Die USA übernehmen seit einigen Monaten – so wie zuletzt vor zwanzig, dreißig Jahren – auf dem Westbalkan führend die Gestaltung westlicher Politik. Das hat auch damit zu tun, dass man in Washington die sichtlich intensivierten Versuche des Kreml wahrnimmt, vor Ort für Unruhe und Desinformation zu sorgen. Die Art und Weise, wie manche US-Diplomaten allerdings im Kolonialstil Druck auf die kosovarische Regierung ausüben, ist nicht zielführend, zumal dies die dortigen demokratischen Strukturen und damit auch die Umsetzung der Pax Americana konterkariert.

Der serbische Präsident Aleksandar Vučić spielt auf Zeit.
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Im Zentrum der Bemühungen um mehr Stabilität sollte vielmehr stehen, dass die serbische Regierung ihre vertraglichen Verpflichtungen gegenüber der EU einhält. Serbien ist erneut das einzige Kandidatenland, das die neuen EU-Sanktionen gegen Russland nicht übernimmt. Brüssel wirkt angesichts dessen gegenüber Belgrad durchsetzungsschwach.

Deshalb bleibt es auch ungewiss, ob Serbien einem Abkommen mit dem Kosovo, das zumindest gefährliche Grenzänderungen ausschließt, zustimmen wird. Die serbische Regierung dürfte zunächst einmal auf Zeit spielen, wie den Aussagen von Präsident Aleksandar Vučić zu entnehmen ist. Eine endgültige Klärung der Beziehungen zwischen den beiden Staaten ist derzeit nicht möglich. Aussichtsreicher ist hingegen für Kosovo die Mitgliedschaft im Europarat, was auch für den Schutz der Minderheiten – etwa der serbischen – wichtig wäre. (Adelheid Wölfl, 24.1.2023)