ProSiebenSat1Puls4-Chef Markus Breitenecker verweist auf moralische Klarheit – seine Infodirektorin Corinna Milborn.

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Österreichs größte private TV-Gruppe, ProSiebenSat1Puls4, legt die Redaktionen von ATV und Puls 4 zusammen. Das ermögliche mehr Vielfalt, erklärt Infodirektorin Corinna Milborn – weil Doppelgleisigkeiten wegfielen und mehr Zeit für Recherche sowie mehr Ressourcen für Breaking News und Liveinhalte bleibe. Getrennte Redaktionen und Senderchefs über fünf Jahre waren die Bedingung der Wettbewerbsbehörde, dass die Gruppe 2017 ATV und ATV 2 übernehmen konnte.

Im Interview erklären Milborn und ProSiebenSat1Puls4-Boss Markus Breitenecker, warum sie die Familie Berlusconi als Großaktionär nicht weiter kümmert, warum sie froh sind, nicht beim ORF zu arbeiten, und warum falsche Behauptungen bei Servus TV gar nicht so schlimm sind.

STANDARD: Die Auflagen der Bundeswettbewerbsbehörde für die Übernahme von ATV und ATV 2 durch ProSiebenSat1Puls4 von 2017 sind ausgelaufen, die getrennte Führung und getrennte Redaktionen für beide Sender verlangten. Sie haben die Redaktionen unter einer Infodirektorin und die Senderführung zusammengelegt – wo bleibt da die Vielfalt?

Milborn: Nach unserer Erfahrung hebt das die Vielfalt. Wir haben mit zwei parallelen Mannschaften parallel Abendnachrichten gemacht. Das bindet stark Ressourcen. Jetzt können wir die Sendungen aus einem Puls-24-Newsroom bespielen, der wesentlich mehr Ressourcen frei hat, um diese Nachrichten zu machen und besser zu recherchieren. Wir können also das Programm sehr stark ausbauen.

STANDARD: Wo?

Milborn: Wir haben täglich auf Puls 24 von 9 bis 19 Uhr durchgehend Livestrecken und sind jetzt auch an den Wochenenden mehrere Stunden live. Wir hatten bisher nur am Mittwoch einen eigenproduzierten Hauptabend mit Talks, der Rest waren Dokus. Jetzt gibt es jeden Abend eine eigenproduzierte Sendung. Wir haben eine neue Doku-Abteilung. Alle Abendnachrichten – Puls 24, Puls 4, Sat1, ProSieben, ATV und so weiter – haben einen eigenen Charakter und ein eigenes Zielpublikum. Wir können nun aus dem Newsroom besser unterschiedliche Nachrichten machen. Das ist nicht dieselbe Nachrichtensendung, natürlich mit denselben Topthemen, aber anders aufbereitet und gewichtet, mit unterschiedlichen Experten. Auf ATV mehr Chronik, auf Puls 4 mehr Politik und internationale Politik, Sat.1 ist breiter, ProSieben hat ein sehr junges Publikum. Die Vielfalt hat sich dadurch erhöht.

STANDARD: Wie viele Journalistinnen und Journalisten sitzen nun in diesem vereinten Newsroom – und sind es nach der Zusammenlegung weniger als davor?

Milborn: Wir haben jetzt im Newsroom 178 Angestellte plus 18 Cutterinnen und Cutter. Mit Puls 24 ab 2019 sind es mehr geworden, mit dem Ausbau von Online ebenfalls.

STANDARD: Und mit dem Auslaufen der Auflagen der Wettbewerbsbehörde …

Milborn: … ist keine einzige Stelle gestrichen worden.

Breitenecker: Mit dem gemeinsamen Newsroom sind wir auch sieben Tage in der Woche bereit für Breaking News, das war nicht immer der Fall. Wir können den Streamingbereich ausbauen auf unserer Plattform Zappn. Und wir haben das Video- und Textangebot online deutlich ausgebaut, mit der gleichen Anzahl von Leuten, die wir bisher in zwei Redaktionen hatten. Das geht nur, wenn man gewisse Doppelgleisigkeiten beendet.

STANDARD: Weitere Ausbaupläne?

