In Brüssel kam es während des Außenministertreffens zu Demonstrationen gegen das iranische Regime.

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Brüssel/London/Washington/Teheran – Die EU-Staaten haben sich der schwedischen Ratspräsidentschaft zufolge am Montag auf neue Sanktionen gegen den Iran verständigt. Diese würden sich gegen "diejenigen richten, die die Unterdrückung vorantreiben", hieß es laut Reuters. Die EU verurteile das brutale und unverhältnismäßige Vorgehen der iranischen Behörden gegen friedliche Demonstranten. Seit Mitte September geht die Führung des Iran mit Massenverhaftungen und Todesurteilen gegen Demonstranten vor.

Die Strafmaßnahmen sehen vor, in der EU vorhandene Vermögenswerte einzufrieren und Einreiseverbote zu erlassen. Konkret treffen sie laut dem EU-Amtsblatt unter anderem Sport- und Jugendminister Hamid Sajjadi, zahlreiche regionale Ableger des Korps der iranischen Revolutionsgarden und die Dachorganisation der Sittenwächter.

Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) hatte sich vor Beginn des Treffens der EU-Außenminister klar für die neuen Sanktionen ausgesprochen. In dieser Frage "braucht es jetzt klare Kante", sagte er am Montag in Brüssel. Er habe allerdings "die Hoffnung gehabt, dass wir den Iran über das Wiener Atomabkommen wieder zurück an den Tisch der internationalen Gemeinschaft" bringen. Schallenberg zeigte sich enttäuscht: "Sanktionen sind irgendwo immer das Ende des diplomatischen Alphabets, das heißt, dass andere Maßnahmen nicht gefruchtet haben."

Schallenberg: "Iran auf Kollisionskurs"

Momentan sei der Iran auf "Kollisionskurs mit uns und seinen eigenen Menschen", betonte der Außenminister. Das Regime in Teheran versuche "zivilgesellschaftliche Bewegungen mit aller Brutalität niederzuschlagen" und werfe gleichzeitig in der Frage des Atomprogramms "alle Sicherheitsmechanismen über Bord".

Der Iran bewege sich "offenbar fast schon mit Lichtgeschwindigkeit in die falsche Richtung", so Schallenberg auch im Hinblick auf die Drohnenlieferungen an Russland. Was die Iran-Sanktionen der Europäischen Union betrifft, erklärte er: "Ich glaube, wir können auch noch weiter gehen – und werden vermutlich auch noch weiter gehen müssen."

Weitere Waffenlieferungen an Ukraine geplant

Zudem sollten die Minister bei ihrem Treffen am Montag zustimmen, dass weitere 500 Millionen Euro für die Lieferung von Waffen und Ausrüstung an die ukrainischen Streitkräfte zur Verfügung gestellt werden können. Mit der Freigabe würde die bisher bewilligte Gesamtsumme der EU auf 3,5 Milliarden Euro steigen. Nach Angaben eines EU-Beamten geht es zudem um zusätzliche 45 Millionen Euro für die neue EU-Ausbildungsmission für ukrainische Streitkräfte. Sie soll die ukrainischen Soldaten in die Lage versetzen, sich noch besser gegen die angreifenden Truppen Russlands zur Wehr zu setzen.

Auch wollten die EU-Außenminister über die Ahndung von Kriegsverbrechen Russlands in der Ukraine debattieren. Es sei ein "ganz wesentlicher Punkt für die Europäische Union", die Verantwortung müsse am Ende sichergestellt werden, so Schallenberg. "Ich stehe offen gegenüber einem Sondertribunal, nur nutzt es uns wenig, wenn das bis 2025/26 braucht, bis es steht." Außerdem dürfte es bestehende Instanzen wie den Internationalen Strafgerichtshof "nicht mit einem Fragezeichen versehen".

London und Washington verhängen Sanktionen gegen paramilitärische Einheit im Iran

Wegen der schweren Menschenrechtsverletzungen im Iran haben auch Großbritannien und die USA weitere Sanktionen gegen das Land beschlossen. Man habe die paramilitärische Basij-Miliz und mehrere Amtsträger der iranischen Führung sanktioniert, teilte das britische Außenministerium am Montag mit. "Die, die heute sanktioniert werden (...), stehen im Mittelpunkt der brutalen Unterdrückung des iranischen Volkes durch das Regime", sagte Außenminister James Cleverly einer Mitteilung zufolge. Großbritannien und seine internationalen Partner wollten mit den Sanktionen die klare Botschaft senden, dass es "kein Versteck für diejenigen geben wird, die sich der schlimmsten Menschenrechtsverletzungen schuldig gemacht haben".

Auch die US-Regierung weitet ihre Sanktionen gegen den Iran aus. Diese träfen konkret den stellvertretenden Geheimdienstminister des Iran und vier Befehlshaber der Revolutionsgarden, die für die gewaltsame Niederschlagung von regierungskritischen Protesten verantwortlich seien. Außerdem werde ein Firmenverbund und fünf seiner Aufsichtsratsmitglieder ins Visier genommen, die die wirtschaftlichen Aktivitäten der Revolutionsgarden steuerten, hieß es. Das Eigentum der betroffenen Individuen und Körperschaften in den USA müsse eingefroren werden.

Die Basij-e Mostasafin ("Mobilisierte der Unterdrückten") ist eine paramilitärische Einheit im Iran. Gegründet nach der Islamischen Revolution 1979 und rekrutiert aus jungen Teilen der Gesellschaft, spielt die Miliz eine zentrale Rolle bei der Unterdrückung von Protesten im Land. Die Miliz ist Teil der Revolutionsgarden, ihr sollen mehrere Hunderttausend systemtreue Anhänger angehören. Neben der Miliz steht unter anderem auch Kiumars Heydari auf der britischen Sanktionsliste – er ist Kommandant der iranischen Bodenstreitkräfte.

Die Revolutionsgarden werden maßgeblich für die Niederschlagung der seit Monaten andauernden Proteste im Iran verantwortlich gemacht. Sie sind Irans Elitestreitkräfte, die die Staatsideologie schützen und vor allem einen Putsch verhindern sollen. In den vergangenen Jahrzehnten ist die Einheit auch zu einer Wirtschaftsmacht aufgestiegen. (APA, red, 23.1.2023)