Im Gastblog plädiert Ludwig Dvořák von der Arbeiterkammer Wien für eine Gesetzesreform, um im universitären Bereich gegen unsachliche Kettenbefristungen vorzugehen.

Wie oft darf ein Arbeitgeber oder eine Arbeitgeberin ein Arbeitsverhältnis befristen? Ein Twitter-Thread zu Arbeitsbedingungen beim ORF hat dem Thema in den letzten Tagen große öffentliche Aufmerksamkeit verschafft. Denn grundsätzlich sind mehrfache "Kettenbefristungen" in Österreich nur in seltenen Ausnahmefällen zulässig. Der OGH verlangt dafür "besondere soziale und wirtschaftliche Gründe". Eine ungewisse wirtschaftliche Lage oder die Bindung der Beschäftigung an eine Projektfinanzierung (OGH 9 ObA 4/18f) rechtfertigen eine Mehrfachbefristung nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung nicht. Je mehr Befristungen aneinandergereiht werden, desto strenger hat der Prüfmaßstab der Gerichte zu sein. Liegen keine besonderen Rechtfertigungsgründe vor, führt eine unzulässige Kettenbefristung zu einem unbefristeten Arbeitsverhältnis.

Die Begründung des OGH für diese Judikaturlinie ist überzeugend und stimmt bereits seit Jahrzehnten mit der Logik des EU-Befristungsrechts überein: Mehrfachbefristungen begünstigen die Umgehung von Schutznormen zugunsten der Beschäftigten. Sie sollen daher nicht dafür missbraucht werden, das betriebliche Risiko der Unternehmen auf die Beschäftigten abzuwälzen.

Paragraf 109 Universitätsgesetz (UG) erlaubt es, gewisse Personen im universitären Betrieb mehrfach zu befristen. Im Dezember des vergangenen Jahres wurde dagegen protestiert.
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Doch der Gesetzgeber durchbricht in mehreren Sondergesetzen diese vernünftige Grundregel des österreichischen Arbeitsrechts: Neben der zuletzt diskutierten Ausnahme für journalistische Mitarbeitende in § 32 Abs 5 ORF-Gesetz ist der § 109 Universitätsgesetz (UG) das zahlenmäßig bedeutendste Beispiel. Insbesondere Uni-Assistentinnen und Uni-Assistenten, Mitarbeitende in Forschungsprojekten und ausschließlich in der Lehre eingesetzte Personen dürfen mehrfach befristet werden.

In der Personalpolitik der Universitäten hat sich diese Sonderausnahme derart verfestigt, dass ein Auslaufen der Befristungsmöglichkeit in der Praxis wie ein "Beschäftigungsverbot" behandelt wird. Wer nicht befristet angestellt werden kann, wird gar nicht angestellt. Das ist auch vor dem Hintergrund des liberalen österreichischen Kündigungsrechts nicht wirklich logisch, entspricht aber der real gelebten Praxis. Ein unbefristetes Arbeitsverhältnis ist daher oft nur dann erreichbar, wenn eine Verletzung der Befristungsregeln nachgewiesen werden kann.

Diskriminierung durch Befristung

Hier kommt nun das Unionsrecht in Spiel: Bis zur letzten Novelle des Universitätsgesetzes sah der § 109 UG ausdrücklich vor, dass diese Mehrfachbefristungen für Vollzeit- und Teilzeit-Beschäftigte unterschiedlich lang dauern konnten: Vollzeitbeschäftigte durften bis zu zehn Jahre, Teilzeitbeschäftigte sogar zwölf Jahre lang mehrmals befristet werden. Der EuGH erkannte in dieser Verschiedenbehandlung eine potenzielle Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten. Die nationalen Gerichte hätten zu klären, ob für diese Ungleichbehandlung sachliche Rechtfertigungsgründe bestehen (EuGH C-274/18).