Breitenecker: Aktuelle Information war schon immer eine wesentliche Säule neben Shows, Fiction und Sport. Das unterscheidet uns von Streamern wie Amazon Prime, Youtube, Netflix. Und wir bauen mit Puls24.at text- und videobasierte journalistische Angebote aus.

"Wir sind positioniert als der Sender, der nicht jammert."

STANDARD: Über die vergangenen Jahre hat sich in Österreich eine Vielzahl von News-Videoangeboten entwickelt: Servus TV, Oe24.TV, Exxpress TV … Was unterscheidet Ihr Angebot von den anderen?

Milborn: Das ist ja gut, es gibt einen Bedarf. Und das ist ein wichtiger Markt. In diesem Angebot gibt es Unterschiede in der Haltung, wie man herangeht. Wir sind positioniert als der Sender, der nicht jammert, sondern in die Zukunft schaut. Der Menschen das Werkzeug in die Hand gibt, um Dinge zu verstehen. Wir machen nie nur die schlechte Nachricht, alles ist so schrecklich, und dann jammert noch jemand hinterher und sagt: Scheiß Politik und scheiß alles – wie es manche andere machen. Wir versuchen immer, Handlungsanleitung mitzugeben, Experten, die sagen, was man damit anfangen kann, was man daraus ableiten kann. Ein grundsätzlich konstruktiver, kritischer, unabhängiger Zugang.

STANDARD: Kritisch, unabhängig, konstruktiv würden sich vermutlich viele in dem Markt ebenso beschreiben, vom ORF-Newsroom bis …

"Wir haben keinen Eigentümer in Österreich, der reinregiert."

Milborn: Wir betonen sehr unsere Unabhängigkeit. Wir haben keinen Eigentümer in Österreich, der reinregiert, und wir haben keinen ORF-Stiftungsrat, der von Regierungsparteien dominiert wird. Wenn es nur einen großen Player in der Information gibt, ist es einfacher, Geschichten abzudrehen. Das geht nicht, wenn es einen zweiten großen Player in dem Markt gibt. Wir können machen, was wir für richtig empfinden in der Redaktion.

STANDARD: Solange das wirtschaftliche Ergebnis für die Eigentümer stimmt.

Milborn: Wenn wir gerade ausbauen, dürfte sich das selbst beantworten.

STANDARD: Und bei Ihnen wurden noch keine Geschichten abgedreht, etwa wenn sich ein wichtiger Werbekunde auf den Schlips getreten fühlte?

Milborn: Ich sage nicht, dass wir keine Fehler machen, die passieren überall. Aber es ist noch nicht vorgekommen, dass jemand etwas abgedreht hat. Das geht auch strukturell nicht. Es gibt ja niemanden darüber in Österreich.

"Mir geht in vielen Bereichen in Österreich moralische Klarheit ab."

STANDARD: Es gibt eine Infodirektorin Milborn, Chefredakteure …

Milborn: Ich meinte: außerhalb der Redaktion. Redaktionelle Entscheidungen sind ja eine Aufgabe einer Redaktionsführung.

Breitenecker: Und wir haben eine Reihe von Chefredakteuren unter Corinna Milborn. Corinna agiert neben Mario Lenz, unserem Geschäftsleiter für aktuelle Produktionen aller Sender und Sportrechte. Rudi Wiedner hat die inhaltliche Organisation und Programmleitung des Puls-24-Newsrooms über. Daran hängen nun neu in der Chefredaktion: Stefan Kaltenbrunner für News, Georg Grabner für tagesaktuelles TV, Mathias Morscher für digital, Iris Gassner für Doku, Manuel Kelemen für Wetter sowie weiterhin die Leiter:innen der Redaktionen Talk, Wirtschaft und Café Puls, die gleich bleiben. Ich bin dankbar, dass wir mit Corinna Milborn und diesem Team eine redaktionelle und moralische Klarheit haben in Zeiten, wo mir die in Österreich in vielen Bereichen abgeht.

STANDARD: Wo geht Ihnen moralische Klarheit ab?

