Befristete Verträge haben in den letzten Jahren überhandgenommen. Das sehen viele Fachleute als Problem.

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Mit der Inflation steigen die Mieten, außerdem trudeln vielen Menschen derzeit happige Energiejahresabrechnungen ins Haus. Diese hohen Kosten bringen viele in Schwierigkeiten: Arbeiterkammer (AK), aber auch Mieterschutzorganisationen und Sozialeinrichtungen berichten von immer mehr Anfragen von Menschen mit Zahlungsschwierigkeiten.

Von einer "Zeitenwende der sozialen Sicherheit" sprach Tanja Wehsely, Geschäftsführerin der Volkshilfe Wien, am Donnerstag daher. Es brauche mehr Maßnahmen der Politik, so lautete die Forderung bei einem Pressegespräch mit der Arbeiterkammer.

Delogierungen abwenden

Eine solche Maßnahme ist beispielsweise der Wohnschirm, der Geringverdienenden bei Zahlungsrückständen unter die Arme greift. Er wurde zuletzt auf 134 Millionen Euro bis 2026 aufgestockt und übernimmt seit kurzem auch Zahlungsrückstände oder Vorauszahlungen bei den Energiekosten. 2.300 Delogierungen konnten mit dem Wohnschirm innerhalb eines knappen Jahres verhindert werden. Und mit der Prävention spare man nicht nur Leid, sondern auch Folgekosten, sagte Wehsely. Die AK beziffert die Gesamtkosten einer Delogierung mit 31.000 Euro für Mieter, Vermieterin und Sozialstaat.

Mit dem Wohnschirm könne man zwar einiges abfangen, sagte Thomas Ritt, Leiter der Abteilung Kommunal und Wohnen bei der AK, "aber die beste Sozialpolitik kann keine Wohnpolitik ersetzen". Daher fordert die Arbeiterkammer einen Deckel bei Mieterhöhungen von zwei Prozent im Jahr, "bis wir eine gescheite Mietrechtsreform haben", und einige weitere Maßnahmen, die so oder so ähnlich auch im Regierungsprogramm stehen: das Bestellerprinzip etwa, das mittlerweile umgesetzt ist und im Juli in Kraft treten soll. Hier befürchtet die AK aber "eine Menge an Umgehungsmöglichkeiten", auch die Strafen seien zu gering.

Ende von Befristungen

Weitere Forderungen: die Nutzung von Grundstücken in öffentlicher Hand für den geförderten Wohnbau, eine bundesweite Leerstandsabgabe, eine Eindämmung von Kurzzeitvermietungen – und ein neues Mietrecht. Letzteres dürfte sich aber "nicht mehr ausgehen", so Ritt, zumindest die Befristungen in Mietverträgen könne man aber rasch abschaffen. Sie seien ein "großer Treiber für Delogierungen", sagte Wehsely, durch die Hoffnung auf eine Verlängerung werde man zudem erpressbar.

Herausforderungen gibt es genug: Auf rund 300.000 Haushalte kommt bald eine weitere Mieterhöhung zu. Die Richtwertmieten werden im April um 8,6 Prozent erhöht. Diese Anpassung ist zwar gesetzlich vorgesehen – sie könnte aber, wie bereits in der Vergangenheit, ausgesetzt werden. "Zwei bis drei Wochen" ist laut Ritt nun noch Zeit dafür. (zof, 26.1.2023)