Bei jenen Bevölkerungsschichten, die nicht privilegiert sind und die nicht zu den Gutverdienern gehören, tobe ein ökonomischer Verteilungskampf, sagt Robert Willacker. Die Freiheitlichen seien die einzige Partei, die diese Menschen mit ihren Themen erfolgreich ansprechen kann. Unter anderem auch, weil sie ihnen das Gefühl gibt, es ist "in Ordnung, wie du bist, wie du sprichst, was du isst und ob du einen Diesel oder Benziner fährst", sagt der FPÖ-nahe Kommunikationsberater.

Willacker war zu Gast bei der Videodiskussion "STANDARD mitreden". Das Thema diese Woche: 45 Prozent der Wählerinnen und Wähler in Niederösterreich, die laut Wahltagsbefragung angeben, mit ihrem aktuellen Einkommen schlecht auszukommen, haben die FPÖ gewählt. SPÖ und Grüne kommen hier gemeinsam auf 27 Prozent. Bei Facharbeiterinnen und Facharbeitern sieht es für die Sozialdemokraten ähnlich düster aus. Warum hat die Linke bei Benachteiligten nichts zu melden?

Fokus auf akademische Eliten

Die FPÖ behauptet mit ihrem Versprechen, Grenzen dichtzumachen, eine Handlungsmacht zu haben, die sie in einem globalisierten Land wie Österreich gar nicht haben kann, kontert der SPÖ-Funktionär und Hochschullehrer Nikolaus Kowall. Das Problem der Sozialdemokratie sei, dass sie kein Konzept dafür gefunden habe, wie sie den Kapitalismus zähmen kann. Und: Die Partei müsse ihren Fokus auf akademische Eliten aufgeben und für Demokratisierung kämpfen. Was damit gemeint ist? Kowall erklärt es im Video.

Sehen Sie außerdem im Talk: Die Gründerin des Liberalen Forums, Heide Schmidt, widersprach Willacker heftig. Die FPÖ sage nur jenen, es "ist in Ordnung, wie du bist", die ohnehin so denken wie sie. Für andere gelte das nicht, und Ausländerinnen und Ausländer werden missbraucht und zu Feindbildern aufgebaut. Auch Schmidt rät der SPÖ dazu, auf die soziale Frage zu setzen – mit einem bedingungslosen Grundeinkommen.

Rolle der Impfpflicht?

Der Meinungsforscher Günther Ogris vom Sora-Institut erklärt: Warum konnte die FPÖ in Bezirken umso stärker punkten, die weiter weg von Wien sind? Politikwissenschafterin Katrin Praprotnik konstatiert, dass die SPÖ ein fundamentales Problem habe: Im Gegensatz zu den Wahlkämpfen der vergangenen Jahre zählte die Teuerung und damit ein Sozialthema diesmal zu den großen Wahlkampfaufregern. Dennoch konnte die SPÖ nicht punkten. Wie kam es dazu? Ihre Erklärung gibt es im Video, wo sie auch beschreibt, welche Rolle die Impfpflicht bei der Wahlentscheidung gespielt hat. (Video: Anna Caroline Kainz, 1.2.2023)