Breitenecker: Meine ganz persönliche Meinung anhand aktueller Beispiele: In der aktuellen Diskussion über den grandiosen Film "Corsage" ist für mich klar, dass Werk und Täter nicht getrennt gesehen werden können, schon aus Opfersicht missbrauchter Kinder. Wir haben in Österreich einen Sender, wo der Gründer viele Frauen sexuell belästigt hat und es immer noch vereinzelten Leuten nicht peinlich ist, dort Interviews zu geben oder zu inserieren. Aus Redaktionssicht ist unsere Grundlinie klar, nämlich pro Grund- und Menschenrechte, pro Unternehmertum und Gründerinnen, pro Klima- und Naturschutz und Wissenschaft, also ein Fokus auf die 17 Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen.

STANDARD: Zur Erläuterung: Beim angesprochenen Gründer handelt es sich wohl um Wolfgang Fellner von der Mediengruppe Österreich, der Belästigung vielfach bestritten hat, es gibt aber auch rechtskräftige Verurteilungen dazu. Fällt unter Ihre Mängelliste auch ein Sender wie Servus TV, dessen Chef laut Medienbehörde und nicht rechtskräftig mehrfach gegen das Objektivitätsgebot verstoßen hat?

Breitenecker: Das sehe ich anders und würde ich nicht in meine Aufzählung nehmen. Bei aller unterschiedlicher Meinung zu Themen wie Impfzwang finde ich schon, dass jeder seine Meinung sagen darf, auch wenn sie nicht meine Meinung ist.

STANDARD: Nach meiner Erinnerung ging es da um falsche Behauptungen.

"Wenn es um Fake News geht, müsste man ganze Sender abdrehen."

Breitenecker: Wenn es um Fake News geht, müsste man ganze Sender abdrehen.

STANDARD: Bei wiederholten Gesetzesverletzungen nach Strafen ist das auch vorgesehen. Welche müsste man denn abdrehen?

Breitenecker: Die Entscheidung zu Servus TV jedenfalls finde ich überschießend. Wir müssen es aushalten, wenn andere Medien andere Meinungen vertreten, auch wenn in einem Meinungskommentar die eine oder andere Fehlinformation vorgekommen wäre. Zu unserer liberalen Ausrichtung gehört, dass wir die Meinungsfreiheit als eines der höchsten Grundrechte besonders hochhalten.

Milborn: Servus hat eine bestimmte Richtung, die ganz anders ist als unsere, und es gibt andere. Wir haben eine Grundhaltung bei Anti-Korruption und Demokratie, Geschlechtergleichstellung, Asyl, Klima, aber wir drücken sie niemandem rein. Im Gegenteil: Wir schauen immer, dass wir verschiedene Positionen am Sender haben und anbieten. Das betonen wir ganz besonders mit unserer neuen täglichen Hauptabendsendung "Wild Umstritten", wo wir zu drei Tagesthemen drei ganz unterschiedliche Positionen anbieten, damit man sich seine eigene bilden kann. Leute, die einer davon anhängen, müssen in der Sendung die anderen Meinungen auch hören, wenn sie Strache-Anhänger sind, hören sie auch Fußi und Glawischnig. Auf Social Media kriegen sie halt nur Fußi oder nur Strache.

STANDARD: Ist das eine Reaktion auf, zum Beispiel, Formate und eine andere Linie auf Servus TV, die ja offenbar in einer Zielgruppe gut punkten?

Milborn: Es ist eher eine Reaktion auf Social Media. Wir haben gesehen, was es mit Menschen macht, sich nur in der eigenen Blase, im eigenen Universum zu bewegen. Es ist eine wichtige Aufgabe und Leistung von Fernsehdiskussionen, dass man seine eigene Meinung hört, aber auch andere Meinungen hören muss. Das muss man in der eigenen Facebook-Blase nicht – und auf "Exxpress" auch nicht.

STANDARD: Sagt Servus TV das nicht auch über eigene Formate? Wir konfrontieren vom Mainstream abweichende Meinungen mit dem Mainstream.

Milborn: Dazu kann ich nichts sagen. Wir arbeiten nicht in Reaktion auf andere Fernsehsender. Das ist nicht die Konkurrenz.

