Am Platz angekommen, den Rucksack geöffnet – und schon liegt das Handy inklusive Laptop auf dem Tisch mit Marmoroberfläche und gusseisernem Standbein. Dann noch schnell ein Heißgetränk bestellt, schon werden die Kopfhörer aufgesetzt, und der Kopf versinkt in dem Projekt, das unbedingt angegangen werde sollte, für das zu Hause aber einfach kein Raum – oder keine Atmosphäre – zu finden war. Besucht man diverse Kaffeehäuser in Wien, lässt sich bilanzieren: Das Arbeiten in Kaffeehäusern ist kein Bild aus Filmszenen in New York, sondern auch hierzulande längst gelebte Praxis.

"Moment, ich muss erst meine Kopfhörer verbinden!"
Foto: https://www.istockphoto.com/de/portfolio/Khosrork

Doch nicht alle Betriebe sind glücklich mit solch einem Habitus. So antwortete etwa ein Wiener Kaffeehaus auf eine enttäuschte Google-Bewertung, in der kritisiert wird, dass ab 15 Uhr keine Laptops im Schanigarten verwendet werden dürfen: "Wir haben generell ein 'Laptop-Verbot' im Garten erhoben, da wir uns nicht als Coworking-Space verstehen und auch nicht mehr so viel Platz zur Verfügung haben. Komm doch, wenn Du nicht arbeiten musst." Ist das Kaffeehaus also ein sozialer Ort, an dem der Austausch gepflegt werden soll? Laut einer Aktion der "Vollpension" im vergangenen Jahr lässt sich diese Frage eindeutig mit einem Ja beantworten: Gab man sein Handy während des Besuchs in eine verschließbare Box, wurde dies mit einem Rabatt von zehn Prozent belohnt.

Fehlender Arbeitsplatz

Gleichzeitig liegt das mobile Arbeiten im Trend, während Selbstständigkeit oder andere Faktoren dazu führen können, nicht mehr an ein Büro angebunden zu sein. Zusätzlich ist für einen Arbeitsplatz oder gar ein Arbeitszimmer innerhalb der eigenen Wohnung oft nicht genug Platz vorhanden, bedenkt man, dass Neubauwohnungen, die in Wien zwischen 2020 und 2022 entstanden, im Schnitt 58 Quadratmeter groß sind. Dazu kommt, dass Personen, die regelmäßig zum Arbeiten vorbeikommen, für die Betriebe zu einer Stammklientel mit einem relativ fixen Umsatz werden, der positiv zu Buche schlägt – sofern mehr als ein Espresso bestellt wird.

Und schließlich kann hinterfragt werden, ob das "Gemeinsamsein" denn wirklich so urtypisch für die Wiener Kaffeehauskultur ist, hieß es doch bereits bei dem 1955 verstorbenen Wiener Schriftsteller Alfred Polgar: "Im Kaffeehaus sitzen die Leute, die allein sein wollen, aber dazu Gesellschaft brauchen."

Laptop neben der Melange?

Führen Sie Ihren Schreibtisch manchmal ins Café aus? Ist diese Entwicklung zu begrüßen? Und an all jene, die ein Kaffeehaus betreiben: Welche Regeln gelten bei Ihnen? Tauschen Sie sich im Forum aus! (Tizian Rupp, 3.2.2023)