Ein Mitarbeiter des Halbleiterherstellers Globalfoundries hält einen Silizium-Wafer.

Foto: APA/dpa/Sebastian Kahnert

Alle zwei Jahre verdoppelt sich die Zahl der Transistoren auf modernen Computerchips, gemessen an ihrer Fläche. Diese hier vereinfacht formulierte Beobachtung von Gordon Moore, dem Mitgründer des IT-Konzerns Intel, wurde in der Branche unter dem Namen "Moore's Law" zu einer Art Leitlinie.

Doch das nie als solches formulierte Gesetz hält schon länger nicht mehr mit der Praxis mit. Und es könnte alsbald an seine physikalischen Grenzen stoßen. Die Entwicklung neuer Fertigungsprozesse wird immer schwieriger. Und unterhalb einer gewissen Strukturgröße – angenommen wird ein Bereich von circa zwei Nanometern – büßt Silizium jene Eigenschaften ein, die es als Halbleiter zur Herstellung von Transistoren mitbringt. Dann muss sich die Branche nach Alternativen umsehen, geforscht wird in diese Richtung schon seit längerem.

Eine mögliche Alternative zeigen nun Wissenschafterinnen und Wissenschafter des renommierten Massachussetts Institute of Technology (MIT) auf. Sie haben eine Methode erarbeitet, um 2D-Kristalle zu züchten, die Silizium ausstechen können.

Konfuses Kristallwachstum als Hürde

Unter zweidimensionalen Materialien versteht man solche, die aus nur einer Schicht an Molekülen bestehen. Das bekannteste Beispiel dafür ist Graphen, bei dem Kohlenstoffatome in einer "flachen", wabenförmigen Struktur angeordnet sind.

Am MIT hat man sich damit befasst, wie man monokristallines Wachstum auf Silizium-Wafern steuern kann. So kann man ein 2D-Material erzeugen, ohne dafür aufwendig Schichten von einem zuvor aufgetragenen, mehrschichtigen Material abtragen zu müssen. Viele Materialien, die für die Erzeugung von Transistoren zum Einsatz kommen, neigen zu polykristallinem Wachstum, erzeugen also mehrere Kristalle, die in zufällige Richtungen wachsen. Zwischen unterschiedlich ausgerichteten Kristallen entsteht dabei eine Barriere, die die elektrische Leitfähigkeit mindert.

Auf Saphiroberflächen konnten Forschende bereits erfolgreich monokristalline Strukturen züchten. Dessen hexagonale Struktur begünstigt 2D-Materialien dabei, sich ebenfalls in gleich ausgerichteten Kristallen anzuordnen. Allerdings sind die Fertigungsprozesse der Chipbranche auf Silizium ausgerichtet. Diese grundlegend auf ein anderes Material umzustellen, wäre ein teurer und sehr langwieriger Prozess.

Kristallimpfung mit Maske

Mit sogenannten Übergangsmetall-Dichalkogeniden (TMDs) ist es den MIT-Wissenschaftern nun gelungen, zweidimensionale Strukturen auf einem Silizium-Wafer zu züchten. Diese Strukturen sind defektfrei, bestehen also vollständig aus gleich ausgerichteten Einzelkristallen, und weisen in Nanometer-Formation eine höhere Leitfähigkeit auf als Silizium. TMDs bezeichnen eine Verbindung aus einem Übergangsmetall – meist Molybdän oder Wolfram – sowie entweder Schwefel, Selen oder Tellur.

Mittels einer "Maske" bzw. Schablone erzwingt man das Wachstum perfekter, zweidimensionaler, monokristalliner Strukturen.
Foto: MIT

Im ersten Schritt wurden die Wafer mit einzelnen Atomen "bedampft. Ohne weiterer Einflussnahme würden diese Impfkristalle bilden und zufällig zu wachsen beginnen. Um das zu vermeiden, beschichtete man den Wafer mit einer "Maske" aus Siliziumdioxid, die kleine Taschen formt, in denen jeweils Platz für die Enstehung eines TMD-Kristalls ist. Am Ende entsteht so eine Anordnung gleich ausgerichteter Kristalle.

Mit dieser Methode konnte man einen funktionalen 2D-Transistor formen, dessen elektrische Eigenschaften ebenbürtig zu einem Transistor aus dem gleichen Material sind, der mittels des Abtragungsverfahrens erzeugt wurde. Es gelang auch, mehrere, zweidimensionale Kristallschichten aufeinander zu legen. Dies könnte in Zukunft zur Herstellung multifunktionaler Beschichtungen genutzt werden, die sich auch auf flexiblen Materialien auftragen lassen.

Große Hoffnungen

Am MIT zeigt man sich sehr überzeugt von der eigenen Innovation. "Wir gehen davon aus, dass unsere Technologie die Entwicklung von neuartige, leistungsstarken elektronischen Geräten auf Basis zweidimensionaler Halbleiter ermöglicht", sagt Jeehwan Kim, Professor für Maschinenwesen. "Wir haben einen Weg gefunden, um wieder an das Moore'sche Gesetz anzuschließen."

Die Arbeit hat man im Paper "Nicht-epitaktisches Wachstum monokristalliner 2D-Materialien durch geometrische Begrenzung" beschrieben, das im Journal "Nature" erschienen ist. Zu den finanziellen Förderern der Forschung gehören unter anderem Darpa, Intel, Microlink und Samsung.

Für den Moment handelt es sich um einen Tauglichkeitsnachweis des erarbeiteten Konzepts. Bis das Verfahren so weit ausgereift ist, dass es bei der industriellen Chipfertigung zum Einsatz kommen kann, dürften noch einige Jahre vergehen. (gpi, 20.1.2023)