Breitenecker: Ich habe über die letzten Jahrzehnte gelernt: Wir konzentrieren uns darauf, was wir für unser Publikum machen wollen – und nicht darauf, was die anderen, einschließlich ORF, machen. Und wenn wir über Konkurrenz nachdenken, dann darüber: Wie können wir den Streaming- und Social-Media-Giganten österreichischen Qualitätsjournalismus entgegensetzen, der einen unterscheidbar macht von deren Angeboten.

STANDARD: Wie zufrieden sind Sie nach einer Woche mit "Wild Umstritten"?

Breitenecker: Sehr! Gute Quote und gute Qualität.

STANDARD: Die Zuschauerzahlen bewegen sich im Hauptabend zwischen 16.000 und 27.000 Menschen im Schnitt um ein Prozent Marktanteil um 20.15 Uhr.

Breitenecker: Im Hauptabend hatten wir gestern auf Puls 24 um 23 Uhr 3,8 Prozent, in der Primetime davor 2,5 Prozent. Das sind echt gute Quoten für einen Newssender.

STANDARD: Wenn wir schon so viel über Information und Unabhängigkeit sprechen: An Ihrem Münchner Mutterkonzern kaufte die Mediengruppe MFE der Familie Berlusconi in den vergangenen Jahren Anteile, bei Wettbewerbsbehörden liegen – offenbar eher formale – Übernahmeanträge …

"Ich habe in 25 Jahren hier schon viele Eigentümerwechsel erlebt."

Breitenecker: Die redaktionelle Unabhängigkeit ist sichergestellt. Ich habe in den vergangenen 25 Jahren hier schon viele Eigentümerwechsel erlebt, anfangs Kirch, Haim Saban, KKR, Permira – die wesentlich mehr Anteile gehabt haben als Media for Europe (22,7 Prozent, Anm.). Diese Investoren haben immer die redaktionelle Freiheit gewahrt.

Milborn: Ich bin jetzt zehn Jahre hier – das kann ich nur bestätigen.

STANDARD: Und was, wenn Berlusconi eine Mehrheit bekommt?

Breitenecker: Das ist für uns schwer einzuschätzen, und genau das ist Gegenstand der Prüfungen zum Thema Medienvielfalt.

STANDARD: Sonst müsste die MFE ein Übernahmeangebot legen?

Breitenecker: Das kann ich nicht kommentieren – bitte haben Sie Verständnis.

STANDARD: Markus Breitenecker hat über die vergangenen Jahrzehnte immer wieder Ideen und Anregungen für den ORF geäußert. Wie sehen Sie die aktuelle Diskussion über ein neues ORF-Gesetz, eine neue Finanzierung nach der GIS, Unabhängigkeit von der Politik? Der größte Mitbewerber oder auch Marktbeherrscher muss Sie ja interessieren.

Breitenecker: Natürlich. Die Medienpolitik läuft gut, mit viel Engagement und mittlerweile viel Kompetenz. Wir beobachten das. Ich kann momentan nicht mehr dazu sagen als: Das läuft.

STANDARD: Was wäre ein sinnvolles Modell für die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks?

Breitenecker: Haushaltsabgabe oder Budgetfinanzierung, das sind die Möglichkeiten. Wir konzentrieren uns auf andere Dinge, weil das Geld nicht für uns vorgesehen ist.

"Wir fokussieren uns nicht auf die Optimierung beim Einsammeln von staatlichem Geld."

STANDARD: Die Privatrundfunkförderung wird aus Bundesabgaben auf die GIS gespeist. Und Ihre Gruppe erhält mit ATV, Puls 4 und Puls 24 grob vier Millionen von 20.

Breitenecker: Das höchste Gut für ein journalistisch-redaktionell arbeitendes Unternehmen ist die Unabhängigkeit: die vom Eigentümer, die hatten wir gerade besprochen, und die gegenüber dem Staat. Jede Abhängigkeit von öffentlichen Geldern, ob Förderungen, Gebühren, Inserate, ist für ein Medienunternehmen prinzipiell problematisch. Wir fokussieren uns nicht auf die Optimierung beim Einsammeln von staatlichem Geld. Wir wollen so gut im Markt wirtschaften, dass wir uns eine gute, starke Redaktion leisten können und tatsächlich unabhängig sind, auch vom Staat.

