US-Präsident Joe Biden sagte der Ukraine die Lieferung von 31 Abrams-Kampfpanzern zu.

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Joe Biden versuchte kurz, die Frage wegzulachen. "Hat Deutschland Sie gezwungen, Ihre Position zu ändern?", rief eine Reporterin dem US-amerikanischen Präsidenten zu. Der 80-Jährige setzte sein Grinsen auf. "Wir wollten sicherstellen, dass wir alle zusammenbleiben", antwortete er dann ausweichend. Zuvor schon hatte er demonstrativ den deutschen Kanzler Olaf Scholz gelobt und ihm für seine "Führung" gedankt: "Der Kanzler ist eine starke Stimme für die Einheit und ein enger Freund."

Entschlossenheit gegen den russischen Aggressor zu demonstrieren und Einigkeit im westlichen Bündnis vorzuführen – das war wohl der wichtigste Zweck von Bidens kurzem Auftritt im Roosevelt-Room des Weißen Hauses, bei dem er am Mittwochmittag die Lieferung von 31 US-amerikanischen Abrams-Panzern an die Ukraine offiziell bestätigte. Da waren freilich schon mehr als 24 Stunden seit der ersten Meldung über die transatlantische Waffen-Allianz vergangen. Die ungewöhnlich lange Frist deutet auf Abstimmungsbedarf innerhalb der Administration: Lange hatte sich das US-Verteidigungsministerium der Abrams-Lieferung widersetzt.

Abrams-Panzer werden auch in die Ukraine wandern.
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Der Wille, "den Deutschen die gewünschte politische Deckung für die Lieferung ihrer eigenen Panzer zu geben", habe schließlich den Widerstand des Pentagons neutralisiert, analysierte die "New York Times". Biden betonte zudem mehrfach die Geschlossenheit der westlichen Allianz. Demonstrativ hatte er vor seinem Auftritt mit Scholz und anderen europäischen Regierungschefs telefoniert.

25 Minuten mit Scholz

Ein 25-minütiges Telefonat mit dem deutschen Kanzler am Dienstag der vergangenen Woche hatte offenbar den Anstoß für die amerikanische Panzerwende gegeben. In dem Gespräch machte Scholz deutlich, dass er die Leopard-Panzer nur bereitstellen werde, wenn auch Washington mit im Boot sei. Unterstützung erhielt er in den folgenden Tagen von mehreren US-Parlamentariern, die er in Davos traf. "Danke an den Bundeskanzler und die deutsche Regierung für Ihre Führung", erklärte nun Chris Coons, der demokratische Senator von Joe Bidens Heimatstaat Delaware. Auch der Verteidigungspolitiker Seth Moulton, der für die Demokraten im Repräsentantenhaus sitzt, twitterte: "Gut. Die Ukraine braucht Panzer. Wir sollten im Gleichschritt mit unseren Verbündeten marschieren."

Innenpolitisch aber steht Biden nun unter Druck. Zwar begrüßte Mitch McConnell, der traditionell-konservative Minderheitsführer der Republikaner im Senat, die Entscheidung für die Panzer-Lieferungen. Vom Trump-Flügel der Republikaner und dem rechten Sender Fox News kommen aber harte Anwürfe. "Keine Panzer an unseren Grenzen, dafür Panzer an den Grenzen der Ukraine. Die müssen sich keine Sorgen machen", ätzte der prominente Polit-Talker Tucker Carlson. Seine Kollegin Laura Ingraham wetterte: "Deutschland sag: Spring! Und wir fragen: Wie hoch?"

Mehrere Monate bis die Abrams da sind

Die Bereitstellung der Abrams-Panzer ist zunächst ein politisches Symbol. Militärisch wird sie sich in der kommenden Frühjahrsoffensive kaum auswirken. Biden sagte, es werde "einige Zeit" dauern, bis die US-Panzer in der Ukraine ankommen. In Regierungskreisen ist von mehreren Monaten die Rede. Ein Grund dafür ist, dass die Fahrzeuge nicht dem Bestand des Militärs entnommen werden, sondern bei der Industrie neu geordert werden sollen. Auch hat das Pentagon immer argumentiert, die Schulung für den mehr als 60 Tonnen schweren Koloss sei extrem langwierig, der Einsatz und die Unterhaltung in der Ferne höchst kompliziert.

Dem widerspricht freilich, dass in der Vergangenheit Abrams-Panzer an Polen geliefert wurden. Gerade im vergangenen Monat hat Polen weitere 116 Abrams-Panzer in den USA bestellt. "Wenn Abrams in Polen funktionieren, warum dann nicht in der Ukraine?", fragte sich nicht nur Michael McCaul, der ehemalige US-Botschafter in Moskau.

Wohl auch vor dem Hintergrund des Zögerns im Pentagon mahnte der demokratische Senator Richard Blumenthal eindringlich: Die Entscheidung zur transatlantischen Panzerlieferung komme in einer "Zeit der maximalen Gefahr" und sei "ungemein wichtig" für die Ukraine: "Aber sie brauchen die Panzer morgen, nicht in einigen Monaten." (Karl Doemens aus Washington, 25.1.2023)