Damit der Bus in der Stadt und auf dem Land Fahrt aufnimmt, müssen Öffis generell attraktiver gestaltet werden, sind Mobilitätsexperten überzeugt.

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Er schlängelt durch die Straßen, auf der Autos verboten sind. Dabei erschließt er die abgelegensten Ecken der Stadt. Elektronisch angetrieben, lenkt ihn eine Maschine. Wer ihn verpasst, muss nicht lange warten, denn er fährt im Minutentakt: der Bus der Zukunft.

Geht es um klimafreundlichen Verkehr, ist oft die Rede von der Bahn. Wird die Mobilität der Zukunft geplant, ist die Schiene der große Star. Der Bus spielt dabei eine unscheinbare Zubringerrolle. Dabei hat er viel zu bieten.

Er ist flexibel in Routen und Fahrzeiten; braucht keine Schienen und damit keine großen Umbauarbeiten, die Teile der Stadt lahmlegen. Als E-Busse sind die Fahrzeuge umweltschonend unterwegs; Radlerinnen und Fußgänger müssen keine giftigen Abgase mehr einatmen. Könnte der Bus der Underdog sein, der die Menschen künftig weg vom Auto und in die Öffis transportiert?

Jonathan Fetka arbeitet am Forschungsbereich Verkehrssystemplanung (Move) der TU Wien. Er ist überzeugt: "Der Bus hat Zukunft." Allerdings warten in Stadt und Land unterschiedliche Herausforderungen.

Eigene Busspuren

Wer die Menschen davon abhalten wolle, ins Auto zu steigen, müsse Öffis attraktiver gestalten, damit sie als Alternative in Stadt und Dorf endlich Fahrt aufnähmen. Denn von den über 42 Prozent der gesamten Emissionen, die der Verkehr in Wien verursacht, seien nur drei Prozent auf Bus, Tram und U-Bahn zurückzuführen.

In der Stadt könne man Busse mit verhältnismäßig einfachen Maßnahmen wortwörtlich beschleunigen, erklärt Fetka. Beispielsweise indem man sie bei Ampelschaltungen bevorrangt oder ihnen eigene Fahrspuren widmet. Das werde teilweise schon erfolgreich gemacht. Städte wie Straßburg oder Bogotá zeigen, wie gut eigene Fahrstreifen funktionieren.

Klimafreundlich wird der Bus, indem er mit Wasserstoff oder elektrisch angetrieben wird. "Die Busse der Zukunft sind in irgendeiner Form alternativ angetrieben", sagt Astrid Gühnemann, Leiterin des Instituts für Verkehrswesen an der Universität für Bodenkultur.

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Mit Wasserstoff oder elektrisch angetrieben, fährt der Bus klimafreundlich.
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Klimaschonender Antrieb

Welche Technologien sich schlussendlich durchsetzen würden, sei jedoch noch nicht geklärt. Batteriegetriebene Busse würden sich vor allem für Innenstädte anbieten, wo sie nur kurze Routen zurücklegen. Eine Herausforderung sei derzeit noch die Ladung.

Bei längeren Stehzeiten könnten die Fahrzeuge zwischendurch laden, ansonsten über Nacht in der Garage. Oberleitungsbusse wiederum seien einfach mit Strom zu versorgen, allerdings werde dafür Infrastruktur benötigt.

Eine Lösung könnten auch Hybride sein, bei denen der Bus einen Teil der Strecke mit Oberleitung – "und dann batteriegetrieben weiterfährt", sagt Gühnemann.

In Großbritannien seien bereits induktionsgeladene Elektrobusse getestet worden. Das Laden dieser Fahrzeuge geschieht ohne Kabel und auch sonst kontaktlos. Der Bus macht dabei über Induktionsspulen halt. Dann werden die Empfängerspulen am Unterboden der Elektrofahrzeuge aktiviert und nehmen über ein Magnetfeld die elektrische Energie in die Fahrzeugbatterie auf.

In ländlichen Gegenden

Ganz anderen Herausforderungen als in der Stadt begegnen Busse auf dem Land. Dass weniger Menschen die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen, scheitert häufig an der sogenannten letzten Meile: "Umsteigen ist für die meisten Fahrgäste ein großer Hinderungsfaktor", weiß Gühnemann.

Da Dörfer und kleine Städte weniger dicht besiedelt sind, rentiert es sich vielerorts nicht, wenn Busse alle fünf Minuten fahren. Neben Linienbussen braucht es auch öffentlichen Bedarfsverkehr und damit Fahrzeuge, die für alle zugänglich gerufen werden können.

