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Neuester Politvorschlag: Spitalsärztinnen in Teilzeit künftig auch 20 Wochenstunden in einer Kassenordination zu ermöglichen.

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Offene ärztliche Stellen in Krankenhäusern zu besetzen wird immer schwieriger, Medizinerinnen für den niedergelassenen Bereich auf Kasse zu finden auch. Zugleich steigt die Zahl der Wahlärztinnen und Wahlärzte: Im Jahr 2010 gab es laut Ärztekammer noch 7742 niedergelassene Ärztinnen und Ärzte ohne Kassenvertrag, genau 11.189 zählte die Kammer dann bereits im vorigen Jahr.

Der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) würde nun gern zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen und kündigte im STANDARD-Interview "einen Tabubruch" an: Er wolle erlauben, dass jemand an einem Spital angestellt und zugleich in einer Kassenordination tätig ist. "Ich habe kein Problem damit, wenn jemand 20 Stunden im Spital arbeitet und 20 Stunden in einer Kassenordination", sagte Hacker Ende letzter Woche. "Das wird ein Tabubruch sein. Aber wir werden in diese Richtung gehen", fügte er hinzu.

Zugleich schwebt Hacker vor, die vielfältigen Optionen für Wahlärztinnen und Wahlärzte mit Spitalsanstellung einzudämmen: Man lasse derzeit zu, "dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die nur zehn bis 20 Stunden beschäftigt sind, auch in einer Wahlarztordination tätig sind. Es könnte sein, dass wir das ändern", sagte Hacker. Dann sollten nur noch Ärztinnen und Ärzte, die Vollzeit im Spital arbeiten, Wahlarztpraxen betreiben dürfen.

Vorschlag bei Grippewelle

Als kurz vor Weihnachten die Kinderarztpraxen und Spitalsabteilungen aufgrund von Grippe- und RSV-Viren überlastet waren, hatte sich Andreas Huss, Arbeitnehmervertreter in der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) und derzeit deren Vizeobmann, in der Krone für das Arbeiten von Spitalsärztinnen und Spitalsärzten in Kassenpraxen ausgesprochen. Huss argumentierte damit, dass dies besser wäre, als wenn noch mehr Ärzte in private Einrichtungen abwandern würden.

Hacker kann für die Spitäler des Wiener Gesundheitsverbunds (Wigev) Vorgaben machen. Aktuell sind dort Varianten von diversen Teilzeit- bis ganzen Vollzeitanstellungen, gepaart mit Wahlarzttätigkeiten, Usus. Wobei so eine Nebenbeschäftigung als Wahlärztin oder Wahlarzt genehmigungspflichtig ist, wie seitens des Wigev betont wird. In der Regel werde dafür aber grünes Licht gegeben. Dass jemand neben der Spitalsanstellung auch in einer Kassenordination arbeitet, ist dort aktuell nicht vorgesehen.

Laut ÖGK zulässig

Aus gesamtvertraglicher Sicht ist eine parallele Tätigkeit im Spital und mit Kassenvertrag bereits zulässig, teilt die ÖGK auf Nachfrage mit. Es müsse aber sinnvoll sein, also sei zum Beispiel nicht beides in vollem Ausmaß möglich.

Eine Kassenärztin oder ein Kassenarzt muss laut ÖGK eine Nebentätigkeit an Kammer und Kasse melden und ab einem gewissen Ausmaß bewilligen lassen. Der Sinn dahinter sei, die vertragsärztliche Tätigkeit nicht durch Nebentätigkeiten in größerem Ausmaß zu beeinträchtigen. Eine volle Kassenstelle ist mit einer Mindestordinationszeit von 20 Wochenstunden verbunden. Es wäre inzwischen möglich, diese Stelle zu zweit zu besetzen und die Ordinationszeit aufzuteilen.

Die Ärztekammer hat für Hackers Vorschlag aber nur Kritik übrig – und zwar explizit für jenen Teil, der sich auf das Wahlarztdasein von Spitalsärztinnen und Spitalsärzten bezieht: "Die Idee, dass Ärztinnen und Ärzte nur noch eine Wahlarztordination betreiben dürfen, wenn sie gleichzeitig Vollzeit im Spital arbeiten, ist eine sehr realitätsfremde und gefährliche Idee", teilte Stefan Ferenci, Obmann der Kurie angestellte Ärzte und Vizepräsident der Wiener Ärztekammer, in einem Statement mit.

Kammer warnt vor Exodus

Die Änderung hätte nach Ferencis Einschätzung zur Folge, dass "Ärztinnen und Ärzte daraufhin das Spital verlassen und sich voll auf ihre Wahlarzttätigkeit konzentrieren würden". Das würde "den Versorgungsnotstand" in den Spitälern verschärfen. Dass die Wahlarztzahlen zunehmen, liege an den "unattraktiven Arbeitsbedingungen im öffentlichen Gesundheitssystem"; diese seien zu verbessern.

Hacker meinte auf die Frage, ob die Spitalsträger besser zahlen müssten, um den Wahlarztboom einzudämmen, im STANDARD-Interview: "Ich kann nicht jedem Oberarzt 300.000 Euro im Jahr zahlen. Das wird es nicht spielen." (Gudrun Springer, 23.1.2023)