gedient haben, gefährdete Unternehmen im Geschäft zu halten und Jobs zu retten. Viel Steuergeld wurde umverteilt, aber nicht, weil es sonst zum Wirtschaftskollaps gekommen wäre.

Konkret stützen sich die Forscherinnen und Forscher aus der Nationalbank auf verschiedene Datenquellen. So werteten sie etwa Informationen aus den Bilanzen von rund 122.000 Unternehmen aus und stützten sich auf aggregierte Bankdaten zu Guthaben der Betriebe.

Mehr Cash trotz Krise

Dabei zeigt sich, dass die Vermögenswerte der heimischen Unternehmen in der Pandemie um 4,4 Prozent gestiegen sind. Das ist mehr als im Jahr vor Ausbruch von Corona. Markant ist, dass Bankguthaben und Cashreserven sogar um 17,5 Prozent zulegten. Und: Betriebe konnten im Pandemiejahr 2020 ihr Eigenkapital um 7,5 Prozent erhöhen. Zum Vergleich: Im Jahr 2019 betrug dieses Plus 3,3 Prozent. Das Eigenkapital ist eine wichtige Rechengröße in der Bilanz, umfasst etwa den Wert eigener Geldreserven, Immobilien, Maschinen. Gestiegen sind auch die Bankeinlagen von Restaurants und Hotels, also der Unternehmen, die lange im Lockdown waren, auch wenn das Plus hier unter dem Gesamtschnitt lag.

Bemerkenswert sind die Ergebnisse, weil die Umsätze der Betriebe durch Lockdowns in weiten Teilen der Wirtschaft rückläufig waren. Theoretisch wäre eher erwartbar gewesen, dass die Unternehmen sinkende Einlagen verzeichnen und das Eigenkapital rückläufig ist. So müsste das Bild aussehen, wenn Unternehmen wortwörtlich ihre Reserven zusammenkratzen, um ihr Überleben zu sichern. Doch genau davon fanden die Notenbank-Experten keine Spur. Der Grund? Erraten: die Staatshilfen.

In der Studie wurden zusätzlich die Daten zu mehreren Tausend Betrieben analysiert, für die sich aus einer EU-Förderbank ableiten ließ, welche Beihilfen diese Unternehmen bezogen. Dabei zeigt sich, dass Steigerungen bei Geldreserven und Eigenkapital bei diesen Unternehmen wesentlich größer waren. Firmen, die Zuschüsse erhielten, konnten ihre Einlagen sogar um 62 Prozent steigern und ihr Eigenkapital um 18 Prozent. Wobei das Plus insgesamt bei größeren Unternehmen etwas höher ausgefallen ist. Und: Bei Einlagen gelang es den 20 Prozent der finanzschwächsten Betriebe nicht, ihre Guthaben zu erhöhen.

In weiterer Folge haben sich die Nationalbank-Experten die Insolvenzstatistik angesehen. Da zeigt sich, dass seit Beginn der Pandemie die Unternehmenspleiten zurückgegangen sind. So weit, so bekannt. Doch selbst im ersten Halbjahr 2022, so weit reichen die Daten, waren die Firmenpleiten unter dem Vor-Corona-Niveau. Die meisten Unternehmen scheiden nicht via eine Insolvenz aus dem Markt aus, diese Betriebe schließen ihre Pforten aus anderen Gründen, etwa weil die Eigentümer in Pension gehen.

Viel mehr Unternehmen

Auch diese Form von Firmenauflösungen war rückläufig. Die Folge: Die Zahl der Unternehmen im Land ist zwischen 2019 und Ende 2021 um acht Prozent gestiegen.

Aus ökonomischer Sicht ist das nicht unbedingt eine gute Nachricht, wie im Paper betont wird. Denn bleiben durch Staatshilfen weniger innovative Betriebe im Markt, binden diese Ressourcen und verhindern unter Umständen, dass neue, dynamischere Konkurrenten am Markt aufkommen.

Dass es im Zuge der Corona-Hilfen zu Überförderungen gekommen ist, wurde schon länger kritisiert und auch vom Rechnungshof festgestellt. Doch die Analyse der Nationalbank ist die bisher umfassendste zu dem Thema. (András Szigetvari, 23.1.2023)