Die für eine vor allem in Übersee beliebte Freizeitbeschäftigung benötigten Sportgeräte können auch als Waffen missbraucht werden, wie ein Vorfall in Wien-Ottakring zeigt.

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Wien – Dass Blut dicker als Wasser ist, stimmt zwar physikalisch, die auf Familienangehörige bezogene Bedeutungsübertragung dagegen nicht automatisch, wie auch der Prozess gegen Herrn J. zeigt, der sich wegen schwerer Körperverletzung an seiner Schwester und deren Lebensgefährten vor Richter Andreas Hautz verantworten muss. "Mein Mandant wird sich nicht schuldig bekennen und mit seiner Aussage zur Wahrheitsfindung beitragen", kündigt Verteidigerin Angelika Schiller im Namen des 20-Jährigen an.

Auch der unbescholtene Lehrling selbst weist den Vorwurf, er sei mit einem Baseballschläger und vier Bekannten zu einem Treffen mit der Verwandten gekommen, zurück. Tatsächlich habe sich am 21. August etwas ganz anderes abgespielt, versichert er dem Richter. "Der Freund meiner Schwester hat mich angerufen, beschimpft und gedroht, er wird mich schlagen", erzählt er. Das komme regelmäßig vor, vor allem wenn der Schwager in spe etwas getrunken habe.

Drohender Schwager in spe

"Wieso beschimpft und bedroht er Sie?", fragt Hautz den gebürtigen Österreicher. Es gebe bereits länger Auseinandersetzungen, da die Familie die Partnerwahl der Schwester beziehungsweise Tochter nicht goutiere, erfährt der Richter. Im Sommer telefonierte J. jedenfalls anschließend mit seiner Schwester und machte sich auf den Weg von Wien-Floridsdorf nach Wien-Ottakring, um mit ihr zu sprechen.

"Was soll da rauskommen bei dem Gespräch?", wundert Hautz sich. "Der Lebensgefährte bedroht Sie. Glauben Sie, dass er dann am Ende sagen wird: 'Deine Argumente haben mich überzeugt, ich verlasse deine Schwester?'", glaubt der Richter nicht an die Macht der Rhetorik. "Ich habe mich ja mit meiner Schwester getroffen. Damit wir uns alle wieder versöhnen", entgegnet der Angeklagte.

Die Umsetzung der hehren Absicht dürfte gescheitert sein, wie J. selbst zugeben muss. Vor dem schwesterlichen Haustor entstand nämlich offenbar eine heftige Diskussion. "Wir waren auch ein bisschen laut und haben gestritten", gesteht der Angeklagte ein. Das habe den Freund der Schwester, dessen Mutter und Bekannte des Mannes alarmiert. Schlussendlich habe er sich sechs oder sieben Gegnern gegenübergesehen, die ihn angriffen, sagt der Angeklagte.

Belastende DNA auf Sportgerät

"Jetzt gibt es aber Zeugenaussagen, die behaupten, Sie wären mit vier Bekannten aufgetaucht und hätten einen Baseballschläger dabeigehabt", hält Hautz ihm vor. "Das stimmt nicht. Ich kam alleine. Und den Schläger hatte einer der anderen Gruppe", beharrt der Angeklagte. "Warum ist dann Ihre DNA drauf gefunden worden?" – "Da ich ihn abwehren konnte, der andere hat ihn dann weggeschleudert."

"Was glauben Sie, warum die Leute die Polizei gerufen haben?", interessiert den Richter. Zumindest die Schwester des Angeklagten hatte den Notruf alarmiert und gesagt, ihr Bruder und dessen Bekannte attackierten sie und ihren Freund mit einem Baseballschläger. Auch im Spital hatte die Frau, die wie ihr Partner verletzt wurde, das noch behauptet. Bei der förmlichen Einvernahme durch die Polizei war die Erinnerung dann bereits verblasst. J. kann dagegen nicht sagen, warum die Exekutive verständigt wurde. "Das weiß ich nicht. Ich bin auf dem Boden gelegen und konnte dann irgendwann aufspringen und weglaufen", bleibt er bei seiner Version.

"Sie haben gesagt, jemand von der anderen Gruppe hat den Schläger mitgebracht. Warum wurde er dann im unmittelbaren Nahbereich des Vorfalls gefunden? Warum hat ihn der Besitzer nicht einfach wieder mitgenommen?", würde der Staatsanwalt gerne wissen. "Keine Ahnung", kann der Angeklagte in diesem Punkt nicht weiterhelfen.

Überraschter Angeklagter

Der Richter hat mittlerweile das DNA-Gutachten im Akt studiert und hat noch eine nicht unwesentliche Zusatzfrage: "Warum ist nur Ihre DNA auf dem Baseballschläger gefunden worden? Wenn mehrere Personen damit hantiert hätten, würde im Gutachten 'Mischspur' stehen, von der nur ein Verursacher identifiziert werden konnte." – "Da war nur meine DNA drauf?", gibt der 20-Jährige sich überrascht. "Ja." – "Das kann ich wirklich nicht erklären", kommentiert J. dieses Faktum.

Wie es scheint, hat aber auch die andere Seite des innerfamiliären Konflikts nur ein überschaubares Interesse an der strafrechtlichen Aufarbeitung der Angelegenheit. Von den fünf geladenen Zeuginnen und Zeugen ist lediglich einer entschuldigt. Schwester, Freund und dessen Bekannte sind ohne Begründung nicht aufgetaucht. Gegen diese vier verhängt der Richter daher eine Ordnungsstrafe von je 150 Euro und vertagt auf den 23. Februar. Sollten die Zeugen auch dann nicht erscheinen, werde er sie von der Polizei vorführen lassen, warnt Hautz noch. (Michael Möseneder, 26.1.2023)