Eine Lösung ist beispielsweise, dass Kleinbusse als Sammeltaxis einzelne Stationen abklappern. Wer eine Mitfahrgelegenheit zum Supermarkt, in die Musikschule oder zum Fußballtraining braucht, bestellt den Bus via App oder auch telefonisch. Ein Algorithmus errechnet die geeignete Route. Dann kutschieren die Kleinbusse ihre Gäste, wohin sie möchten. Der Preis ist abhängig von der Strecke und der Anzahl der Personen pro Fahrt.

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Auf dem Land brauchen die Menschen Angebote für Bedarfsverkehr.
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Vor die Haustür

Tatsächlich zeigen Pilotprojekte mit Sammeltaxis etwa in Niederösterreich, Salzburg und Tirol großes Potenzial. In Melk und Tulln beispielsweise kommt der Bus vor die Haustür und fährt auf Wunsch zu definierten Zielsammelstellen. Das Konzept soll noch dieses Jahr auf den Großraum Amstetten ausgeweitet werden. Für individuelle Wege ist somit kein eigenes Auto mehr nötig.

Derzeit gibt es jedoch noch einige Hürden. Die einzelnen öffentlichen Verkehrsmittel seien noch schlecht vernetzt, wie Expertin Gühnemann erklärt. Die Abfahrten und Routen müssten idealerweise in einer App oder auf einer Seite gebündelt sein. Dafür müssten Kleinstanbieter erst ihre Technologie umstellen, was mit Kosten verbunden ist. Auch beim Datenschutz seien Fragen offen.

Mobyome, ein Unternehmen, das an alternativen Mobilitätslösungen in Kleinstädten und in ländlichen Gemeinden arbeitet, hat alle Angebote unter bedarfsverkehr.at gesammelt. "Die meisten Menschen kennen ihre Optionen gar nicht", sagt Christoph Kirchberger, Mitgründer von Mobyome.

Gefragt nach seiner Vision für öffentlichen Verkehr, antwortet er: Der Bus der Zukunft werde flexibel einsetzbar sein und in seiner Größe über den Tag verteilt variieren. Zudem sind Linien- und Bedarfsverkehr ein gemeinsames Konzept.

In der Region Krems/Hollabrunn habe man das verstanden und vergangenes Jahr erstmals ein Angebot ausgeschrieben, das beide Konzepte miteinbeziehe, weiß Kirchberger.

Freiwilliger Fahrdienst

Damit Menschen, die sich ein Auto leisten können, auf Öffis umsteigen, müssen sie Folgendes bieten: Betriebszeiten nahezu den ganzen Tag, spontan und in einer App buchbar, garantierte Anschlüsse und Lösungen für den Transport großer Einkäufe.

Eine weitere Alternative bieten auch Freiwilligensysteme. In der Rund-1800-Einwohner-Gemeinde Winklarn in Niederösterreich etwa bekommen Fahrerinnen und Fahrer vergünstigte Jahresmitgliedschaften. Eine Einzelfahrt kostet zwei Euro. Das E-Auto kann von Montag bis Freitag gerufen werden.

"Derartige Konzepte packen viele Probleme an der Wurzel. Die Potenziale sind riesig", sagt Mobilitätsforscher Fetka. Seiner Meinung nach sind Shuttlebusse eine Lösung, um individual motorisierten Pendlerverkehr und Mobilitätsarmut zu verringern.

Der automatisierte Bus

Was das automatisierte Fahren betrifft, rechnet Fetka eher mit einer schrittweisen Einführung. Das vollständig autonom fahrende Auto zeichne sich derzeit noch nicht ab. Denn während Fahrzeuge in Tunneln schon seit langer Zeit automatisiert fahren könnten, sei der Straßenverkehr um einiges komplexer.

So seien Systeme in Australien etwa von hüpfenden Kängurus irritiert, in Boston wurden Möwen mit Gegenständen auf der Fahrbahn verwechselt. Ähnliche Probleme könnte es mit Fiakern in Wien oder über der Straße querenden Gondeln in Skigebieten geben – geschweige denn mit der Vielzahl an unterschiedlichen Verkehrsteilnehmern.

Eine Alternative wäre der Umbau von Straßenräumen, etwa mit Zäunen, um mögliche Verkehrsszenarien zu reduzieren. Da stelle sich jedoch die Frage, ob wir wirklich in solchen Städten leben wollen. In einer Stadt brauche es für viele unterschiedliche Menschen viele unterschiedliche Lösungen. (Julia Beirer, Lisa Breit, 30.1.2023)