Der öffentliche Verkehr ist nicht ohne Grund ein heiß diskutiertes Wahlkampfthema in Niederösterreich: Im flächenmäßig größten Bundesland ist es besonders schwierig, ein dichtes Angebot an öffentlichen Verkehrsmittel anzubieten. Dazu kommt, dass in der Vergangenheit Einschnitte beim Öffi-Ausbau gemacht wurden.

Viele Niederösterreicher sehen sich so gezwungen, ins Auto zu steigen. Rund zwei Drittel pendeln jeden Tag mit dem Auto in die Arbeit. Überhaupt ist Niederösterreich ein wahres Pendlerbundesland, denn nur ungefähr ein Fünftel arbeitet noch im Heimatort. Für den Arbeitsweg extra früher aufzustehen zählt somit zum Alltag. Über die Hälfte der Personen in Niederösterreich pendelt in einen anderen Bezirk zur Arbeit.

Nur sieben Prozent genießen laut TU-Studie eine sehr gute öffentliche Anbindung.
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Das ergab eine Studie der Technischen Universität (TU) Wien, die von der Arbeiterkammer (AK) in Auftrag gegeben wurde. Besonders hoch ist die Anzahl der Autofahrer: 65 Prozent der Pendlerinnen nutzen den Individualverkehr, um in die Arbeit zu kommen.

In den letzten Jahren sei vor allem die Konzentration auf den Straßenbau und auf Parkplätze rund um Bahnhöfe gelegt worden. Viele Regional- und Nebenbahnen wurden hingegen eingestellt, etwa die Donauuferbahn oder das Schweinbarther Kreuz, erklärt Thomas Kronister von der AK, der die TU-Studie betreut hat.

Zubringer als Heilmittel

Nun sei es neben dem Bahnausbau wichtig, Zubringerstrecken auszubauen, um die Menschen aus dem Auto zu holen. "Fährt ein Bus oft, wird er genutzt", sagt Kronister.

Dass es Aufholbedarf in puncto öffentlicher Verkehr gibt, wissen auch die Parteien. Mit der "blau-gelben Bahnoffensive" will die ÖVP in den nächsten 20 Jahren insgesamt 2,3 Milliarden Euro in den Schienenverkehr investieren. Zusätzlich sollen Zubringerstrecken attraktiver gemacht werden. Die SPÖ kritisiert vor allem das unzureichende Budget für den öffentlichen Verkehr. Es seien jährlich nur 300 Millionen Euro vorgesehen – die SPÖ will das Budget verdoppeln. Zusätzlich brauche es Taktverdichtungen, um volle Züge zu vermeiden.

Für die Neos liegt der Fokus des Landes zu sehr auf dem Straßenausbau. Sie wollen mehr Anbindungen in jenen Gemeinden, die aktuell einen schlechten Zugang zu den Öffis haben. Dafür seien die Reaktivierung von Nebenbahnen und erhöhte Zugtaktungen notwendig.

Die Grünen verweisen auf das 19 Milliarden schwere Infrastrukturpaket der ÖBB. Zusätzlich sollen stillgelegte Bahnstrecken wiederbelebt werden. Die FPÖ befürwortet ebenfalls einen Ausbau der Nebenstrecken, will einen Ausbau der U-Bahn im Speckgürtel und eine Abschaffung der CO2-Steuer auf Sprit.

Aufholbedarf gibt es allemal, denn mehr als ein Drittel hat einen schlechten oder gar keinen Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln. Nur gerade einmal sieben Prozent genießen hingegen laut Studie eine sehr gute öffentliche Anbindung.

Investitionen in den Straßenbau

Beim Thema Lobautunnel und Marchfelder Schnellstraße (S8) spalten sich die Meinungen. Die ÖVP spricht von einer "Entlastung für die Landsleute" und will die festgeschriebenen Projekte umsetzen. Gleich sieht das die FPÖ: Sie steht ebenfalls für die Umsetzung der S8 und des Lobautunnels.

Strikt dagegen sind Neos und Grüne. Beide Parteien lehnen die Projekte aus ökologischen Gründen ab. Die SPÖ spricht auf Anfrage des STANDARD davon, dass bereits jetzt eine zu große Verkehrsbelastung im Marchfeld zu spüren sei. (Max Stepan, 24.1.2023)