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Regalschlichten bis ins höhere Alter? Derzeit sind es zu zwei Dritteln Selbstständige, die freiwillig neben der Pension weiterarbeiten. Sie können über ihre Arbeitsbedingungen viel mehr bestimmen als Arbeitnehmer.

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Peter Kostelka will sich eine süffisante Bemerkung nicht verkneifen. "Der Arbeitskräftemangel lässt die Liebe zu älteren Arbeitnehmern einschießen", kommentiert der Präsident des SPÖ-nahen Pensionistenverbandes. In der Realität sei bis dato davon wenig zu spüren gewesen: Aus Sicht der Seniorenlobby kümmern sich Unternehmen nur unzureichend um gesündere Arbeitsbedingungen, die ein Berufsleben bis ins höhere Alter ermöglichten.

Anlass von Kostelkas Feststellung sind jene Pläne, denen sich die Regierung nun in einer Arbeitsgruppe widmet. Um den Fachkräftemangel zu lindern, will die ÖVP ältere Menschen mit "Anreizen" motivieren, neben dem Bezug ihrer Pension weiterzuarbeiten. Konkret schwebt der Kanzlerpartei vor, dass der Staat in solchen Fällen auf die Beiträge für die Pensionsversicherung verzichten soll – und zwar nicht nur auf die 10,25 Prozent, die Arbeitnehmer vom Einkommen abliefern müssen, sondern auch auf die 12,55 Prozent der Arbeitgeber.

Dumping zulasten Arbeitsloser?

Genau für die Entlastung der Unternehmer kann Kostelka aber nicht die geringste Begründung entdecken. Erstens drohe "Dumping" zulasten arbeitsloser Menschen im Alter von 55 Jahren plus: Arbeitswillige Pensionistinnen kämen dann billiger als Werktätige, die um den Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt kämpften. Zweitens sei es skurril, dass gerade jene Arbeitnehmervertreter in eigener Sache nach einer Senkung der Versicherungsbeiträge riefen, die sonst bei jeder Gelegenheit über die Finanzierungslücke im Pensionssystem klagten.

Als Alternative schlägt Kostelka vor, das Arbeiten in der Pension mit Steuererleichterungen zu fördern. Doch das Pensionssystem zu schwächen, nur weil sich ein paar Unternehmen Beiträge ersparen wollten, sei indiskutabel.

Korosec will sich nicht versteifen

Warum die ÖVP diesen Weg angepeilt hat? "Weil es der logischste ist", sagt Ingrid Korosec, Chefin des Seniorenbundes der Partei. Es sei nicht einsichtig, dass Pensionsbezieher noch weiterhin in die Versicherung einzahlen müssten, wenn sie am Ende davon nur wenig hätten: Von den geringen Zuschlägen zur Pension bleibe nach Abzug von Beiträgen und Steuern kaum etwas übrig.

Aber sie versteife sich keinesfalls auf diese eine Lösung, merkt Korosec an. Stattdessen können man genauso über Steuererleichterungen diskutieren, wie sie auch der grüne Koalitionspartner der ÖVP bevorzugt: "Solange irgendetwas passiert."

Angriff auf die Aliquotierung

Auf einer Wellenlänge sind die Seniorenvertreter beider Seiten bei der Forderung, die sogenannte Aliquotierung bei der ersten Inflationsanpassung der Pension abzuschaffen. Diese führt dazu, dass neu angetretene Pensionistinnen und Pensionisten nur dann die volle Erhöhung erhalten, wenn sie im Jänner in den Ruhestand treten. Von Monat zu Monat schrumpft das Plus um zehn Prozent. Wer im November oder Dezember in Pension geht, bekommt im ersten Jahr gar keine Erhöhung mehr.

Gerade die wegen der Teuerung anstehende saftige Pensionsanpassung von wohl etwa acht bis neun Prozent führe dazu, dass ein paar Monate auf und ab einen Riesenunterschied ausmachten, argumentiert Kostelka. Wer später im Jahr geht, verbuche Verluste, die nie mehr aufzuholen seien: Damit würden Menschen dafür bestraft, dass sie länger arbeiteten.

Apropos Inflation: Weil die Preise immer noch so hoch seien, dass manche Pensionistinnen und Pensionisten um das Heizen ihrer Wohnungen kämpften, fordert Kostelka eine vorgezogene Anpassung: Ein Teil der mit Jahresbeginn fälligen acht bis neun Prozent solle bereits im heurigen Sommer ausbezahlt werden. (Gerald John, 25.1.2023)