Die EZB wird am Donnerstag die Zinsen weiter anheben. Für Kreditnehmer wird das schneller spürbar als für Sparer.

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Wien – Die kommende Woche steht auch im Zeichen der Zinsen. Am Mittwoch tagt die Fed in den USA, und am Donnerstag treffen die Experten der EZB zusammen. In beiden Fällen wird erwartet, dass die Leitzinsen weiter angehoben werden. Doch das Tempo könnte gedrosselt werden.

In den USA hat der Inflationsdruck zuletzt abgenommen, damit ist auch die Rezessionsgefahr gesunken. Die US-Fed wird – so erwarten es Analysten – am Mittwoch daher die Zinsen nur noch um 0,25 Prozentpunkte anheben. Nach einer Leitzinserhöhung auf die neue Spanne von 4,50 bis 4,75 Prozent dürfte es nach Ansicht von Beobachtern damit nicht mehr lange dauern, bis die Fed eine Zinspause einlegt. In ihrem Ausblick vor dem Jahreswechsel hatte die Fed-Führungsriege für Ende 2023 im Mittel ein Leitzinsniveau von 5,1 Prozent veranschlagt.

Mehr Spielraum

Die US-Inflationsrate sank im Dezember auf 6,5 Prozent. Im November war sie noch bei 7,1 Prozent gelesen. Der sechste Rückgang in Folge bietet der US-Zentralbank Spielraum für einen weniger aggressiven geldpolitischen Kurs. Die US-Währungshüter um Fed-Chef Jerome Powell haben bereits im Dezember das Tempo etwas verringert und den Schlüsselsatz nur noch um einem halben Punkt angehoben. Zuvor hatten sie ihn viermal in Folge um jeweils 0,75 Prozentpunkte nach oben getrieben, um der ausufernden Inflation Paroli zu bieten.

Die Bayern-LB-Experten Gebhard Stadler und Roland Gnan erwarten, dass die Fed nun erstmals im aktuellen Zinszyklus behutsamer agieren wird als die Europäische Zentralbank (EZB), die am Donnerstag eine weitere Erhöhung um einen halben Prozentpunkt beschließen dürfte. Sie verweisen darauf, dass in den USA die Inflation im vierten Quartal auch abseits der Energiepreise einen Abwärtstrend einschlug, während die Kernteuerung im Euroraum ein neues Hoch von 5,2 Prozent erreichte.

Niveau von 2008

Für Europa wird erwartet, dass kommenden Donnerstag sowohl die EZB als auch die Bank of England (BoE) ihre Zinssätze um jeweils einen halben Punkt (0,5 Prozent) nach oben schrauben werden. Damit würde der Leitzins in der Eurozone auf drei Prozent steigen. Seit Ausbruch der Finanzkrise 2008 war der Leitzins nicht mehr so hoch.

Zur Erinnerung: Im Zuge der Finanzkrise wurden die Zinsen Schritt für Schritt auf null Prozent gesenkt, das Nullzinsumfeld wurde 2016 eingeleitet. Die aufgrund der gestiegenen Energiepreise anziehende Inflation hatten die Währungshüter im Euroraum anfangs ignoriert. Erst im Juli 2022, Monate nachdem die Fed die Zinsen bereits erhöht hatte, zog die EZB nach. Seither wurden die Leitzinsen in vier Schritten auf aktuell 2,5 Prozent angehoben.

Bis zu einem Jahr zur vollen Wirkung

"Bis eine Zinserhöhung wirkt und sich auf die Preise durchschlägt, dauert es circa ein dreiviertel Jahr bis Jahr", sagt Josef Baumgartner, der beim Wifo für Makroökonomie und europäische Wirtschaftspolitik zuständig ist. Damit ist auch erklärbar, dass das Ziel der Notenbanken – durch höhere Zinsen die Nachfrage zu schwächen, womit die Preise wieder sinken – noch nicht erreicht ist.

In Österreich, wie in vielen Ländern Europas, wurden diverse Hilfsgelder verteilt, um die Folgen der Teuerung für die Privathaushalte abzufedern. Die mit der Gießkanne verteilten Ausgleichszahlungen verschieben diesen Effekt jedoch und wirken laut Baumgartner kontraproduktiv, weil damit die Kaufkraft vorübergehend erhalten und die Inflation weiter befeuert wird.

Ob es für die EZB auch bereits einen Spielraum gibt, wird sich am Mittwoch zeigen, wenn die Vorabschätzungen für die Inflation im Jänner publik werden. In Österreich wird die Statistik Austria die Schnellschätzung vorlegen. Zwar schwächte sich der Anstieg der Teuerung zuletzt bereits ab. Mit einer Teuerungsrate von 9,2 Prozent im Dezember lag die Inflation im Euroraum aber immer noch mehr als viermal so hoch wie das Inflationsziel der EZB, das bei zwei Prozent liegt.

Freud und Leid

Steigen die Zinsen weiter, erfreut das vor allem Sparer, weil dann auch der Zins für Einlagen weiter steigt. Bis sich Sparen aber wieder lohnt, wird es dauern. Die Zinsen für ein täglich fälliges Sparbuch sind noch immer niedrig. Das attraktivste Angebot hat laut dem Bankenrechner der Arbeiterkammer aktuell die VKB-Bank mit einem Zinssatz von 0,5 Prozent, gefolgt von der Bank Burgenland mit 0,375 Prozent. Alle weiteren täglich fälligen Produkte stehen noch immer bei 0,050 Prozent und weniger.

Den Zinsanstieg spüren hingegen jene Kreditnehmer bereits deutlich, die einen variabel verzinsten Kredit haben. Auch die Neuaufnahme von Geld ist bedeutend teurer geworden. Für einen Kredit in der Höhe von 10.000 Euro fällt laut dem Kreditrechner der Arbeiterkammer bei der Oberbank ein effektiver Jahreszins von 8,950 Prozent an. Im Ranking der Arbeiterkammer ist die Oberbank damit die teuerste Bank. Das günstigste Angebot mit einem Jahreszins von 3,49 Prozent bietet die Austrian Anadi Bank. Zu beachten sind im Kreditsektor vor allem auch die teils beträchtlichen Bearbeitungsgebühren.

Erwartungshaltung: Inflation bleibt hoch

Verbraucher und Unternehmen in den meisten fortgeschrittenen Volkswirtschaften gehen aktuell aber davon aus, dass die Inflation trotz jüngster Rückgänge mittelfristig höher bleiben wird als die Zielvorgaben der Zentralbanken. Das berichtet die "Financial Times" und stützt sich dabei auf Umfragen.

Das kann aber auch gefährlich sein: "Inflationserwartungen können eine sich selbst erfüllende Prophezeiung sein, da höhere Erwartungen die angestrebten inflationären Bedingungen auslösen", sagte Nathan Sheets, Chefökonom der US-Bank Citigroup, zur "Financial Times". Wenn die Zentralbanken die Zinsen über einen längeren Zeitraum hoch halten oder sie stärker als von den Anlegern erwartet anheben, könnte zudem die Anleihemarktrallye ins Stocken geraten. (Bettina Pfluger, 30.1.2023)