Ist ein Tsitsipas (l.) in Bestform gut genug für Djokovic?

Foto: APA/AFP/WILLIAM WEST/ANTHONY WAL

Melbourne – Ein Jahr nach seiner Abschiebung noch vor dem ersten Schlag bei den Australian Open will Novak Djokovic am Sonntag wieder die Siegestrophäe holen. Der 35-jährige Serbe kann das nirgends so gut wie in Melbourne. Sollte sich Djokovic am Sonntag (09.30 Uhr MEZ/live ServusTV, Eurosport) gegen Herausforderer Stefanos Tsitsipas durchsetzen, wäre es schon sein zehnter Grand-Slam-Titel "down under". Und er würde mit Allzeitleader Rafael Nadal mit dem 22. Major-Titel gleichziehen.

Wegen seiner nicht erfolgten Covid-19-Impfung, tagelangem Aufenthalt in einem Abschiebehotel samt Gerichtsverhandlung hatte Djokovic vor Jahresfrist für weltweite Schlagzeilen gesorgt. Dies möchte der Serbe gern vergessen machen, auch wenn er 2023 nicht ohne Zusatzstress ins Finale kam: eine Oberschenkelverletzung, einige zu ihm ungute Zuschauer und dem unbedachten Auftritt seines Vaters mit Fans vor einer russischen Fahne haben es ihm teilweise schwer gemacht. Hinzu kommt der ihn seit vielen Jahren verfolgende Grundsatz-Verdacht, dass er Verletzungen vortäusche.

Klares Head-to-Head

Doch mit dem glatten Halbfinal-Sieg über den US-Amerikaner Tommy Paul hat er seine Siegesstrecke in Melbourne auf 27 ausgebaut. Dies ist ein Rekord in der Profi-Ära beim "Happy Slam". Zudem hat Djokovic auch alle neun vorangegangenen Finali bei den "Aussie Open" gewonnen. Was noch für den "Djoker" spricht: im nun schon 13. Generationen-Duell mit dem 24-jährigen Tsitsipas ist er auch statistisch gesehen Favorit. Djokovic führt im Head-to-Head mit 10:2 und hat die vergangenen neun Partien gewonnen.

Mit einem Sieg würde Djokovic auch wieder auf Platz 1 im ATP-Ranking zurückkehren, ein Platz, den der Wimbledon-Sieger ohnehin schon einnehmen würde, wenn es im Rasen-Mekka 2022 Punkte gegeben hätte. "Natürlich habe ich Ziele und Ambitionen. Das sind die Grand Slams und die Nummer 1 der Welt", sagte Djokovic und fügte hinzu: "Ich möchte in diesem Sport mehr Geschichte schreiben, ganz klar."

Es wird ihm gern als despektierlich ausgelegt oder zumindest als Psychospielchen. Er sei "einer der interessantesten Burschen auf der Tour, mit seinen Interessen abseits des Platzes und mit seiner Frisur und allem", sagte Djokovic über Tsitsipas. Und schon einige Tage davor hat er vorgegeben, sich nicht an das Major-Finale gegen den Griechen bei den French Open 2021 erinnern zu können. Dabei hatte er dieses nach einem 0:2-Satzrückstand gegen Tsitsipas noch gewonnen. Tsitsipas' Konter unmittelbar nach dem Finaleinzug in Melbourne lautete: "Ich kann mich auch nicht erinnern."

"Kindheitstraum"

Die Stimmung zwischen den Beiden scheint aufgeheizt, und in der Rod Laver Arena wird es auch wegen der zahlreichen und lautstarken griechischen und serbischen Fans laut werden. Djokovic hat bis ins Endspiel nur einen Satz abgegeben, aber auch Tsitsipas spielte enorm stabil und deutete an, dass er als Einziger dem Dominator gefährlich werden könnte. Für das "große Spiel" am Sonntag könne er "nicht bereiter sein", sagte der Weltranglisten-Vierte.

Was übrigens nicht vergessen werden sollte: Auch Tsitsipas könnte mit seinem ersten Major-Titel am Montag den Tennis-Thron besteigen. "Es ist ein Grand-Slam-Finale, ich kämpfe um die Nummer 1. Es ist ein Kindheitstraum, einmal diesen Platz einzunehmen. Ich bin knapp dran", sagte Tsitsipas. (APA, 28.1.2023)