Arbeiter reparieren eine beschädigte Eisenbahnstrecke nicht weit von Charkiw und nahe der Grenze zu Russland. Unternehmen, die aus der Sicht Kiews das russische Regime unterstützen, werden sanktioniert.

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Die Ukraine erhöht den Druck auf Unternehmen und Personen, die von Kiew mit dem russischen Angriffskrieg in Verbindung gebracht werden beziehungsweise ihrer Ansicht nach das russische Regime unterstützen. In einem am Samstag veröffentlichten Erlass des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj finden sich auch russische Töchter heimischer Unternehmen, die mit Sanktionen – unter anderem der Beschlagnahme von Vermögen – belegt werden. Einmal mehr nimmt die Ukraine auch Raiffeisen ins Visier.

Konkret umfasst die Liste aus dem 344 Seiten umfassenden Dekret 182 Unternehmen und drei Personen, die der Ukraine als "Kriegshelfer" gelten. Darunter befinden sich russische und belarussische Unternehmen, die hauptsächlich im Transportsektor und dem damit verbundenen Fahrzeugleasing tätig sind. Bei letzterem Punkt kommt neben der russischen VTB-Leasing und der Gazprombank Leasing auch die russische Raiffeisen-Leasing-Tochter ins Spiel. Zur Last gelegt werden ihnen allesamt der Bahntransport von Personal und Militärtechnik im Auftrag Russlands.

Giebelkreuz im Visier

Konkret findet sich die Raiffeisen-Leasing auf Listenplatz 162 in dem Erlass. Sie ist eine Tochter der Raiffeisen Bank International (RBI), in der deren Vorstand Peter Lennkh für die Beteiligung zuständig ist. Er steht – wie berichtet – seit längerem auf jener Liste von Personen, die Sanktionen "zu erwarten" haben, und zwar wie fast der gesamte RBI-Vorstand.

Die aktuellen Strafmaßnahmen gelten ab sofort. Sie bedeuten, dass geleaste Güter der Kunden von Raiffeisen-Leasing Russland auf ukrainischem Territorium beschlagnahmt werden können, erklärte ein Sprecher der Bank gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Das von der Leasingtochter finanzierte Volumen bezifferte die Bank mit 362 Millionen Euro Ende Dezember. Seit Ausbruch des Krieges habe man keine neuen Leasingverträge mehr abgeschlossen, hieß es. Die RBI selbst zählt nach wie vor zu den zehn größten Kreditinstituten des Landes.

Unicredit Leasing auch erfasst

Auch die russischen Töchter der Unicredit Leasing finden sich in dem Dokument (Platz 115) – die Muttergesellschaft gehört der Unicredit Bank Austria und verantwortet das gesamte Leasinggeschäft der Bank.

Neben Raiffeisen tauchen in dem Erlass weitere Unternehmen mit österreichischen Verbindungen auf, die ebenfalls in Russland Geschäfte machen: etwa auf Platz 117 die belarussische Tochtergesellschaft von Kronospan, die beide zum Holzimperium der Familie Kaindl gehören.

Detaillierte Liste

Was ihr und allen anderen von den Zwangsmaßnahmen Betroffenen im Lande untersagt ist, wird in der Sanktionsliste detailliert aufgezählt – und diese Liste ist umfangreich. Den Unternehmen beziehungsweise Personen wird das Verfügungsrecht über ihre Vermögenswerte gesperrt, der Geschäftsbetrieb zur Gänze untersagt; auch Lieferungen aus oder an die Unternehmen sind auf dem Luft- oder Landweg innerhalb des ukrainischen Staatsgebiets nicht mehr möglich.

Das Kapital der Gesellschaft kann nicht mehr abgezogen, also nicht außer Landes gebracht, werden, alle wirtschaftlichen und finanziellen Verpflichtungen gelten als ausgesetzt. Die Rechte aus Lizenzen und anderen Genehmigungen für die Geschäfte, die das Unternehmen macht, sind annulliert. Untersagt ist gemäß Sanktionsliste auch die Teilnahme an etwaigen Privatisierungen. Jegliche Transaktion von Wertpapieren, die die sanktionierte Gesellschaft ausgegeben hat, ist verboten oder teilweise verboten. Währungstransaktionen mit dem Ausland sind ebenso untersagt wie Kapitalerhöhungen der betroffenen Gesellschaft. Sie darf keine Immobilien erwerben, für bestimmte Geschäftszweige, vor allem jene im Sicherheits- und Verteidigungsbereich, gelten Handelsabkommen oder gemeinsame Projekte mit der Ukraine als beendet.

Geld für Verteidigung

Was mit den beschlagnahmten Vermögen geschehen soll, hat Wolodymyr Selenskyj in einer Videobotschaft erklärt: "Ihr Vermögen in der Ukraine ist blockiert, ihr Besitz wird für unsere Verteidigung verwendet." (Renate Graber, Regina Bruckner, 30.1.2023)