Tom Verlaine ist tot. Der New Yorker Punk-Pionier hat mit seiner Band Television Musikgeschichte geschrieben. Er wurde 73 Jahre alt.

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Wenn er mit seinem bürgerlichen Namen Thomas Miller eine Grenze passierte, nahm niemand besonders Notiz von ihm. Betrat er aber als Tom Verlaine eine Bühne, warfen sich die prominentesten Gitarristen vor ihm in den Staub.

Als Tom Verlaine ging er in die Musikgeschichte ein. 1973 gründete er mit einem gewissen Richard Meyers die Band Television. Meyers wurde später als Richard Hell ein großer Name des New Yorker Punk der 1970er – so wie Verlaine mit Television. Nun ist Tom Verlaine im Alter von 73 Jahren gestorben.

Mit Television verdeutlichte er in der Zeitenwende des Punk, dass dieser neue Stil sich vor allem dadurch auszeichnete, dass man sich mit ihm zwischen alle Stühle setzte. Die Musik von Television war nicht kurz und schnell und aggressiv – mit ihrem 1977 veröffentlichten Album Marquee Moon führten sie vor, dass selbst ein Zehnminüter als Punk durchgehen konnte.

Verlaines Spiel besaß eine poetische Eleganz, die nicht auf die Überzeugungskraft heftiger Akkorde baute, sondern beim Jazz seinen Ausgang nahm. Das Fach interessierte den am 13. Dezember 1949 in New Jersey Geborenen ursprünglich am meisten. Erst mit einer Epiphanie angesichts des Rolling Stones-Songs 19th Nervous Breakdown soll der schmal gebaute Mann mit den charismatischen Wangenknochen das Gitarrenspiel in Betracht gezogen haben, der Rest ist Geschichte.

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Wiewohl Television nur drei Alben aufgenommen haben, wurden sie vor allem mit ihren Debüt und personellen Überschneidungen zur Künstlerinnen wie Patti Smith und anderen der New Yorker Punk-Szenen zu Ideenspendern für etliche Bands. Verlaines Gitarre ist etwa auf Smith' erster Single Hey Joe und später auf ihrem Meisterwerk Horses zu hören.

In den Bestenlisten stets ganz vorne

Was The Velvet Underground für die 1960er bedeuteten, waren Television für die 1970er. Brian Eno war ein Fan und produzierte Demos mit der Band, die mochte jedoch Enos düsteren Sound nicht

Marquee Moon zählt zu den musikalischen Meilensteinen der 1970er-Jahre und wird in einschlägigen Bestenlisten stets weit vorne gereiht — wiewohl das Album hauptsächlich in England ein kommerzieller Erfolg war.

Tom Verlaine - Topic

Schon 1978 löste sich die Band auf, Verlaine veröffentlichte im Jahr darauf sein erstes Soloalbum, dessen Song Kingdom Come David Bowie auf seinem Album Scary Monsters coverte. Acht weitere Soloarbeiten folgten, und in den 1990ern reformierten sich Television für drei Jahre. Die Verehrung von damals angesagten Bands wie Sonic Youth, bescherte ihnen ein neues Publikum.

Super Supergroup

Mit Mitgliedern von Wilco und Sonic Youth formte Verlaine die Formation Million Dollar Bashers, und er war im Gespräch mit Jeff Buckley, um dessen zweites Album zu produzieren, doch der starb davor.

In den Nullerjahren fand Television dann erneut zusammen, seither tourten sie im Legendenstatus, sehr oft als Act kuratierter Festivals. 2007 beteiligte sich Verlaine mit einem Song am Bob Dylan-Biopic I’m Not There; schließlich war es Dylan, der Thomas Miller einst zur Namensänderung inspirierte – nach dem französischen Symbolisten Paul Verlaine.

Nach kurzer Krankheit ist Tom Verlaine am Samstag gestorben. (Karl Fluch, 29.1.2023)