STANDARD: Ohne die Förderung hätten sie zum Beispiel 2021 statt 16,3 Millionen Ergebnis eher nur elf oder zwölf Millionen abgeliefert.

Breitenecker: Natürlich helfen Medienförderungen – in der Größenordnung von nicht einmal einem Prozent der ORF-Förderungen – den Redaktionen und ihrer Ausstattung. Ohne Förderung könnte man das Angebot vielleicht nicht in dem Ausmaß haben. Medienförderungen, die möglichst unabhängig vom Staat organisiert sind, sind eine Errungenschaft und zu begrüßen. Aber ich beteilige mich nicht an einer Diskussion: Wie können wir möglichst viel Geld vom Staat, von der Bevölkerung noch zu uns holen? Je mehr Medien von staatlichem, öffentlichem Geld abhängig sind, von Inseraten, Förderungen, GIS, desto schlechter für die Unabhängigkeit der redaktionellen Berichterstattung.

STANDARD: ProSiebenSat1Puls 4 hat also gerade einen großen gemeinsamen Newsroom neu organisiert. Haben Sie Empfehlungen für den ORF, der gerade wieder an einer neuen Struktur für den 2022 vereinten Newsroom arbeitet?

Milborn: Ich bin so froh, dass ich mich nicht an diesen Diskussionen als Betroffene beteiligen muss.

STANDARD: Warum? Bedeutet das, die 400 Redakteurinnen und Redakteure arbeiten nicht unabhängig?

Breitenecker: Kein Kommentar.

Milborn: Das Konstrukt vom ORF kennt man, und ich bin froh…

STANDARD: … wegen des politischen Einflusses.

Milborn: Ja. Ich beteiligte mich nicht an den Diskussionen. Aus Respekt vor allen, die diese Diskussion führen müssen.

STANDARD: Soll ich Markus Breitenecker wieder fragen, ob er nicht doch ORF-Chef werden will?

Breitenecker: Das kann ich weiterhin ausschließen.

STANDARD: Wie geht ProSiebenSat1Puls4 mit Newsmüdigkeit und Newsvermeidung um?

Milborn: Wir beschäftigen uns natürlich intensiv damit, wir sehen hier eine Aufgabe. Der Vertrauensverlust in Institutionen und Medien ist stark gesteuert – da gibt es viele Akteure und viel Propaganda von rechtsextremer Seite, von russischer Seite. Man sieht jetzt, wie viel in den letzten Jahren aus Russland gekommen ist. Dem muss man etwas entgegensetzen. Und es gibt eine allgemeine Müdigkeit nach dieser langen Krise. Was kann man tun? Gute Arbeit, Qualität abzuliefern und auch mit Transparenz die eigene Community und ihr Vertrauen aufzubauen. Unterschiedliche Meinungen offenzulegen und zu transportieren. Wir machen das in unterschiedlichen Formaten – von kurzen News und Magazingeschichten über Talks und Dokus bis zu Thementagen – und auf allen Kanälen, TV, Streaming, online. Und für unterschiedliche Geschmäcker: Liveberichte, Video, geschriebene Artikel, in unserer App mit Kurzzusammenfassungen, in Podcasts. So sind wir für die unterschiedlichsten Menschen erreichbar. Aber es gibt Menschen, die, ganz gefangen in ihren Infoblasen, nicht mehr erreichbar sind.

STANDARD: Klingt nach weiterem Regulierungsbedarf von Social Media und Plattformen. Kann Österreich etwas tun?

Milborn: Es gibt ja Versuche, etwa Fake News einzuschränken, Hass im Netz einzuschränken, auch auf EU-Ebene. Es gibt langsam ein Bewusstsein dafür, dass das hochrelevant ist für den Zusammenhalt von Gesellschaft und das Funktionieren von Demokratie.

Breitenecker: Wenn öffentliche Werbeetats in Social-Media-Kanäle investiert werden, wo rundherum Fake News und Hasspropaganda auch zu sehen ist: Da braucht man keine neuen Gesetze. Da braucht man nur den politischen Willen, in Qualitätsmedien zu kommunizieren und nicht in chinesischen und US-Social-Media. Das wäre schon eine ganz gute Idee, die die Politik neu denken könnte. (Harald Fidler, 27.1.2023)