Bald fliegen die Pollen wieder. Besonders aggressiv sind sie in Städten mit stärkerer Luftverschmutzung. Zahlreiche Akutmaßnahmen können die Belastung zumindest mindern.

Foto: Emser

Allergiker leiden. Und zwar viel öfter als noch vor ein, zwei Jahrzehnten. Denn durch die Klimaerwärmung fliegen Gräser und Pollen wesentlich früher im Jahr und auch deutlich länger durch die Luft. Die völlig pollenfreie Zeit ist auf wenige, wirklich kalte Wochen im Winter reduziert. Außerdem sind neue Allergene eingewandert, das besonders aggressive Ragweed hat sich vor allem im Osten Österreichs fix etabliert.

Die häufigste Allergie ist wohl jene gegen Birkenpollen – denn Birken sind die am stärksten allergenen Bäume in kühlen und gemäßigten Klimazonen. Zwischen zehn und 30 Prozent der Bevölkerung reagieren auf sie, ab Mitte oder Ende März leiden sie an Augenrötung und Augenrinnen, Niesreiz, laufender Nase und eventuell sogar Asthma. Doch nicht überall dürfte die Belastung gleich stark sein. Birkenpollen an Orten mit hoher Luftverschmutzung sind möglicherweise allergener als Birkenpollen aus Gebieten mit sauberer Luft. Das könnte erklären, weshalb Personen in luftverschmutzten Gebieten häufiger Allergien haben, obwohl sie desensibilisiert wurden. Das schlussfolgern die Autorinnen und Autoren einer Studie, die soeben im Fachjournal "Plos One" erschienen ist.

Tatsache ist, dass in Städten mit verunreinigter Luft prozentual mehr Menschen mit Allergien leben als in Gebieten mit sauberer Luft. Inwiefern die Luftverschmutzung die Beschaffenheit von Baumpollen verändert, untersuchten die polnischen Forschenden aus Krakau anhand von Birken. Sie sammelten Birkenblüten von mindestens drei Bäumen an sieben Standorten im Südosten Polens. Die Luftqualität ist an diesen Standorten jeweils unterschiedlich. Drei Standorte befinden sich im Stadtgebiet von Kraków, drei in kleineren Städten und einer in einem Wald, der als Referenz für wenig verschmutzte Luft verwendet wurde. Die gesammelten, noch ungeöffneten Birkenblüten wurden im Labor geöffnet, der Pollen entnommen und auf seine Eigenschaften untersucht.

Mehr Pollen in verschmutzteren Gebieten

Das Hauptallergen in Birkenpollen ist das Protein Bet v 1. In jenen Pollen, die aus den Gebieten mit verschmutzterer Luft kamen, stellten die Forschenden höhere Konzentrationen davon fest. Sie schlussfolgern, dass dies zu einem Anstieg der Allergenität der Proteine und damit zu einem häufigeren Auftreten von Allergien bei desensibilisierten Personen führen kann.

Dass Umweltverschmutzung Einfluss auf Pflanzen einschließlich Birken hat, ist keine neue Erkenntnis, insofern entspricht das Ergebnis den Erwartungen, betont Stefanie Gilles, Leiterin des Fachbereiches Umweltimmunologie an der Uni Augsburg. Es gab außerdem früher schon Hinweise auf eine Veränderung der Allergenität von Birken durch Ozonbelastung an ihrem natürlichen Standort. Das Problem dabei: Birken finden sich sehr häufig in städtischen Wohngebieten, aufgrund ihrer Attraktivität und ihres unkomplizierten Wachstums wurden sie gerne gepflanzt. "Man muss deshalb den Befund, dass die Allergenität von Birkenpollen durch Verkehrsemissionen verstärkt werden könnte, ernst nehmen", sagt Gilles. Bei der Planung neuer Grünflächen sollte man in Zukunft darauf achten, keine stark allergenen Pflanzen wie Hasel, Erle oder Birke dort zu pflanzen, wo die Belastung mit Luftschadstoffen hoch ist.

Nicht im Schlafzimmer ausziehen

Doch was können Allergiker einstweilen tun, wenn sie in der Nähe von Birken leben? Vermeidung des Allergens, die unmittelbarste Therapie, ist relativ schwierig. Medikamente wie Nasensprays, Augentropfen oder Antihistaminika in Tablettenform können zumindest die Symptome lindern. Langfristig kann man eine allergenspezifische Immuntherapie durchführen. Bei dieser Desensibilisierung, die drei bis fünf Jahre dauert, wird das Immunsystem stimuliert und die Ursache der Allergie bekämpft. Man sollte übrigens, wenn man sich für diesen langwierigen Prozess entscheidet, so früh wie möglich damit beginnen. Denn je jünger der Allergiker oder die Allergikerin ist, desto höher sind die Chancen auf Erfolg. Mit einer ersten Besserung der Beschwerden kann man auch schon recht früh rechnen.

Weitere Akutmaßnahmen, wenn die Pollen fliegen, können helfen. Der Pollenwarndienst aktualisiert zweistündlich auf seiner Homepage, wo die Belastung besonders stark ist, diese Gegenden sollte man meiden. An den Fenstern sollte man Pollenschutz anbringen, generell nur morgens und abends lüften und sich vorwiegend in geschlossenen Räumen aufhalten. Bei besonders starker Belastung können Luftfilter helfen. Geht man nach draußen, dann am besten mit Sonnenbrille und Hut. Laubwälder sind ein guter Aufenthaltsort – solange dort das Allergen nicht vertreten ist. Denn die Blätter filtern effizient die Pollen aus der Luft. Ebenso gute Orte sind Küsten und die Berge, es macht absolut Sinn, während der akuten Pollensaison auf Urlaub zu fahren, sofern so eine Planung möglich ist.

Die Wäsche sollte man nicht draußen trocknen und das Bettzeug oft wechseln, es hilft auch, vor dem Schlafengehen die Haare zu waschen. Und man sollte sich keinesfalls im Schlafzimmer ausziehen, denn auch auf der Kleidung haften die Pollen an und würden dann im Schlafbereich verteilt. Viel Wasser trinken hilft, die Schleimhäute feucht zu halten, regelmäßige Gesichtsduschen lindern Rötungen und gereizte Augen – oder einfach ein feuchtes Tuch auf das Gesicht legen. Es macht außerdem Sinn, auf Alkohol zu verzichten. Denn Alkohol erweitert die Schleimhäute, auch in der Nase, dadurch können mehr Allergene in den Körper gelangen. (kru. 26.1.2023)