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Die Weltuntergangsuhr zeigt seit dem 24.1.2023: Wir sind symbolische 90 Sekunden vom Doomsday entfernt.
Foto: APA/AFP/Getty

So nah am Weltuntergang war die Erde noch nie, wenn es nach der "Doomsday Clock" geht: Die Menschheit steht bei 90 Sekunden vor Mitternacht. Diese symbolische Uhrzeit zeigt an, wie groß die Gefahr einer lebensvernichtenden globalen Katastrophe ist, und dürfte auch die gestiegene Angst vor einer nuklearen Eskalation repräsentieren. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine seit vergangenem Februar sorgte für ein rasant angestiegenes Risiko – etwa einen Monat nachdem zuletzt der Stand der Weltuntergangsuhr veröffentlicht worden war.

Dies geschah an ihrem 75. Geburtstag, denn bereits seit 1947 wird die Doomsday Clock jährlich aktualisiert – ob näher am mitternächtlichen Katastrophenfall oder weiter entfernt. Die größte Sicherheit wurde bisher mit 17 Minuten vor Mitternacht beschrieben, nach dem Ende des Kalten Krieges. Ein neuer Höchststand in Sachen Risiko wurde 2020 festgelegt mit weniger als zwei Minuten vor Mitternacht, genauer: 100 Sekunden davor.

Aufrüstung bei Atomwaffen

Nun wurde die Weltuntergangsuhr gleich um zehn Sekunden vorgerückt, wie der zuständige Aufsichtsrat des "Bulletin of the Atomic Scientists" – dem etliche Nobelpreisträger angehören – am Dienstag mitteilte. Der Hauptgrund dafür veranlasste den Rat dazu, die entsprechende Mitteilung erstmals nicht nur auf Englisch, sondern auch auf Russisch und Ukrainisch zu veröffentlichen. Dies zeigt, wie groß die Bedrohung für nukleare Anschläge derzeit ist und wie notwendig ein Friedensschluss.

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Einige Mitglieder des "Bulletin of the Atomic Scientists"-Magazins bei der Enthüllung der neuen Doomsday-Clock-Anzeige.
Foto: Anna Moneymaker / Getty / APA / AFP

Der Krieg Russlands habe internationale Verhaltensnormen ausgehöhlt, heißt es in der Stellungnahme: "Und das Schlimmste ist, dass Russlands kaum verhüllte Drohungen mit dem Einsatz von Atomwaffen die Welt daran erinnern, dass eine Eskalation des Konflikts – durch einen Unfall, Absicht oder Fehlkalkulation – ein schreckliches Risiko darstellt."

Pandemien und Klimakatastrophe

Neben Russland trugen aber auch andere Staaten dazu bei, die globale Gefahr von Atomwaffenangriffen zu steigern. Dazu gehören Nordkorea, China und die USA sowie Indien und Pakistan, die weiterhin – oder erneut – ihr Atomwaffenarsenal in großem Stil modernisieren und ausweiten wollen.

Nicht nur nukleare Katastrophen sorgen für die dramatischen eineinhalb Minuten, die die Zeiger nun vor Mitternacht stehen. So zeigten die Covid-19-Pandemie, aber auch weitere Einschätzungen von Fachleuten, dass Infektionskrankheiten ein weltweites Risiko darstellen und die Menschheit bedrohen können – bei der Hälfte handelt es sich um Zoonosen, also Krankheiten, die von Tieren auf Menschen überspringen. Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Klimakrise: Die weiterhin ansteigenden CO2-Emissionen veranschaulichen, dass keine weltweite Trendwende in Sicht ist und die steigenden Temperaturen für vermehrte Naturkatastrophen und Gesundheitsprobleme sorgen werden.

Menschengemachte Gefahren

Nicht zuletzt sorgt auch der Ukraine-Krieg dafür, dass die Klimakrise verschärft wird, wie die Fachleute betonten. Die Abhängigkeit von russischem Gas sorgte für viele Staaten dafür, dass sie ihre Suche nach und ihr Investment in Erdgas in anderen Regionen verstärkten. Immer stärker sind die unterschiedlichen Bedrohungen miteinander verknüpft, halten die Expertinnen und Experten fest: Jede der Krisen "illustriert die mangelnde Bereitschaft der Oberhäupter, im wahren und langfristigen Interesse ihrer Völker zu handeln", sagt etwa Mary Robinson, ehemalige UN-Hochkommissarin für Menschenrechte.

Bei der Doomsday Clock geht es vorrangig um menschengemachte Gefahren – von Nuklearwaffen über die Klimakrise bis hin zu biotechnologischen Risiken. Der ehemalige UN-Generalsekretär Ban Ki-moon, der vor drei Jahren die vorangegangene Verschärfung der symbolischen Uhrzeit verkündete, teilt mit: "Die Führenden in der Politik haben die Warnungen der Weltuntergangsuhr im Jahr 2020 nicht beachtet. Wir alle zahlen weiterhin den Preis dafür. Im Jahr 2023 ist es für uns alle wichtig, dass sie handeln." (Julia Sica, 24.1.2023)