Beim Wahlkampfauftakt in Villach stimmte Peter Kaiser die rote Funktionärsbasis auf einen langen "Wahlkampfmarathon" ein.

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Den ersten Platz wird Landeshauptmann Peter Kaiser für seine SPÖ in Kärnten bei der Landtagswahl am 5. März aller Voraussicht nach wohl behalten. Zu groß ist der Abstand zu den anderen Parteien. Dennoch bleibt diese Wahl spannend. Sollte die SPÖ unter 40 Prozent fallen, wäre dies ein herber Rückschlag – auch für die Bundes-SPÖ.

Die demonstrative Präsenz der Bundesvorsitzenden Pamela Rendi-Wagner am Wochenende beim Kärntner Wahlkampfauftakt unterstreicht die Bedeutung dieser Landeswahl. Für die an der Klagenfurter FH und Uni lehrende Politikwissenschafterin Kathrin Stainer-Hämmerle ist für Kärnten auch entscheidend, mit wem Kaiser in Zukunft koalieren kann. Es ist alles offen.

STANDARD: Muss Peter Kaiser Angst vor den Landtagswahlen haben?

Stainer-Hämmerle: Nein, muss er nicht. Er nennt als Ziel, die 40-Prozent-Marke nicht zu unterschreiten. Die Umfragen zeigen derzeit diese Gefahr ohnehin nicht. Der erste Platz scheint der SPÖ sicher, und der Abstand zu den anderen Parteien ist groß genug, sodass Peter Kaiser bei der Auswahl des Koalitionspartners eine große Bandbreite hat. Unabhängig davon, ob weiter nur vier Parteien im Landtag sitzen oder sechs.

STANDARD: Wie wichtig ist diese Kärntner Landtagswahl für die Bundespartei?

Stainer-Hämmerle: Die SPÖ wird wohl bei keiner Landtagswahl 2023 deutlich Stimmen gewinnen. Vor allem im Vergleich zur FPÖ. In Kärnten aber kann sie durch ihren Platz eins den Anspruch auf den Landeshauptmann stellen. Dieser Führungsanspruch ist auch als Erfolg für die Bundespartei wichtig – und für Rendi-Wagner ganz besonders, weil sich der Kärntner Landeshauptmann nicht mit Kritik an ihr zu profilieren versucht. Anders als im Burgenland.

STANDARD: Steht seine Partei geschlossen hinter ihm? Hin und wieder ist von einer kleinen Rebellengruppe die Rede, die mehr Macht und Posten in der Partei möchte.

Stainer-Hämmerle: Die Frage ist, ob Peter Kaiser bis zum Ende der Legislaturperiode bleibt und es nach seinem Rücktritt zu einem größeren Umbau in der Landesregierung kommt. Da gibt es sicher Grüppchen, die sich schon in Position bringen wollen. Aber den Wahlkampf stört das nicht. Der Partei muss klar sein, dass Geschlossenheit entscheidend ist. Und Kaiser wirkt alles andere als amtsmüde.

STANDARD: Was hat Peter Kaiser in dieser Legislaturperiode verabsäumt? Welche Probleme sind liegen geblieben? Stichwort: Kärnten liegt in der Wirtschaftsentwicklung im Österreich-Schnitt nach wie nicht optimal.

Stainer-Hämmerle: Seine größte Aufgabe war die Imagekorrektur des Landes in Richtung Verlässlichkeit und Seriosität. Das war für den Wirtschaftsstandort entscheidend, und die Unternehmen scheinen durchaus zufrieden, selbst wenn aus Kärnten nie Oberösterreich oder Vorarlberg wird. Wichtig wäre eine weiterreichende Vision für das Bundesland. Im Ausbau der Koralmbahn liegen hier Chancen. Schwierig ist immer noch die demografische Entwicklung, insbesondere im ländlichen Raum. Die Kärntner werden weniger und älter. Da gilt es bei Bildung bis Pflege und vor allem für die Aufnahme von Zuwanderern noch einiges zu tun.

STANDARD: Der ehemalige SPÖ-Politiker und jetzige Bürgermeister von Spittal an der Drau, Gerhard Köfer, der in Kärnten den Stronach-Ableger Team Kärnten anführt, sagte dieser Tage, er wolle gegen Peter Kaiser als Landeshauptmannkandidat antreten. Hat er Chancen?

Stainer-Hämmerle: Gerhard Köfer ist sicher nicht zu unterschätzen, er ist schlagfertig und in Diskussionsrunden sehr präsent. Er ist ein Kommunikationstalent und vermittelt Bürgernähe. Damit er Peter Kaiser wirklich ablöst, bräuchte er aber eine Mehrheit mit FPÖ und ÖVP. Es ginge sich aus, wenn die Grünen nicht hineinkommen. Aber ein Zusammenschluss gegen die stärkste Partei wäre doch ein politisches Experiment, das die ohnehin stärkere Polarisierung im Land vorantreiben könnte. Wahrscheinlicher ist, dass das Team Kärnten als alternativer Juniorpartner mit der SPÖ verhandelt. Wobei Köfer seinen Bürgermeisterjob sicher nicht für einen Landesrat aufgeben wird.

STANDARD: Wird nicht die Koalition mit der ÖVP ohnehin fortgesetzt?

Stainer-Hämmerle: Die ÖVP droht bei dieser Wahl hinter das Team Kärnten auf den vierten Platz durchgereicht zu werden. Das ist zum Teil das Dilemma eines Juniorpartners, sich zu wenig profilieren zu können gegenüber dem Landeshauptmannbonus. Andererseits schadet auch die Bundespartei. Für erfolgreiche Koalitionsverhandlungen braucht es zusätzlich ein persönliches Vertrauensverhältnis, das durch den Flughafenkonflikt zwischen Kaiser und Martin Gruber belastet wurde. Sollte die ÖVP in Richtung Einstelligkeit verlieren, wird der Druck auf Gruber auch interparteilich groß.

STANDARD: Was ist der FPÖ eigentlich zuzutrauen? Sie steigt in den Umfragen zwar parallel mit dem Bundestrend, in Kärnten selbst ist sie bisher aber kaum erfolgreich.

Stainer-Hämmerle: Sie muss mit 23 Prozent schon ein hohes Niveau verteidigen. Mit Köfer und der neuen Partei von Todor-Kostic haben sie regionale Konkurrenten, die bei Pandemie und Zuwanderung ähnliche Positionen vertreten. Aber der Rückenwind durch diese Themen, auch bemerkbar im Bund, spielt der FPÖ in die Hände. Die Kärntner FPÖ mit Erwin Angerer agiert aber im Vergleich zur Kickl-FPÖ gemäßigter.

STANDARD: Eine für spätere Koalitionen nicht unwesentliche Frage: Werden die Grünen einen Wiedereinzug in den Landtag schaffen?

Stainer-Hämmerle: Die Grünen haben jedenfalls die besseren Voraussetzungen als die Neos. Mit der Nationalratsabgeordneten Olga Voglauer als Spitzenkandidatin gehen sie mit der einzigen Frau ins Rennen. Voglauer besitzt politische Erfahrung und kann auf Ressourcen zurückgreifen. Die SPÖ und die Grünen sind sicher kommunizierende Gefäße und werden Wähler austauschen. Wer also mit der SPÖ nicht zufrieden ist, hat mit den Grünen eine Alternative. Für die Grünen ist Kärnten aber auch eine wichtige Testwahl für die Frage: Wie zufrieden sind ihre Anhänger mit der grünen Regierungsbeteiligung im Bund? (Walter Müller, 24.1.2023)