Auch die Zusammenarbeit mit Games-Influencerinnen gehört zum Business. Die Szene in Österreich ist klein – schnell lernt man die wichtigsten "Player" kennen.

Foto: A1 Esports

Franz Vošicky ist Gamer. Das alleine würde den 33-Jährigen aber noch nicht ausreichend auszeichnen, auch weil der Brand & Consumer Marketing Manager vielleicht ambitioniert ist, aber sicher nicht zur heimischen Elite zählt. Seine Begeisterung für Videospiele hat ihn allerdings in Kombination mit seinem Job zu einem Pionier am heimischen Markt werden lassen. Vošicky sieht E-Sport nämlich als wichtigen Bestandteil aktueller Marketing-Maßnahmen, zumindest für breit aufgestellte Brands wie Willhaben.

Mit der in dieser Woche angekündigten Partnerschaft mit dem größten E-Sport-Verein des Landes – Austrian Force – will man das eigene Engagement noch verstärken. Obwohl in diesen fünf Jahren kaum große Marken nachgezogen sind, sieht der E-Sport-Lead des Online-Marktplatzes weiterhin großes Potenzial in diesem Feld, das in Österreich noch immer viele nicht wirklich auf ihrem Zettel haben.

STANDARD: Sie haben die Idee, E-Sport als Marke Willhaben betreuen zu wollen, ins Haus gebracht. Wie war da initial das Feedback der Vorgesetzten, und wie war der ursprüngliche Pitch?

Vošicky: Die Grundidee war einfach: Im E-Sport erreichen wir die junge, mehrheitlich männliche Zielgruppe, können dort unseren umfassenden Gaming/Tech-Content platzieren und von der wachsenden Branche im Inland und benachbartem Ausland profitieren. Durch den frühen Einstieg war das initial benötigte Budget überschaubar, weswegen die Überzeugungsarbeit sicher einfacher war. Am Ende ließen mich meine Vorgesetzten experimentieren – meine klare Affinität zu Gaming und E-Sport war da sicherlich auch mitentscheidend.

Auch in Österreich füllt man punktuell schon Hallen mit E-Sport. Die meisten Spiele finden aber natürlich online statt.
Foto: APA/FLORIAN WIESER

STANDARD: Was war die Idee hinter dem Schritt, und wie hat sich diese über die letzten Jahre verändert?

Vošicky: Ursprünglich wollten wir das E-Sports-Team als eigene Influencer:innen vermarkten. Also ganz klassisch mit viel Präsenz auf Instagram, Youtube und zusätzlich Live-Twitch-Content. Ich lernte bald, dass E-Sportler:innen kaum Interesse daran haben, sich selbst zu vermarkten. Also haben wir den Part selbst in die Hand genommen und vor allem die Reichweiten der jeweiligen E-Sport-Ligen genutzt, die ja wirklich nicht zu unterschätzen sind: Die Prime League zum Beispiel – also die größte League-of-Legends-Liga im deutschsprachigen Raum – hat pro Saison bis zu 5,7 Millionen Zuseher:innen (Unique Viewer:innen).

STANDARD: Haben Sie als Plattform inhaltlich auf den Schritt reagiert, oder war das Thema Gaming ohnehin schon groß für Willhaben?

Vošicky: Gleichzeitig mit dem E-Sports-Team entstanden noch weitere Gaming-bezogene Marketing-Aktivitäten. Neben Special-Interest-Newslettern und Pushes wurde auch regelmäßig Gaming-Content im Blog publiziert. Ich erinnere mich noch an den Artikel, bei dem wir alle Autos aus dem Spiel "PUBG" auch auf Willhaben fanden.

STANDARD: Gibt es selbst definierte Erfolgskriterien, mit denen Sie das weitere Engagement in der Szene bewerten?

Mit der neuen Kooperation will man auch bei internationalen Turnieren punkten.
Foto: Willhaben

Vošicky: Kurzfristig messen wir Reichweiten über alle jeweiligen Kanäle der Ligen und Teams – daran messen wir auch den Erfolg der Kooperation. Auf lange Sicht gesehen schauen wir uns die Markenwahrnehmung in der jungen Zielgruppe, also der unter 24-Jährigen, an und beobachteten dort in den letzten Jahren deutliche Steigerungen, die dann wieder zu mehr Traffic auf unseren Plattformen und Apps führen.

STANDARD: Sie hatten bereits eine Kooperation mit einem Team – wieso jetzt der Wechsel?

Vošicky: Genau. Wir starteten 2018 mit einer Kooperation mit den Tickling Tentacles. Nach einem Jahr übernahmen wir die Teams des Vereins als Werksteams und konnten die Zügel selbst in die Hand nehmen. Das funktionierte super, führte aber auch zu enormen Ressourcen-Aufwand. Wollten wir weiter wachsen, müssten wir eine eigene E-Sports-Unit gründen oder in ein bestehendes Team investieren. Schlussendlich macht es aber Sinn, gerade in einem kleinen E-Sport-Land wie Österreich, die Kräfte zu bündeln und gemeinsam am Wachstum zu arbeiten. Austrian Force war da die perfekte Wahl: etabliert in der Szene, bringt eine riesige Community mit und ist uns von den Werten ähnlich.

