In Niederösterreich gehen 57 Prozent der Befragten von "zu viel Einfluss der Landespolitik" auf ihr Landesstudio aus.

Foto: APA / Roland Schlager

Wien – Diese Woche steht der Anlass einer Untersuchungskommission selbst vor dem ORF-internen Gremium: Robert Ziegler, Landesdirektor und davor Chefredakteur des Landesstudios Niederösterreich, erklärt sich und sein Tun.

Ziegler soll die Redaktion des Landesstudios von 2015 bis 2021 stark im Sinne der ÖVP Niederösterreich und der Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner geführt haben, die sich kommenden Sonntag der Wahl stellt. Das zeigen interne Dokumente und Aussagen von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen des Studios, über die DER STANDARD, DER SPIEGEL und Die Presse seit Mitte Dezember berichten.

Diese Berichte und Vorwürfe über Zieglers Amtsführung ließen ORF-Chef Roland Weißmann im Dezember eine Untersuchungskommission einrichten, geleitet vom ehemaligen ORF-Informationsdirektor und früheren Kärntner und steirischen Landesdirektor Gerhard Draxler. Sie untersucht, ob Zieglers Vorgaben für Berichte Redaktionsstatut, Programmrichtlinien oder gar das ORF-Gesetz verletzt haben.

"Weitere Verunsicherung"

Ziegler hat diese Vorwürfe und solche aus einem weiteren der Kommission vorgelegten Dossier zurückgewiesen: "Für mich gilt weiterhin, dass ich mich aus Respekt gegenüber der Kommission und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des ORF NÖ zu keinen Vorwürfen äußere", erklärt Ziegler auf die Anfrage. Die Vorwürfe seien, wie er schon nach der Veröffentlichung der ersten Materialien im Dezember erklärte, "diffus beziehungsweise nicht nachvollziehbar".

Ziegler: "Ich habe die Redaktion des ORF Niederösterreich sechs Jahre nach bestem Wissen und Gewissen geleitet." Und er schreibt: "Hier läuft offensichtlich eine Kampagne gegen mich, die von einer oder einigen Personen aus Gründen geführt wird, die ich nicht nachvollziehen kann."

"Das Wichtigste aus meiner Sicht ist, dass Vorwürfe ausschließlich in der Kommission geklärt werden", heißt es weiters in Zieglers Stellungnahme: "Alles andere würde zu einer weiteren Verunsicherung der Redakteurinnen und Redakteure des ORF NÖ führen, die täglich ihren journalistischen Aufgaben nachzukommen haben."

Niederösterreich ist anders

Das Publikum des ORF Niederösterreich hat einen etwas anderen Eindruck von den Sendungen des Landesstudios. Der Eindruck unterscheidet sich auch von dem anderer Landesstudios. Das zeigt schon die zweite Umfrage des Linzer Market-Instituts für den STANDARD zum Thema.

Im Dezember erfragte der STANDARD bundesweit repräsentativ Einschätzungen und erste Werte für größere Bundesländer. In der jüngsten Umfrage im Jänner mit 800 repräsentativ Befragten alleine in Niederösterreich wurden die Fragen nach Politeinfluss neuerlich gestellt.

Market befragte von 13. bis 17. Jänner 2023 800 Menschen in Niederösterreich, repräsentativ für die wahlberechtigte Bevölkerung in Niederösterreich, über ihre Wahrnehmung des ORF-Landesstudios. Dieselben Fragen stellte Market im Dezember 800 Menschen österreichweit über ihr jeweiliges Landesstudio.

In Niederösterreich glaubt nur eine Mehrheit der befragten ÖVP-Anhänger, dass "Journalisten in den regionalen Nachrichtensendungen des ORF frei und ohne politischen Druck agieren". Anhänger aller anderen Fraktionen bezweifeln dies mehrheitlich – vor allem Fans der Freiheitlichen zu 79 Prozent.

"Zuviel Einfluss"

Die Einschätzung der Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher insgesamt ihres Landesstudios unterscheiden sich teilweise merkbar vom Bundesschnitt über das jeweilige Landesstudio.

45 Prozent der Befragten sehen "zu viel Einfluss der Landespolitik" auf ihr Landesstudio, Stand Dezember 2022. In Niederösterreich gehen 57 Prozent der Befragten von "zu viel Einfluss der Landespolitik" aus.

"Immer dieselben Personen" werden nach Ansicht von 45 Prozent der bundesweit Befragten im jeweiligen Landesstudio in den Vordergrund gestellt. In Niederösterreich finden das 56 Prozent.

Kritische Äußerungen etwa der Opposition vermissen 53 Prozent im ORF Niederösterreich, bundesweit im Schnitt 43 Prozent.

48 Prozent haben in Niederösterreich den Eindruck, dass in den Regionalnews "nur die Landesregierung zu Wort kommt". Bundesweit finden das 36 Prozent.

Dass Journalisten im Landesstudio frei von politischem Druck arbeiten können, bezweifeln im Bundesschnitt 53, in Niederösterreich 57 Prozent. (Harald Fidler, Conrad Seidl, 25.1.2023)