Fast ein ganzes Jahr lang muss man im steirischen Bezirk Hartberg-Fürstenfeld arbeiten, um sich die nötigen Eigenmittel für ein gebrauchtes Eigenheim leisten zu können. Angesichts eines Netto-Durchschnittskaufpreises von etwas mehr als 100.000 Euro liegen diese also bei rund 22.000 Euro. Vergleichsweise günstig ist es auch in den steirischen Bezirken Bruck-Mürzzuschlag (0,82 Jahreseinkommen) und Murtal (0,72 Jahreseinkommen) oder im niederösterreichischen Bezirk Neunkirchen mit 0,90 nötigen Jahreseinkommen für die Eigenmittel für ein gebrauchtes Eigenheim.

Die neuen Kreditvergaberegeln haben den Markt ab August des Vorjahres kräftig durcheinandergewirbelt.
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Wohlgemerkt: Die Rede ist hier vom Eigenmittelanteil, der seit einer Verschärfung der Kreditvergabe-Richtlinien seit dem August des Vorjahres notwendig ist, um überhaupt einen Kredit für den Erwerb eines Eigenheimes bekommen zu können. Das sind die mittlerweile berühmten 20 Prozent, die (gemeinsam mit anderen Kriterien) seit August für viele Suchende den Erwerb eines Eigenheims in weite Ferne rücken ließen – und auch Banken und Immobilienbranche zunehmend Sorgenfalten auf die Stirn treiben.

Kaufpreis- und Einkommensdaten

Hier gilt es aber zu differenzieren: In den erwähnten Bezirken sind die Umstände noch vergleichsweise rosig. In anderen Teilen des Landes sieht die Sache ganz anders aus. Besonders teuer ist der Erwerb eines Eigenheims in den westlichen Landeshauptstädten Bregenz, Innsbruck und Salzburg. Hier braucht man schon zwei- bis dreieinhalb Jahresgehälter, um die Eigenmittel für eine durchschnittliche gebrauchte Wohnung mit einem für die jeweilige Stadt durchschnittlichen Einkommen finanzieren zu können. Und im Bezirk Kitzbühel – traditionell ein ziemlicher Ausreißer nach oben in den Immobilienpreisstatistiken – sind es fast viereinhalb Jahresgehälter. Damit ist das malerische Kitzbühel auf ähnlichem Niveau wie die Wiener City, wo 4,57 Jahresgehälter notwendig sind.

Schon vor rund einem Jahr, als die Details der neuen Kreditvergaberegeln bekannt wurden, hat sich das Unternehmen Immo United, das seit vielen Jahren Kaufpreisdaten aus der Urkundensammlung des österreichischen Grundbuchs ausliest und analysiert, angeschaut, wie die diesbezügliche Lage in den österreichischen Landeshauptstädten ist: also wie hoch jeweils die Eigenmittel sein müssen und – in Relation dazu – wie viele durchschnittliche Jahreslöhne bzw. -gehälter jeweils nötig sind, um die Eigenmittel finanzieren zu können. DER STANDARD hat Immo United nun um aktuelle Kaufpreisdaten für gebrauchte Immobilien für alle Bezirke gebeten und sie mit Daten der Statistik Austria zum Einkommen der Österreicherinnen und Österreicher auf Bezirksebene "gematcht".

Das Ergebnis ist in der obigen Karte ersichtlich. In Bezirken, die in einer Grün-Variante eingefärbt sind, ist die 20-Prozent-Hürde noch deutlich niedriger als in den gelben. Wo es tieforange ist und schon eher in Richtung Rot geht, da ist die Leistbarkeit von Immobilien schon ein sehr großes Problem.

Stark gestiegene Preise

Dass besagte Leistbarkeit in den vergangenen Jahren massiv schwand, hat natürlich großteils mit den stark gestiegenen Preisen zu tun, mit denen die Einkommen bei weitem nicht Schritt halten konnten. Für viele Menschen ist der Traum vom Eigenheim angesichts der Preis-Rally am Immo-Markt besonders in Ballungsräumen längst in unerreichbare Ferne gerückt. Die verschärften Kreditvergaberegeln haben ab dem vergangenen Sommer aber nun eben dafür gesorgt, dass viele Menschen nicht einmal mehr einen Kredit bekommen können, um einen Kauf zu finanzieren. Neben dem Mindestanteil von 20 Prozent beim Eigenkapital wurde auch festgelegt, dass ein Hypothekarkredit maximal 35 Jahre lang laufen darf und die monatlichen Rückzahlungen 40 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens nicht überschreiten dürfen.

Wegen der neuen Vergaberegeln und auch wegen der steigenden Zinsen haben sich in den letzten Monaten die Vorzeichen am Immobilienmarkt fundamental geändert; die Rekordjagd bei den Immobilienpreisen sollte – vorerst – beendet sein.

Die derzeitige Ungewissheit bemerken seit einigen Monaten auch Immobilienmaklerinnen und Immobilienmakler. So ist die Vermarktungszeit für Wohnungen und Häuser gestiegen, während die Preise vielerorts stagniert sind. Käuferinnen und Verkäufer warten derzeit ab – und bei Ersteren wächst die Hoffnung, dass die Preise leicht sinken könnten. Aber ist das realistisch?

Das Jahr der Stagnation

Von einem erwarteten Sinken der Preise hat bisher nur das Maklernetzwerk Remax Anfang des Jahres berichtet. Die meisten Branchenkolleginnen und Branchenkollegen lehnen sich nicht ganz so weit aus dem Fenster. Beim Österreichischen Verband der Immobilienwirtschaft (ÖVI) war vor wenigen Tagen von einer Seitwärtsbewegung die Rede, bei EHL Immobilien spricht man von Preisen, die sich derzeit "in Starre" befinden.

Auch beim Unternehmen Immo Contract geht man von "spürbaren Auswirkungen" der Kreditvergabe-Richtlinien und der steigenden Zinsen auf den heimischen Immobilienmarkt aus. Viele Käuferinnen und Käufer würden daher aktuell Mietwohnungen als Zwischenlösungen anmieten. Mit einem Einbrechen der Preise rechnet man bei Immo Contract aber nicht – auch aufgrund der hohen Baukosten im Neubau.

Einig sind sich Immobilienbranche und Banken darin, dass es eine Erleichterung bei der Kreditvergabe braucht. Ein Problem für viele Menschen ist nämlich, dass derzeit auch Zwischenfinanzierungen – etwa wenn man die kleine Wohnung verkaufen möchte, um sich die größere Wohnung leisten zu können – nicht möglich sind.

Änderungen in Sicht

"Seit August sind die Neuanträge für Immobilienfinanzierungen im privaten Bereich bei uns um 63 Prozent gefallen", erklärte Heinrich Schaller, Generaldirektor der Raiffeisen-Landesbank Oberösterreich (RLB OÖ), kürzlich in einem Pressegespräch. Er hält eine Abschwächung der Regeln für "unbedingt nötig" – auch deshalb, weil die Baubranche massiv leide.

Man sei mit der Aufsicht "intensiv im Gespräch, dass man dieser Verordnung die schärfsten Zähne ziehen muss", sagte Schaller, vor allem bei Zwischenfinanzierungen, aber auch beim Eigenkapital und der maximalen Schuldenlast. In der Branche geht man davon aus, dass sich diesbezüglich im Frühjahr etwas tun könnte – und diese Veränderung schnell am Markt ankommen würde.

Dass sich das Problem der mangelnden Leistbarkeit aber, wenn die Preise nicht fallen, auf absehbare Zeit gravierend verbessern wird, darf bezweifelt werden. (24.1.2023)