Elternrealität: Als Mama oder Papa ist man wütend, genervt, müde und voller Liebe für die Kinder.

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Vor zehn Jahren war ich auf der Suche nach dem Sinn des Lebens. In Indien habe ich meditiert und fast einen Fuß verloren. In Marokko war ich surfen und hätte beinahe geheiratet. In Irland habe ich Pubs und Klippen unsicher gemacht. Weil ich das Leben verstehen wollte, bin ich gereist. Heute, zwei Kinder später, bin ich nur mehr auf der Suche nach einem Bier im Kühlschrank, damit ich das Leben ertrage. Verstehen will ich schon lange nix mehr.

Ich habe den Sinn des Lebens damals nie gefunden. Bier gibt es bei uns meistens auch keines. Zugegeben habe ich meistens sowieso keine Zeit, eines zu trinken, weil der Sinn des Lebens "Mamaaaaaa" schreit, während der andere Sinn des Lebens mit voller Wucht auf den ersten Sinn drauffliegt.

Man bekommt ja so viel zurück

Dieses Familienleben ist einfach unglaublich erfüllend. Kinder geben einem so viel zurück, und die Frage nach dem Sinn wird entweder sofort durch ein Gefühl von bedingungsloser Liebe beantwortet, oder aber man hat gar nicht mehr die Zeit, sich irgendwelche philosophischen Fragen zu stellen. Einfach weil man zu sehr mit Äpfelaufschneiden, Popschauswischen, Trösten, Lachen und dem Leben selbst beschäftigt ist.

Da ist unendlich viel Liebe. Auch Vertrauen bringen unsere Kinder uns entgegen. Unbändige, nie da gewesene Freude. Einfach unvergessliche Momente. Man bekommt aber noch mehr: zum Beispiel die Hämorrhoiden, die urplötzlich auftauchen. Oder die Hängebrüste, die nach dem Langzeitstillen den Bauchnabel abbusseln, obwohl man eh schon den Push-up trägt. Den Beckenboden, an den man beim Niesen erinnert wird. Und nicht nur Mütter bekommen viel. Mein Mann hat plötzlich eine Wampe, obwohl da vorher so etwas wie ein Sixpack war. Und nicht zu vergessen die grauen Haare, die jetzt zwar wieder modern sind, aber einen trotzdem um 15 Jahre älter ausschauen lassen. Schön!

Kinder machen das Leben eben bunter. Als Eltern taucht man zum Beispiel ein in die bunte Welt der Legosteine. Sie sind überall, und wenn man auf sie draufsteigt, erinnert man sich wieder daran, wie viel einem Kinder geben. So viel Liebe. Und Vertrauen. Und Freude. Und so unendlich viel Scheiß, der in der ganzen Wohnung herumkugelt. (Anja Buchta, 26.01.2023)