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Der betroffene Pädagoge war als Sportlehrer in einer Wiener Mittelschule tätig. Gegen mögliche Mittäter, die in einer Anzeige verdächtigt wurden, wird von der Staatsanwaltschaft nicht ermittelt: Laut der Behörde war kein Anfangsverdacht gegeben.

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Im Missbrauchskomplex rund um einen Wiener Lehrer, der mindestens 40 Schüler missbraucht sowie kinderpornografisches Material angefertigt haben soll und nach einer Anzeige im Mai 2019 Suizid beging, gibt es neue Entwicklungen. Anwältin Herta Bauer, die nach Eigenangaben mehrere Opfer des mutmaßlichen Täters vertritt, hat zuletzt Ende November 2022 eine neue Anzeige eingereicht. In dieser wurde auch der Verdacht gegen mögliche Mittäter des Pädagogen geäußert. In der Sachverhaltsdarstellung war vom Verdacht des Missbrauchs von Unmündigen, dem Verdacht des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses, Begünstigung und Beweismittelunterdrückung die Rede.

Kein Anfangsverdacht gegeben

Die Staatsanwaltschaft Wien prüfte rund eineinhalb Monate das Vorliegen eines Anfangsverdachts. Auf aktuelle Anfrage des STANDARD hieß es nun kurz: "Mangels Anfangsverdachts wurden keine Ermittlungen eingeleitet."

Bereits Ende September 2022 war von der Anwältin eine erste Anzeige gegen zwei mögliche Mittäter des Pädagogen wegen Verdachts auf sexuellen Missbrauchs von Unmündigen und Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses eingereicht worden. Die Staatsanwaltschaft kam auch hier nach kurzer Prüfung zum Schluss, dass die aktuelle Verdachtslage nicht für ein Ermittlungsverfahren ausreiche. Bei den angezeigten Personen handelt es sich um langjährige Bekannte des Pädagogen: Sie sollen sich laut Anzeige, die sich auf Aussagen von Schülern bezieht, übergriffig verhalten haben. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Weitere Anzeigen lösten keine Ermittlungen aus

Auch die Wiener Bildungsdirektion hatte im Missbrauchsfall rund um den verstorbenen Lehrer mehrere Anzeigen im Vorjahr eingebracht – darunter auch wegen des Verdachts auf mögliche Mittäter. Im Kommissionsbericht, der sich dem Missbrauchsfall widmete und der unter Federführung der Bildungsdirektion entstand, hieß es aber abschließend, dass die übermittelten Sachverhaltsdarstellungen "bis jetzt keine Ermittlungen auslösten, da laut Staatsanwaltschaft jeweils kein Anfangsverdacht bestand".

Die Behörde hatte nach der Anzeige gegen den betroffenen Sportlehrer im Frühjahr 2019 wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen sowie Herstellung und Besitzes von kinderpornografischem Material ermittelt. Diese wurden nach dem Suizid des Betroffenen eingestellt.

Erste Missbrauchsanzeige im Jahr 2013

Im gesamten Missbrauchskomplex wird derzeit aber noch von der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt ermittelt. So soll es bereits im Jahr 2013 eine erste Missbrauchsanzeige gegen den Sportlehrer gegeben haben. Der Lehrer war in den Sommermonaten jahrelang auch als Betreuer in einem Feriencamp im Salzkammergut tätig, wo es zum Übergriff gekommen sein soll. Eine Beschuldigtenvernehmung in Niederösterreich zu dieser Causa fand laut der Landespolizei jedenfalls statt. Doch die Anzeige dürfte versandet sein. Die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt ermittelt nun seit Mitte November des Vorjahrs wegen des Verdachts auf Amtsmissbrauch.

Weitere Identifizierungen von möglichen Opfern laufen

Laut dem Bericht der Untersuchungskommission, der im Dezember 2022 erschien, soll der Sportlehrer "mindestens 40 Kinder auch unter Einsatz von K.-o.-Tropfen missbraucht" haben. Wörtlich heißt es zudem im Kommissionsbericht, "dass die Existenz von 40 Opfern belegt" sei.

Es könnte aber noch mehr Opfer geben. In den vergangenen Wochen und Monaten haben jedenfalls weitere Identifizierungen von möglichen Opfern stattgefunden. "Ja, diese Identifizierungen finden statt", bestätigte ein Sprecher der Wiener Landespolizei zuletzt auf STANDARD-Anfrage. Die Datenträger würden sich im Landeskriminalamt befinden – "für den Fall, dass sich Personen melden, die in Erfahrung bringen wollen, ob von ihnen Fotos zu finden sind". (David Krutzler, 26.1.2023)