Der OGH brachte das Ausgangsverfahren nun Ende 2022 zu einem Abschluss (OGH 8 ObA 21/22d). Die Universität hatte argumentiert, dass die längere Befristung eigentlich ein Vorteil für die Mitarbeiterin gewesen sei, weil sie sich länger bewähren und noch weiter qualifizieren hätte können. Das überzeugte das Höchstgericht ebenso wenig wie die Vorinstanzen: Gerade in Hinblick auf die unklaren Aussichten für eine Weiterbeschäftigung an den Universitäten sei eine Verlängerung der befristeten Unsicherheitsphase für die Mitarbeitenden ein erheblicher Nachteil. Verbesserte Karrierechancen durch eine längere Befristung seien im konkreten Fall nicht erkennbar. Die Klägerin sei als Teilzeitbeschäftigte unzulässig diskriminiert worden. Das Bestehen eines aufrechten, unbefristeten Arbeitsverhältnisses wurde bestätigt.

Sonderfall Teilzeitbeschäftigte

Der Gesetzgeber hat zwar bereits im Herbst 2021 den § 109 UG novelliert, die grundlegenden Probleme dieser Bestimmung dabei aber nur kosmetisch gelöst. Zwar wurden die expliziten unterschiedlichen Befristungsdauern für Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigte – durch eine faktische Verlängerung der Höchstbefristung für Vollzeitbeschäftigte – beseitigt. Die neue, noch komplizierter und unübersichtlich gestaltete Regelung strotzt aber weiterhin vor Ungleichbehandlungen. So dürfen zum Beispiel Lektorinnen und Lektoren – die per kollektivvertraglicher Definition Teilzeitbeschäftigte sind – innerhalb von acht Studienjahren unbegrenzt oft befristet werden, während es für andere Universitätsbedienstete immerhin Grenzen für die Zahl der Befristungen gibt. Hier spricht viel für eine fortgesetzte Teilzeitdiskriminierung.

Anpassung an österreichisches Arbeitsrecht notwendig

Vor allem aber ignoriert der Gesetzgeber weiterhin das unionsrechtliche Damoklesschwert, das über den Sonderbefristungsregeln des ORF-Gesetzes und des UG baumelt und das auch der OGH in seiner aktuellen Entscheidung zitiert: Kettenbefristungen sind insbesondere dann als unsachlich anzusehen, wenn sie in Wirklichkeit nicht zur Deckung eines zeitweiligen Erfordernisses eingesetzt werden, sondern um einen dauerhaften Arbeitskräftebedarf des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin abzudecken (EuGH C-614/15). Genau diesen Eindruck hinterlässt aber die Personalpolitik der Universitäten: Eine Aufrechterhaltung des Lehrbetriebs wäre ohne Nachwuchswissenschafterinnen und Nachwuchswissenschaftern sowie Lektorinnen und Lektoren undenkbar, trotzdem werden sie aber nur befristet oder eben gar nicht beschäftigt.

Der Gesetzgeber wäre gefordert, der Prekarisierung von Arbeitsbedingungen von Nachwuchsforscherinnen und Nachwuchsforschern endlich einen Riegel vorzuschieben. Die durch die letzte Gesetzesänderung mit ihren komplizierten Übergangsbestimmungen neuerlich verschärfte Unsicherheit bedürfte einer großen Lösung. Gemeinsam mit den notwendigen Budgetmittel für die Hochschulen sollten für den Nachwuchs an den Universitäten endlich ordentliche Arbeitsbedingungen gesichert werden. Dafür müssten auch die Befristungsregeln im UG (ebenso wie im ORF-Gesetz) endlich an die Normalität des österreichischen Arbeitsrechts angepasst werden. Bis dahin bleiben einzelne Beschäftigte darauf verwiesen, ihre Ansprüche auf unbefristete Arbeitsverhältnisse in aufwendigen Einzelverfahren durchzusetzen. (Ludwig Dvořák, 23.1.2023)