Beim Blick ins triste Regierungsviertel in St. Pölten scherzt Udo Landbauer darüber, die Landeshauptstadt nach Wiener Neustadt zu verlegen. Vor fünf Jahren blieb seine FPÖ bei der Landtagswahl hinter den Erwartungen zurück – damals platzte die Liederbuch-Affäre in den Wahlkampf. Vor der Landtagswahl am 29. Jänner werden den Freiheitlichen kräftige Zugewinne prognostiziert. Landbauer will Landeshauptmann werden.

"Wenn die Menschenrechte dazu führen, dass wir in Österreich 120.000 Asylanträge haben, ist es an der Zeit, einen eigenen Grundrechtskatalog für Österreich aufzulegen."
Foto: Helena Lea Manhartsberger

STANDARD: Würden Sie sich als Landeshauptmann den Menschenrechten verpflichtet fühlen?

Landbauer: Ich würde mich den Rechten der Landsleute verpflichtet fühlen. Denn der Begriff Menschenrechte ist mittlerweile schwammig. Was ist denn überhaupt ein Menschenrecht? Das müsste man einmal klären. Ich unterscheide zwischen Staatsbürger und Nichtstaatsbürger.

STANDARD: Der Begriff ist überhaupt nicht diffus: Die Europäische Menschenrechtskonvention steht in Österreich im Verfassungsrang. Das werden Sie akzeptieren müssen.

Landbauer: Es ist die Aufgabe der Politiker, auch geltendes Recht zu ändern, wenn man der Meinung ist, es ist nicht mehr passend. Wenn die Menschenrechte dazu führen, dass wir in Österreich 120.000 Asylanträge haben, ist es an der Zeit, einen eigenen Grundrechtskatalog für Österreich aufzulegen.

STANDARD: Sie wären als Landeshauptmann auch an die Pariser Klimaziele gebunden. Stellen Sie die auch infrage?

Landbauer: Ja. Denn Österreich verursacht 0,2 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen und hält sich an Vorgaben, die es der Industrie immer schwerer machen, wettbewerbsfähig zu produzieren. Gleichzeitig verschuldet China rund 30 Prozent der Emissionen und hält sich nicht an die Klimaziele.

STANDARD: Sie werden die Klimaziele als Landeshauptmann nicht abschaffen können, würden Sie dann – gesetzeskonform – auf diese Ziele hinarbeiten?

Landbauer: Ein Land wie Niederösterreich hat ja auch auf Bundesebene viel mitzureden – die Impfpflicht ist zum Beispiel durchgeboxt worden von Johanna Mikl-Leitner und Co. Wenn die Freiheitlichen in Niederösterreich den Landeshauptmann stellen, wäre auch der Weg für Neuwahlen im Bund und einen freiheitlichen Bundeskanzler frei. Der könnte dann wesentliche Dinge geraderücken.

STANDARD: Sie nennen die Aktivistinnen und Aktivisten der Letzten Generation "Klimaterroristen". Haben Sie keinerlei Respekt vor den Opfern eines echten Terrorismus?

Landbauer: Bei der Redewendung "jemanden terrorisieren" geht es ja auch nicht um Terror. Ihre Wortklauberei ist wirklich übertrieben.

STANDARD: Sie verharmlosen den Begriff.

Landbauer: Wieso fangen Sie mit solchen Begriffsdiskussionen an? Ich verwende das Wort "Terrorist" als Redewendung. Wir können jetzt stunden-, tage- oder wochenlang über Begrifflichkeiten diskutieren. Aber mir geht es ums Problem, das gehört angegangen.

STANDARD: Sie haben jahrelang jeden Rechtsextremismusvorwurf gegen die FPÖ damit abgewehrt, dass man damit echten Rechtsextremismus verharmlosen würde.

Landbauer: Ich habe den anderen nur vorgeworfen, was sie uns vorgeworfen haben. Das war ein Bumerang.

Udo Landbauer hält nach wie vor Kontakt zu Mitgliedern seiner früheren Burschenschaft: "Das sind ja keine schlechten Menschen."
Foto: Helena Lea Manhartsberger

STANDARD: Glauben Sie tatsächlich, dass Sie mit solchen Positionen Landeshauptmann werden können? Sie bewegen sich weit außerhalb des politischen Konsenses.

Landbauer: Wenn es sich nicht ausgeht, geht es sich nicht aus. Aber anders als zum Beispiel Frau Mikl-Leitner verspreche vor der Wahl keine Dinge, die ich gar nicht umsetzen will. Ich stehe zu meiner Überzeugung. Wenn ich damit fünf Prozent überzeugen kann, sind es fünf Prozent. Wenn ich 30 Prozent überzeugen kann, sind es 30 Prozent.

STANDARD: Schließen Sie eine Zusammenarbeit mit der ÖVP in jeglicher Form aus?

Landbauer: Das habe ich nie gemacht.

STANDARD: Sie wollen sie in die Opposition schicken.

Landbauer: Ich habe lediglich gesagt: Wir werden Johanna Mikl-Leitner nicht zur Landeshauptfrau wählen. Weil sie fünf Jahre lang bewiesen hat, dass sie es nicht kann. Sie brauchen aber nicht zu glauben, dass ich nicht Kontakt mit genügend anderen – auch hochrangigen – ÖVP-Funktionären hätte, die die Dinge anders sehen als Mikl-Leitner. Eine Erneuerung der ÖVP würde der Partei und dem Land guttun.

STANDARD: Werden Sie nach der Wahl sicher Landesrat?

Landbauer: Wir haben auch jetzt einen Landesrat (Gottfried Waldhäusl, Anm.), und ich bin Klubobmann. Wenn wir nicht tatsächlich mitregieren, würde es weiter so bleiben.

STANDARD: Warum halten Sie eigentlich am anachronistischen Proporzsystem fest, das Parteien automatisch in die Landesregierung hievt?

Landbauer: Ganz einfach: Hätten wir das Proporzsystem nicht, wäre die Landesregierung in den letzten fünf Jahren ausschließlich aus der ÖVP bestanden.

STANDARD: Sie wollen den Proporz, um selbst zu regieren. Eine erstaunlich ehrliche Antwort.

Landbauer: Na selbstverständlich! Weil es so zumindest noch die Möglichkeit gibt, zu erfahren, was die da drinnen beschließen, dagegen zu stimmen, dagegen zu arbeiten. Das halte ich demokratiepolitisch für wichtig.

STANDARD: Haben Sie noch Kontakt zu Mitgliedern Ihrer alten Burschenschaft, der mit dem Liederbuch?

Landbauer: Ja, selbstverständlich, es wohnen ja viele davon wie ich in Wiener Neustadt. Das sind ja alles keine schlechten Menschen. (Sebastian Fellner, 23.1.2023)