Seit zehn Jahren ist Vosicky bei Willhaben, vor fünf Jahren hat er E-Sport als Teil der Marketing-Strategie etabliert.
Foto: Franz Vosicky

STANDARD: Sie waren die einzige Brand in Österreich – wenn das noch stimmt – die eigene Teams oder zumindest eigene Spieler "unter Vertrag" genommen habt. Wie hat sich das angefühlt, als Pionier zu arbeiten und wie groß ist die Enttäuschung, dass keine Brand in Österreich nachgezogen ist?

Vošicky: Das war richtig cool. Es gab zahlreiche Anfragen zu Panels, Diskussionsrunden oder Impulsvorträgen, da kaum jemand aus der Wirtschaft etwas mit dem Thema anfangen konnte. Die Tatsache, dass ein Player wie Willhaben investiert hat, war da schon sehr spannend.

In Österreich ist ja tatsächlich niemand nachgezogen – derweil wäre es echt einfach und günstig gewesen und hätte sich schnell rentiert. Wenn man nach Deutschland schaut, haben es ein paar Marken verstanden. Seitdem wir in E-Sport investierten, kamen allein in der Prime League für League of Legends folgende Marken dazu: E wie einfach (E.ON), Eintracht Frankfurt, DKB, Kaufland, Rhein-Neckar Löwen, Ratiopharm Ulm und mehr.

In Österreich bin ich sehr dankbar für das Engagement von A1 mit ihrer Subbrand A1esports und fand auch die ersten Versuche mit den Sponsorings der Ersten Bank sehr mutig.

STANDARD: Sie waren in den vergangenen Jahre sehr nahe dran an der Szene. Wie hat sich diese Ihrer Meinung nach entwickelt?

Vošicky: Anfangs gab es einige, die hier das schnelle Geld gerochen haben und unseriöse oder einfach schlechte Organisationen beziehungsweise Events starteten. Diese wurden aber mittlerweile schon von der Community abserviert. Die Teams wurden ebenfalls dezimiert und wesentlich professioneller aufgestellt. Was mir besonders positiv auffällt ist, dass deutlich mehr Jugend nachkommt und kompetitives Gaming einen immer größeren Anteil des Gaming-Markts einnimmt. Es geht nach oben – langsam, aber stetig!

STANDARD: Hat Corona einen Dämpfer gegeben?

Vošicky: Jein. Wer schon mal ein E-Sport-Event live erlebt hat, weiß, dass diese Stimmung einmalig ist und einen vom Interessierten zum Fan werden lässt. Diese sind natürlich ausgeblieben, andererseits fing jeder an zu zocken und Twitch sowie Discord erlebten All-Time-Highs.

Austrian Force Esports

STANDARD: Wenn man nicht den richtigen Kanälen folgt, bekommt man – wie wohl bei vielen Themen – nicht alle Entwicklungen mit. A1 taucht auf Social Media immer wieder mit Postings auf, Red Bull ebenso. Magenta hat offenbar jegliche Ambition in diese Richtung fallen gelassen und die ORF-Sendung rund um E-Sport wurde auch schnell wieder eingestellt. Ist Österreich das richtige Pflaster, um sich als Firma im E-Sport zu engagieren?

Vošicky: E-Sport kennt keine Grenzen. Das ist einerseits ein absolut zu befürwortender Aspekt, andererseits macht es das für rein österreichische Brands deutlich schwieriger. Online-Reichweiten werden, ob man will oder nicht, zu einem sehr großen Teil nicht in Österreich erzielt. Zusätzlich kommt dazu, dass es immer noch keine klaren Gesetze zu E-Sport in Österreich gibt, wenn es zum Beispiel ums Arbeitsrecht geht, was das Führen einer eigenen E-Sport-Organisation deutlich erschwert.

Die Marken, die Sie ansprechen, fokussieren auf Events, und die waren alle großartig! Die A1 Finali sind Highlights der Österreichischen E-Sport-Geschichte und auch die Red Bull Lan-Partys sind grandios. Etwas in dieser Richtung wird starke Branding-Effekte ermöglichen, aber ist halt sehr kostenintensiv. Das kann sich nicht jede Firma leisten – ich glaube aber stark daran, dass sich Sponsorings auch für kleinere Unternehmen in Österreich auszahlen. Und es muss nicht E-Sport sein. Österreich hat auch großartige Gaming-Influencer:innen.

Seit Beginn des Engagements im E-Sport konnte die Brand bereits mehrere Titel gewinnen.
Foto: A1eSports/Florian Wieser

STANDARD: Wie geht es mit Willhaben in Kombination mit E-Sport weiter?

Vošicky: Dieses Jahr als glücklicher Hauptsponsor von Austrian Force Willhaben.

STANDARD: Wollen Sie eine Prognose wagen? Wird man in fünf Jahren mehr über E-Sport in Österreich lesen und sehen oder wird es einfach eine kleine und feine Nische bleiben, wie sie jetzt eine ist?

Vošicky: Ich bin mir sicher, dass die Zuseher:innen-Zahlen und Besucher:innen von E-Sport-Events deutlich zunehmen werden. Jugendliche, die in den letzten Jahren damit aufgewachsen sind, egal ob mit "Fortnite" oder "League Of Legends", kommen in ein kaufkräftiges Alter, womit die Nachfrage wachsen wird. Ob wir in klassischen Medien mehr darüber lesen oder sehen werden, bin ich mir nicht so sicher – das hängt wohl mehr davon ab, ob es diese schaffen, die Jungen als Leser:innen bzw. Zuseher:innen zu halten. (Alexander Amon, 28.1.2023)